#106 Globalisierung: Krisen, Lieferketten und Müsliriegel

May 12, 2024 00:57:02
#106 Globalisierung: Krisen, Lieferketten und Müsliriegel
MONTALK - Der Podcast zum Mitreden
#106 Globalisierung: Krisen, Lieferketten und Müsliriegel

May 12 2024 | 00:57:02

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Show Notes

Die Europäische Union ist nach den USA und China der drittgrößte Player in der globalen Wirtschaft. Warum die EU dennoch von komplexen Lieferketten abhängig ist und wie sie ihre Versorgungssicherheit in Zeiten schwerer Krisen aufrechterhalten kann, erklärt Dr. Eva Lichtenberger, ehemals Mitglied des europäischen Parlaments.

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Episode Transcript

[00:00:01] Speaker A: Montalk, der Podcast zum Mitreden. Herzlich willkommen beim Montalk, dem Podcast der Arbeiterkammer Niederösterreich. Dies ist Folge 106 und trägt den Titel Globalisierung Doppelpunkt Krisen, Lieferketten und Müsli-Riegel. Die Europäische Union ist nach den USA und China der drittgrößte Player in der globalen Wirtschaft. Warum die EU dennoch von komplexen Lieferketten abhängig ist und wie sie ihre Versorgungssicherheit in Zeiten schwerer Krisen Aufrechte erhalten kann, und in so einer Zeit befinden wir uns. Erklärt uns Dr. Eva Lichtenberger, ehemals Mitglied des Europäischen Parlaments und die treuen Hörerinnen des Montalks. Kennen Sie bereits von unserer Sonderedition des Montalks, die da heißt Wissensforum Hirschwang Arbeit neu denken. Unbedingt nachhören. Wenn Sie es noch nicht gehört haben, ist ein wenig lang geworden, das muss ich schon zugeben. Aber es sind derer, glaube ich, sieben oder sogar acht Podcasts mit unterschiedlichen Wissenschaftlerinnen und überaus, überaus informativ und spannend. Zunächst einmal, dass wir wissen, wovon wir sprechen. Liebe Leute, hier ist zu unserem Thema Globalisierung, Krisenlieferketten und Müsli-Riegel. Wir werden das schon erklären im Zuge des Podcasts. Unsere Faktenbox wie immer mit Bettina Schapschneider. [00:01:55] Speaker B: Zwei Drittel des internationalen Handels funktionieren mit globalen Lieferketten. Der europäische Binnenmarkt ist der größte barrierefreie Wirtschaftsraum der Welt mit mehr als 450 Millionen Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von rund 14,5 Billionen Euro im Jahr 2021. Die EU ist der zweitgrößte Warenexporteur der Welt nach China und der drittgrößte Importeur nach den USA und China. Darüber hinaus ist die EU die Nummer 1 im Handel mit Dienstleistungen. Die EU-Staaten sind wesentlich stärker von globalen Lieferketten abhängig als die USA oder China. Mehr als 36 Millionen Arbeitsplätze in der Europäischen Union sind von Exporten in Drittländer abhängig. Die Ausfuhren der EU machen 15 % der weltweiten Exporte aus. In Österreich werden insgesamt 17 % der Jobs durch Ausfuhren der EU gesichert. Quellen? Dr. Eva Lichtenberger am Wissensforum Hirschwang und Europäisches Parlament. [00:02:52] Speaker A: Nun zu unserem Gast. Seien Sie begrüßt, Eva Lichtenberger. Einmal mehr. [00:02:58] Speaker C: Einen schönen Nachmittag. Danke. [00:03:01] Speaker A: Schön, dass Sie sich, das muss ich auch mal sagen, wieder mal die Zeit genommen haben. Ich kann mir vorstellen, dass man sehr, sehr viel von Ihnen will. Und jetzt haben wir im Vorgespräch, und das lasse ich mir jetzt nicht nehmen, auch Ihren letzten Streich erwähnt. Sie haben nämlich festgestellt, und das ist auch etwas, unter dem ich immer wieder leide, dass die EU als Institution keine Emotion hat, an die wir uns halten können. Wir alle wissen, wie wichtig die emotionale Kommunikation und das emotionale Begreifen ist heutzutage, spätestens seit Daniel Kahnemann schnelles Denken, langsames Denken, wissen wir, wie unglaublich wichtig es ist. Sagen Sie uns ganz kurz als Ex-Pädagogin, was Sie da treiben. [00:04:03] Speaker C: Ja, ich habe das auch von Kolleginnen und Kollegen von früher zurückgespielt bekommen, die gesagt haben, ich würde ja gerne über Europa unterrichten, das in die Schule bringen. Allerdings ist das ganz schwierig. Ich selber kriege kein Gefühl dafür. Und es ist auch schwierig, das Gefühl dann weiterzugeben. Deswegen habe ich eine Fortbildung für Lehrer und Lehrerinnen von weiterführenden Schulen und von Mittelschulen. entworfen, das auch Theorie bietet, aber in einem zweiten Schritt ein Simulationsspiel, also die werden dann dazu angehalten, eine Sitzung eines europäischen Ausschusses zu einem bestimmten Thema nachzuspielen. Und in einigen Fällen auch eine Fahrt nach Brüssel. Und ich mache das mit Lehrerinnen und Lehrern aus den Regionen Tirol, Südtirol und Trentino. Also auch schon wieder ein bisschen Kleineuropa. [00:05:06] Speaker A: Ja, super. [00:05:07] Speaker C: So etwas würde sich natürlich auch in anderen Bundesländern mit den jeweiligen Mitgliedsländern anbieten. Denn das bringt schon einmal ein ganz anderes Gefühl mit sich. Und das geht es ja letzten Endes. [00:05:20] Speaker A: Richtig. Also alle Pädagoginnen, die uns jetzt zuhören, vor allem jene in Leadership-Funktionen, melden Sie sich bei uns entweder über die Facebook-Seite oder direkt über die Arbeiterkammer Niederösterreich. Wir haben alle Informationen via Frau Dr. Lichtenberger für Sie bereit und vielleicht können wir das auch hier bei uns in Niederösterreich installieren. In medias res. Wer oder was, Frau Lichtenberger, könnte denn dafür sorgen, dass die Menschen in Österreich, in ganz Europa, sich der europäischen Idee proaktiv anschließen und quasi selbst, so dass möglich ist, für eine intakte Infrastruktur sorgen, damit wir unabhängig bleiben. Denn dieses Gefühl ist da. Natürlich, weil es ein negatives ist. Sehr stark, dass wir Angst haben. Und sowohl jetzt in der Pandemie als auch jetzt mit diesen Lieferketten-Problemen haben wir auch allen Grund dazu. Sollen wir uns fürchten? [00:06:33] Speaker C: Ich glaube, man sollte die Furcht verwandeln in Aktivität. Und zwar in eine Aktivität, die ganz gezielt die Lehren aus der Pandemie, aber auch aus dem Ukraine-Krieg aufgreifen und schauen, okay, was macht uns hier Angst? Also in Bezug auf den Ukraine-Krieg ist es natürlich in erster Linie kriegerische Ereignisse. Die Ukraine ist das Land, durch das die Gasleitung führt, die Österreich weitgehend versorgt. Und wir müssen natürlich fürchten, dass diese Gasleitung im Laufe dieses Krieges einmal nicht mehr funktioniert. Also was ist zu tun? Natürlich gibt es Möglichkeiten. Umstieg auf andere Energieformen, auf andere Energielieferanten, soweit möglich. Für die Industrie und so weiter wird Gas nach wie vor länger noch das Zentrale bleiben. Suchen anderer Lieferanten. Das sind schon einmal weitgehende Dinge. Dann können wir sozusagen die Lehren aus der Vergangenheit aufgreifen und was Gescheites daraus machen. Das Gleiche gilt auch für die Pandemie. Wir haben gesehen, dass wir in einem bestimmten Moment keine Masken mehr hatten, weil ein einziges Detail, ein Grundstoff in den Masken dazu geführt hat, dass wir sie nicht mehr gleich produzieren konnten, also so schnell die Produktion aufbauen. Jetzt sind Masken etwas ziemlich Triviales. Dieser Stickel Papier, Karton, was weiß ich, plus ein Gummiband. Das ist jetzt nicht gerade der Wahnsinn. Aber auch zum Beispiel bei den Trägerflüssigkeiten in den Tests gab es einen Monopolisten. Woher kommt das? Unsere Wirtschaft hat sich immer stärker spezialisiert. Auch viele unserer Exporteure profitieren davon, dass sie die Einzigen oder einer von ganz wenigen sind weltweit, die ein bestimmtes Teil produzieren. Man denke nur an die Chips für bestimmte elektronische Geräte, die fast nur in Taiwan gemacht werden. Durch diese Spezialisierung entstehen aber praktisch Monopole. Diese Monopole oder Oligopole, die zu zweit, zu dritt oder sogar allein die einzigen Lieferanten weltweit sind, ist bei einer Krise, die diesen Betrieb involviert, sofort die Dunkelheit ausgebrochen. Das heißt also, wir müssen bei allen Dingen, bei vielen Dingen schauen, dass wir mindestens alternative Lieferanten haben, erstens. Und zweitens, dass wir für kritische Produktionen, für kritische Medizin zum Beispiel, dafür die Produktion in Europa halten. Und das hat auch Europa aufgenommen. Es gibt in Europa so ein Konzept, das heißt strategische Autonomie. Das heißt, ich schaue, dass ich bei den Lieferketten möglichst unabhängig bin. oder mehrere Lieferanten für den gleichen Produktionsschritt haben. Das ist ein ganz wichtiges Element. [00:09:57] Speaker A: Ich bin ja so ein Freak für Trial and Error. Ich glaube ja, dass wir Menschen überhaupt so weit gekommen sind, weil wir ständig versucht haben, ständig gescheitert sind, bis plötzlich mal ein Funke von diesen zwei verdammten Steinen ausgegangen ist, ins trockene Gras gefallen ist und das Feuer ward erfunden. So war es immer. Und jetzt plötzlich tun wir alle so, als bräuchten wir das nicht mehr. Die Erwartungshaltung zum Beispiel an die Europäische Union ist ja eine solche, Und dann möchte ich noch mal ganz klar für alle, die uns jetzt zuhören, unterbringen, diese Europäische Union, diese brillante Idee, die ja auch gewachsen ist aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und noch viel früher. [00:10:52] Speaker C: Und aus negativen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs. Das muss man, glaube ich, immer ganz deutlich machen. [00:10:58] Speaker A: Erklären Sie das kurz. [00:11:00] Speaker C: Ja, die Europäische Union ist entstanden aus dem Drama des Zweiten Weltkriegs, wo so viel Zerstörung, so viel Leid, so viele menschliche Tragödien entstanden sind, dass man gesagt hat, wir müssen Methoden finden, dass Europa besser zusammenarbeitet, dass die alten Erbfeindschaften über Jahrhunderte zu Ende kommen. Und das tut man am besten, hat man gesagt, dass man den Konflikt sublimiert in die Wettbewerbswirtschaft. Also sozusagen, anstatt sich einander mit Schwertern zu bekämpfen, machen wir die wirtschaftliche Konkurrenz zu unserem Prinzip, die aber friedlich abläuft und zu immer stärkeren Verschränkungen zwischen den verschiedenen Ländern führen, sodass es für kein Land mehr Sinn macht, den anderen anzugreifen, weil er sich damit selber beschädigt. [00:12:01] Speaker A: Ja, ein wenig naiv waren wir schon, Dass wir geglaubt haben, wenn wir das allein nur installieren, läuft das super und dann brauchen wir uns auch nicht darum zu kümmern, ob wir es vielleicht noch woanders installieren sollten, um ein bisschen eine Auswahl zu haben. Das haben wir jetzt in Europa gelernt. Also bestrafen wir auch dieses Kind, was heißt, diesen geschichtlich betrachten Fötus einer Idee, lebt und wird ein wunderbarer erwachsener Mensch irgendwann. Nicht so, dass wir schon universitäre Abschlüsse erwarten. Wir lernen alle das ganze Leben lang. Und deshalb ist ja auch diese EU so wichtig. [00:12:53] Speaker C: Wissen Sie, was ich gelernt habe als Abgeordnete im Europäischen Parlament? Das war für mich eines der beeindruckendsten Dinge. Wir kritisieren sehr viel, manches zu Recht, manches sind sozusagen Fehlwahrnehmungen. Wir hatten Besuch von Delegationen von Afrikanern und von Südamerikanern, die gekommen sind und gesagt haben, Ihr in Europa seid das einzige Modell, wo man friedlich zueinander gefunden hat und nicht durch Eroberung das Reich vergrößert hat. Bitte sagt uns, wie das geht. [00:13:30] Speaker A: Ja, super. [00:13:32] Speaker C: Das hat mich sehr beeindruckt, weil man das, vor lauter im Detail verfangen zu sein, oft gar nicht mehr wahrnimmt, was es eigentlich für eine Grundidee war und wie Einmalig, das in der Geschichte der Menschheit ist. [00:13:49] Speaker A: Und hoch die Afrikanerinnen, die jetzt bereits daran denken und nicht erst die komplette Zerstörung des Kontinents möglicherweise in Kauf nehmen, um dann anzufangen zu lernen, wie wir es leider zweimal gemacht haben im letzten Jahrhundert. Frau Dr. Lichtenberger, Handelsketten sind ja da, um die Menschen Um die Arbeit von Menschen mit Wohlstand zu belohnen. Das ist das Prinzip. Und die Philosophie ist ja relativ einfach. Allein das System ist es nicht. Was müssen wir denn tun, um die Kreislaufwirtschaft zur Belohnung zu machen? Ich bleibe bei meinem Lieblingsthema der Emotionen. [00:14:39] Speaker C: Ja, also ich glaube, dass hier teilweise die Belohnung schon in sich selbst liegt. Zu sehen, dass man einen Rohstoff entnimmt, daraus etwas macht, das eine Zeit lang gebraucht, so lange wie möglich, wie es auch in der Kreislaufwirtschaft sozusagen drinnen ist, und dass man dann aber die Geschichte des Produktes nicht enden lässt. sondern schon beim Einkauf überlegt, was wird aus dem, wenn ich es nicht mehr brauche. Das gibt einem, so glaube ich, ein gutes Gefühl. Sonst würden ja nicht alle Menschen ihre alte Kleidung zum Beispiel zum Recyceln bringen oder zur Wiederverwendung bringen. Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern gibt auch ein anderes Verhältnis zum Produkt. Es ist mehr Wertschätzung drin. [00:15:37] Speaker A: Ja, ja. [00:15:37] Speaker C: Ich freue mich mehr dran. [00:15:39] Speaker A: Und jetzt haben Sie da so ein Wort, nämlich sinnvoll gesagt, was wir alle gerne so schnell und oft bedienen und sind uns gar nicht mehr über diese Power im Klaren, die der Sinn vergibt. Vor allem der Sinn des Lebens. Und wenn wir da mal, jetzt bin ich vielleicht mondän oder vielleicht sogar zynisch, wenn wir mal an die viel zu vielen Suizide denken, Immer wenn so etwas beschrieben wird, und nahezu in allen Abschiedsbriefen, heißt es immer, selten, das Leben ist so schlecht zu mir, ich habe meine Ziele nicht erreicht, sondern das Leben macht keinen Sinn mehr. [00:16:21] Speaker C: Und was ich einklage ... Ich glaube, was so im Laufe der Jahre, Jahrzehnte geschehen ist mit unserer wirtschaftsform ist dass die befriedigung im leben. Nicht mehr in der sinnsuche erfolgt ist sondern das überlagert wurde von der schnellen befriedigung durch güter. [00:16:47] Speaker A: Ja, als quasi Surrogat. [00:16:49] Speaker C: Die Werbebotschaft ist fast überall, nimm mein Ding und du bist glücklich oder satt oder zufrieden oder whatsoever. Und das hat ein bisschen dazu geführt, dass sozusagen, was früher oft als philosophische Sinnfrage oder sonst irgendwas, aber in der Emotion extrem wichtig, behandelt worden ist, dass das in den Hintergrund getreten ist. Und ich glaube, gerade die Geschichte der Lieferketten zeigt uns ganz ganz deutlich auf, dass wir hier auf irgendwas vergessen haben, nämlich auf den Wert dessen, was wir produzieren, Wenn wir es eh nach drei Tagen schon wieder wegwerfen, wie das bei Fast Fashion einfach leider die Regel ist, und nicht mehr zum Beispiel daran denken, etwas reparieren zu lassen oder Dinge zu kaufen, die reparierbar sind. Das ist ja auch eines der letzten Errungenschaften jetzt in diesen Jahren, dass das Recht auf Reparierbarkeit jetzt europaweit verankert ist. Das kommt jetzt in die Umsetzung, dass ich auch nicht mehr 15 verschiedene Kabel habe und so weiter und so fort. [00:18:00] Speaker A: Und im Zuge auch dessen, dass wir jenen auf die Finger hauen, die diese sogenannte geplante Obsoleszenz, also den Mechanismus in einem Produkt, der getimt ist nach so und so vielen Monaten oder sowas, einfach kaputt zu gehen. sodass die Kundin gezwungen wird, eine neue Waschmaschine, ein neues Handy etc. zu kaufen. Das geht jetzt nicht mehr. Zwischenfrage. [00:18:29] Speaker C: Das wird schrittweise aus unserer Wirtschaft verschwinden. Ich hoffe, bald. Ich habe schon satt, dass ich jetzt den fünften Drucker habe, den ich nicht reparieren lassen kann. [00:18:39] Speaker A: Genau, richtig. Willkommen im Club. Wirklich. Was sind denn ... die eigenen infrastrukturellen Bremsen, sagen wir mal, Hemmschwellen in Österreich, dass wir da, ich will nicht sagen nicht, aber so schwer weiterkommen. Hängt das auch damit zusammen, dass wir, furchtbare Situation, so wenig Gründerinnen im Land haben? [00:19:12] Speaker C: Ich glaube, an den Gründerinnen würde es nicht mangeln. Ich glaube, es ist mehr die Frage, dass unser Wirtschaftssystem insgesamt aufgebaut ist auf dem billigsten Preis. Schauen Sie sich einmal einen der Werbeblöcke im österreichischen TV an. Sie sehen in erster Linie die Botschaft, billig, billig, billig, billig. Um billig, billig, billig zu sein, nützt kein Gründer. nützt eine Analyse dessen, was ich mache. Warum sind denn Dinge, die in China produziert werden, so billig? Weil es dort eben keine Rechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt. Keine Gewerkschaft, keine Arbeiterkammer. Es gibt sogar Arbeitslager, die unter Zwang gemacht worden sind. Klar können die billig produzieren. Oder aber bei der Extraktion von Rohstoffen, Kein Rücksicht auf die Umwelt. Es bleiben oft Wüsten zurück, wo vorher fruchtbares Land war. Das heißt, solange wir dieses Prinzip des billigsten Preises als besonders wichtig immer wieder bewerben, Solange wird auch ein Qualitätsprodukt, das unter anständigen Arbeitsbedingungen mit einem vernünftigen Lohn und mit Umweltschutz in der Produktion gemacht worden ist, nicht mithalten können. Das ist leider eine der Dinge, die uns europaweit extrem beschäftigen. [00:20:45] Speaker A: Und jetzt bin ich wieder beim Sinn. Also so zu produzieren, macht Sinn. So zu kaufen, so zu konsumieren, macht Sinn. Und wir unterstützen damit nicht nur unsere lokale, heimische Wirtschaft. Wir unterstützen damit auch unsere Gründerinnen. die alle Ideen haben. [00:21:11] Speaker C: Genau, die mithalten können in dieser internationalen Konkurrenz. Weil, das ist ja auch eines der Ziele dieses Lieferkettengesetzes, dass es eine bessere Gerechtigkeit am Markt einfach vornimmt. Dass nicht Produktionen dafür bestraft werden, dass sie die Rechte von Arbeitnehmerinnen berücksichtigen, gescheite Löhne zahlen und Umweltschutz betreiben. Derzeit ist das so und deswegen müssen eben jene, die in diesen Lieferketten drin sind, Verantwortung dafür übernehmen. wie produziert wird. Und da kommt dann auch wieder die Wertschätzung herein. Denken Sie vor allem an das Beispiel der Fast Fashion. Das hat sich in den letzten Jahren wirklich so extrem verschärft, wie es früher gar nicht vorstellbar war. Früher gab es eine Sommerkollektion und eine Winterkollektion. Damit waren alle glücklich. Die konnte teuer sein, die konnte mittelpreisig sein, die konnte auch etwas billiger sein. Heute gibt es alle zwei, drei Wochen eine neue Modewelle mit neuen Farben und mit Textilien, die – und da kommen wir jetzt zu einem wichtigen Punkt – nicht mehr rezyklierbar sind. Warum? Weil sie Verbundstoffe aus zum Beispiel Baumwolle und Polyester sind. Die kann man nicht recyceln. Die kann man nicht weiterverwenden. Die kann man nur in ein paar hundert Jahren verrotten lassen. Und das ist ein Drama. [00:22:44] Speaker A: Sind die erkennbar beim Kauf? [00:22:47] Speaker C: Das ist genau das Problem, vor dem wir stehen. Ja, das ist erkennbar. Wenn ein hoher Kunststoffanteil dabei ist, dann haben wir ein großes Problem, dass das Ding nicht mehr rezyklierfähig ist. [00:22:59] Speaker A: Den Kunststoffanteil erkennen wir natürlich an dem Anteil der natürlichen Stoffe, wie zum Beispiel Baumwolle. [00:23:07] Speaker C: Wenn da sehr wenig ist … Wenn zum Beispiel ein Produkt extrem billig ist, weiß ich, ein T-Shirt um drei Euro, das kann nicht gut produziert worden sein. weil sich das einfach nicht ausgeht. Das zeigt einem schon die Logik selbst. Deswegen wäre ich ja auch dafür, dass die Menschen zumindest einmal ausprobieren, wie es ist, ein T-Shirt zu nähen, um zu wissen, was da dran ist. Und dann auch mehr zu schätzen, was sie kaufen. Und vielleicht auch ein bisschen besser schauen, wie sie auswählen, was sie kaufen. [00:23:45] Speaker A: Ihren Aktionismus in Ehren, Frau Doktor, ist eine Harsche. [00:23:49] Speaker C: Also ich kann Sie leider nicht überzeugen, jetzt zu nähen zu beginnen. [00:23:53] Speaker A: Wahrscheinlich nicht, nein. So sehr es mich zur Maschine drängt, aber das tue ich mir und den zukünftigen Trägerinnen dieses Artefakts nicht an. Aber ich weiß natürlich ganz genau, was Sie meinen. Und das ist auch richtig. Ich habe einen Vorschlag. Vielleicht fangen wir an, einmal nach dem Gefühl zu suchen, das wir dann sozusagen für den Sinn, für die Sinnhaftigkeit unseres Lebens einsetzen. Und das ist ja ein Gefühl, das sich aus vielen, vielen, vielen einzelnen kleinen Gefühlchen im täglichen zusammensetzt. Nicht? So, dass wenn ich jetzt aus dem Geschäft rauskommen. Oder sagen wir mal, beim Fetzentandler stehe ich an der Kasse, und ich finde auch, Geschäfte, die diese Produkte anbieten, sollten wieder Fetzentandler genannt werden. [00:24:54] Speaker C: Vielleicht wäre das wirklich ein sinnvoller Schritt. [00:24:56] Speaker A: Ja, dass man gleich weiß, wo man ist und was man nicht zu erwarten hat. Und wenn man dann ... rausgeht aus dem Geschäft, nicht zugeschlagen hat oder aber in einem Geschäft etwas gefunden hat, was zwar teurer, vielleicht sogar sehr viel teurer ist, aber klug und richtig und sinnvoll, dass wir dann ein Gefühl entwickeln. Wie nennen wir dann das Lächeln, dass es uns aufs Gesicht und auf unser Gewissen zaubert? [00:25:26] Speaker C: Ich glaube, es ist auch so etwas wie das gute Gefühl beim Give and Take, also das Nehmen und Geben. Ja, vor allem beim Geben. Das ist natürlich auch letzten Endes ein Bild, das man hat. Ich sehe die Näherin in Indien dabei, die in einem unbeheizten, schlecht belüfteten Raum das Ding näht. Oder ich sehe jemanden, der das entworfen hat und der das umsetzt und der sich freut daran, was er gemacht hat. Und ich freue mich mit. [00:25:58] Speaker A: Ja, zweiten Teil akzeptiere ich. Der erste ist Angst dealen. Da gibt es schon genug davon. Ja, die uns Angst machen und grausame, schreiende Kinder mit blutenden Fingerkuppen. [00:26:09] Speaker C: Ich sage, der Gegensatz dazu ist einfach zu sagen, okay, ich wähle bewusst etwas und reiße es nicht aus einem Wildtisch. Und hab's dann einige Jahre, kombiniere es mit verschiedenen Sachen, schau, das passt dazu und dazu auch. Also das macht dann schon ganz ein anderes Gefühl. [00:26:30] Speaker A: Ich höre jetzt doch einige Leute, die uns zuhören, sagen, einwerfen, widersprechen. Ja, was soll denn die alleinerziehende Mutter, die Ehe schon und so weiter und so fort. Das ist verständlich, das ist auch zu respektieren, aber da kommt vor allem die Kreislaufwirtschaft, nämlich die heimische, ja wieder ins Spiel. Ich weiß nicht, wie viele Second-Hand-Läden es gibt für Kinderkleidung und so weiter, aber je öfter wir hingehen, je mehr Kohle wir dort lassen, desto mehr greift die Idee dieser Läden. [00:27:10] Speaker C: Ich mache ja auch selbst die Erfahrung, dass sehr, sehr viele von den jungen Leuten, die es sich auch leisten könnten, woanders zu kaufen, dorthin gehen. Das ist so ein bisschen das Vintage-Gefühl. [00:27:21] Speaker A: Und sehen Sie, das ist zum Beispiel so ein Begriff. Da hat man einfach einen Begriff, der sagt ja, der ist ein amerikanischer Begriff für altes Zeugs. [00:27:34] Speaker C: Ja, das ist es auch. [00:27:36] Speaker A: Und ist es auch. Aber das klingt so geil, nicht? Oh, Vintage. Und da wurde dann medial draus gemacht, ja, und jetzt Vintage. Und man trägt jetzt Vintage. Bei der Met-Gala wurde auch wieder Vintage getragen von diesem modernen Designer. So was brauchen wir für alle. [00:27:55] Speaker C: Und sehen Sie, hier kommen auch Vorbilder dazu. Früher war es ein Skandal, wenn eine Dame am Abend beim Ball ein Ballkleid das zweite Mal trug. Jetzt wird es eigentlich schon fast positiv konnotiert. Also da tut sich was. [00:28:09] Speaker A: Ja, richtig. Also wir sind auf dem richtigen Weg. China. ist so ein Riesenthema. Wir haben ja eigentlich bei der grundsätzlichen Idee gar nicht an China gedacht, denn zu dem Zeitpunkt, als wir Europa erfunden haben, war China also quasi die verkörperte Exotik. Mittlerweile ist es jenes Land, das uns alle inklusive Amerika überholt hat und jetzt so einen Expansionskurs fahren, den sie netterweise verniedlichend die neue Seidenstraße nennen. In Wirklichkeit ist es eine Wiederholung dessen, was wir angefangen haben. Nämlich andere Länder zu übernehmen und ihnen unseren Glauben aufzuzwingen. In diesem Fall den Konsumglauben, ob da jetzt die CCCP hinter steckt und sagt, wir sind doch alle eigentlich dann doch Marxisten. Diesen Drahtseilakt schaue ich mir noch eine Zeit lang an. Wie sieht es da aus, Kina? [00:29:28] Speaker C: Ich glaube, man muss bei China berücksichtigen, das war bis in die 70er Jahre sehr wirtschaftlich isoliert. Genau. Das war Mao Zedong. Das war sozusagen die große Revolution, die dort stattgefunden hat. Mit auch der Folge von Millionen Hungertoten. [00:29:48] Speaker A: Und zwar bewusst. [00:29:49] Speaker C: Weil ja Mao Zedong schon bewusst in Kauf genommen, weil Mao Zedong eben die Industrialisierung so schnell wie möglich vorantreiben wollte. Nach seinem Tod gab es dann die Öffnung in Richtung muss man fast sagen Kapitalismus beziehungsweise in einer Marktwirtschaft und Wohlstand für mehr Menschen. Und eins muss man neidlos auch zugestehen. China hat in den letzten 40, 50 Jahren mehr Menschen aus der Armut geholt als sonst ein anderes Land auf der Welt. Das ist richtig. Aber zu welchem Preis? Das ist eine gesteuerte Wirtschaft, wo das wesentliche Kriterium natürlich sozusagen der Nutzen für China ist und nicht der Nutzen für einen Betrieb oder für einen Unternehmen. Also das ist gesteuert. Das heißt, die chinesische Wirtschaft ist eine Planwirtschaft. Die planen im Voraus, was sie in den nächsten fünf Jahren machen. Und die anderen haben sich auf Teufel komm dran zu halten. Und wenn sie das nicht tun und wenn sie revoltieren, dann gibt es dieses Social-Credit-System in China, das ist eine Totalüberwachung mit einem Punktesystem, die Menschen dafür belohnt, wenn sie sagen, Xi Jinping ist der beste Herrscher jemals auf der Welt, aber bestrafen, wenn man zum Beispiel seine Eltern nicht besucht. [00:31:26] Speaker A: Und die Strafen sind insofern drastisch, wir können uns das gar nicht vorstellen, aber da drückt irgendjemand in Peking auf einen Knopf und du darfst nicht mehr fliegen. [00:31:37] Speaker C: Nicht nur nicht mehr fliegen, sondern auch keinen Zug mehr nehmen in unseren Umständen oder dich nicht mehr von deinem Wohnort entfernen. Das wollen wir nicht. Das ist natürlich eine Wirtschaft, die extrem problematisch ist auf lange Dauer gesehen. Weil das wahrscheinlich auf Dauer sich von den Leuten, dass sich das die Leute nicht mehr bieten lassen werden. Es gibt ja immer wieder Revolten in China, von denen wir gar nichts erfahren, wenn wir nicht mit irgendwelchen Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechten dort in Kontakt sind, die schwerstens bestraft werden. Und das landet aber dann auch wieder bei uns. Man darf eins nicht vergessen. Zum Beispiel die Maskottchen 2008 für die Olympischen Spiele in China wurden in Zwangsarbeitslagern erzeugt. [00:32:31] Speaker A: Bei den Uiguren, ne? [00:32:34] Speaker C: Uiguren und Tibeter, ja. Also das sind diese Geschichten, die natürlich das chinesische Modell sehr problematisch machen. China hat ja auch die Kosten zu bezahlen. Sie haben eine enorme Ineffizienz bei den Ressourcen, weil das ja kein Wert ist. Sie haben eine sehr, sehr hohe Umweltverschmutzung, Verschmutzung der Flüsse auch. Das ist wirklich dramatisch in China. Sie haben mittlerweile eine Immobilienkrise. Genau wie bei uns können sich die Leute die Wohnungen nicht mehr leisten. Die Staatsverschuldung hat extrem zugenommen und auch die Proteste nehmen zu. Das heißt, sich auf China und chinesische Handelspartner in dieser Situation zu verlassen, ist zum Teil auch mit einem Risiko behaftet. Das muss man wissen. [00:33:29] Speaker A: Ja, deshalb sollten wir doch jetzt eigentlich hier, wo wir, ich hätte jetzt fast zynisch gesagt, bis auf weiteres, keine Konzentrationslager haben, keine Festung sind in Österreich und nicht diesen unglaublichen Zynismus aufbringen. wie das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei in China, glücklich sein und happy und grinsend durchs Leben gehen. Allein dadurch wird etwas nicht verhindert, sondern wir müssen proaktiv dafür sorgen, dass es bei uns so bleibt. Wie geht das? [00:34:16] Speaker C: Ja, ich glaube, dass also das Konzept, was die Europäische Union gemacht hat, jetzt mit der strategischen Autonomie und dem Teil Reindustrialisierung sehr zentral ist. Und das ist auch sozusagen eine Lehre aus der Vergangenheit, die wir dringend, dringend einfach auch umsetzen sollten. Das heißt also, für kritische Produktionen sollten wir so viel wie möglich auch wieder Produktionsschritte zurückholen nach Europa. Europa ist als Einheit groß genug, dass man das auch ein bisschen verteilen kann. Ich bringe mal am liebsten Beispiele. In Kundl in Tirol war eine der letzten Orte, wo Penicillin erzeugt wird. Eine Firma, auch keine europäische Firma, aber immerhin mit dem Standort hier. [00:35:12] Speaker A: Bis wann? [00:35:16] Speaker C: Das war sozusagen knapp vor der Pandemie, vor dem Zusperren. [00:35:21] Speaker A: Das auch noch. [00:35:23] Speaker C: Als die Pandemie kam und man sah, dass bestimmte Medizinprodukte knapp geworden sind, hat man gesagt, na, jetzt lassen wir es da. Bravo. Und mit Förderungen hat man das auch ermöglicht, dass diese Firma sich jetzt erweitert und noch weiter in die Forschung Antibiotika und so weiter geht. Das ist ein kleines Beispiel, ein regionales, aber solche gibt es natürlich mehrere und viele und das ist auch unsere Möglichkeit. Damit werden wir aber nicht extrem viele Arbeitsplätze zurückholen, weil das meistens dann in Europa durch die Automatisierung sozusagen weniger Arbeitskräfte braucht. Das ist die eine Seite. [00:36:08] Speaker A: Liegt es Ihrer Meinung nach, dass die Menschen so uniformiert denken und handeln und antworten und argumentieren, wenn es um diese Themen, EU, Lieferketten und so weiter, geht. Worauf führen Sie den Informationsnotstand zurück? Wir haben ja damals beim Wissenschaftsforum darüber lang und breit gesprochen. Ist Information eine Bring- oder eine Holschuld? [00:36:40] Speaker C: Ja. Ich glaube, ein Teil davon ist sozusagen die Überfülle, in der wir leben. Also die Werbung signalisiert uns, mehr und mehr und mehr ist besser. Also ich bin umso glücklicher, je mehr ich kaufe. Und das hat sich in den Menschen so verankert, dass sie offensichtlich sich nicht mehr damit beschäftigen, wie das produziert wird. Früher war das ja klar. Wenn man einen Schuh brauchte oder Schuhe brauchte, ging man zum Schuster und wusste, wie der die macht. [00:37:18] Speaker A: Und sah ihm dabei zu. [00:37:20] Speaker C: Genau. Und heute weiß man das nicht mehr. Man hat auch keine eigentliche Qualitätskontrolle und es gibt natürlich so eine Fülle an Informationen, dass es für Menschen extrem schwer ist, da durchzufinden. Das Greenwashing zum Beispiel. Also die Firma XY tritt auf und sagt, wir produzieren jetzt nach allen Regeln der Kunst und so weiter und so fort. Also weiß ich, ein großer Möbelproduzent in Europa mit einem kurzen Namen, sagt, sie nehmen nur mehr zertifiziertes Holz und so weiter und so fort. Und dann decken aber NGOs auf, dass das gar nicht stimmt, dass also illegale Schlägerungen stattfinden und so weiter. Ich glaube, was man den Leuten sagen kann, ist, informiert euch neben der Werbung auch Zum Beispiel über NGOs ist ja alles im Netz zu finden, wie die Erklärungen dieser Firma in ihrer Glaubwürdigkeit sind. Und was ich immer dazu sage, ist, es ist euer Geld, das ihr dafür ausgebt, und ihr sollt auch Qualität dafür kriegen. [00:38:38] Speaker A: Ja, mein nächstes Thema ist, es gibt das Gerücht, sag ich jetzt mal provokant, dass die Liefernetzwerke auch ein gewisses Erpressungspotenzial in sich tragen gegenüber den Sitzstaaten und den Abnehmern. Stimmt das oder ist das wieder so eine Urban Legend? [00:39:06] Speaker C: Nein, natürlich haben sie das. Das ist ja auch sozusagen eine Frage des kurzen, nicht angestrengten Nachdenkens. Wenn es nur mehr einen oder zwei oder drei Lieferanten auf der Welt für ein bestimmtes Zwischenprodukt gibt oder für einen bestimmten Rohstoff gibt, dann kann, sobald dieser Sitzstaat das verstanden hat, natürlich die Preise so festsetzen, wie er oder sie will. und kann sozusagen auch durch Lieferstops erpressen. Zum Beispiel als während der Pandemie eine Knappheit an Masken und Schutzkleidung war, die in erster Linie aus chinesischen Halbfertigprodukten gemacht wurden, hat China einfach die Grenzen gesperrt und gesagt, jetzt brauchen wir das Zeug selber. schaut, dass ihr woanders was kriegt. Wissend, dass es nichts mehr anderes gibt, weil durch die Billigpreise das aus dem Markt gedrängt wurde. Wir müssen wieder mehr Bewusstsein dafür entwickeln, uns klarer darüber sein, Wertschätzung gegenüber den Produkten zu erbringen und da genauer hinzuschauen. Dieses Erpressungspotenzial kann in Zukunft gefährlich werden. Das kann ja auch genützt werden, zum Beispiel von den Piraten und von den Rebellen jetzt im Roten Meer, die einfach Schiffe angreifen und damit Lieferverzögerungen auslösen. Es war doch bei uns in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr üblich, dass man auf einen Kühlschrank warten musste. Das war ja auch ein Problem, was auch dazu kommt, was als Lösungsansatz wichtig ist. Wir müssen wieder ein bisschen zurück zur Lagerhaltung. [00:40:56] Speaker A: Und ich sage wieder als Kämpfer der Emotionen, dass die Wartezeit, wenn wir wirklich ehrlich sind, Etwas Schönes ist. Oder wahr? [00:41:07] Speaker C: Natürlich. Vorfreude ist die schönste Freude. Es ist nicht nur ein Spruch, sondern hat auch was für sich. [00:41:12] Speaker A: Also nehmen wir uns das wieder zurück, weil es Sinn macht und weil es unser ohnedies schon positives Gefühl nochmal potenziert, etwas Richtiges und Sinnvolles. gemacht zu haben. So, und jetzt will ich aber an diese Müsli-Riegel-Schokobanane-Geschichte ran, weil wir so schöne Geschichten von Ihnen immer haben. Was hat es mit dem Riegel auf sich? [00:41:41] Speaker C: Naja, also ich hab mir mal angeschaut, und zwar auch anlässlich einer Kochsendung, wo ein Koch einen Müsli-Riegel hergestellt hat aus ein paar ganz einfachen Zutaten. Da haben wir gedacht, aha, interessant. Schauen wir uns doch einmal eine Lieferkette eines üblichen Müsli-Riegels, der im Handel da ist, sozusagen an. Was finden wir da? Diese Müsli-Regel besteht aus nicht nur Cornflakes, Kakaobutter, Bananenkonzentrat, Öl gehört hinein und Früchte und so weiter sind auch mit dabei, Maismehl und so weiter. Und jetzt schauen wir uns an, woher das Zeug kommt. Wir werden sehen, dass zum Beispiel Maismehl Nicht nur aus Österreich kommt, das haben wir, sondern auch aus Polen. Interessant. Wir wissen, dass wir Kakaobutter nicht haben. Da müssen wir natürlich auf ausländische Lieferanten zugreifen. Aber wir haben auch Emulsionen und alle möglichen Geschmacksverstärker mit drinnen, die weit weg im Ausland produziert werden. Also ich habe mir angeschaut, an diesem Müsli-Riegel, Bananengeschmack, sind beteiligt alle EU-Staaten, Plus Argentinien, afrikanische Staaten, Kasachstan, Brasilien, Ukraine, Chile und Mexiko. [00:43:37] Speaker A: Also die Ingredienzen, das was drin sind, die kommen aus diesen Ländern. [00:43:40] Speaker C: Die Grundstoffe für diesen Müsli-Riegel sind in diesem Ding drinnen. Also wenn man sich anschaut, dass ungefähr 20 Staaten berücksichtigt werden müssen. Wenn es um die Lieferung der Zutaten geht, dann stimmt was nicht mehr. [00:44:02] Speaker A: Also da können wir ansetzen. [00:44:04] Speaker C: Ja, und viele dieser Zutaten sind natürlich in Europa oder in Österreich verfügbar, aber aus Preisgründen werden sie halt woanders eingekauft. [00:44:16] Speaker A: Aber ist das nicht systemimmanent? Wir haben uns doch nun einmal für dieses Wirtschaftssystem. Und ich bestehe darauf, dass es ein Wirtschaftssystem ist und kein Gesellschaftssystem. Wie wohl es sich anfühlt, als sei es unser einziges verfügbares Gesellschaftssystem. Und dem ist nicht so. Da ist es doch eigentlich innerhalb dieses Systems richtig so. Gedacht und gemacht. [00:44:45] Speaker C: Natürlich, natürlich, solange das Ganze aufgrund von fairen Bedingungen passiert und von vergleichbaren Bedingungen. Wenn ich aber Gewinn daraus erziele, dass ich Menschenrechte, Arbeitnehmerinnenrechte, dass ich auch Umweltschutzmaßnahmen nicht berücksichtige, dann ist das kein fairer Wettbewerb mehr. Wir müssen ja nicht nur über Wettbewerb per se reden, weil sonst sind wir beim alten Beispiel vom Elefanten und der Maus. Sondern wir müssen auch darüber reden, dass faire Anfangsbedingungen herrschen müssen. Dann klappt das Ganze. Und das Lieferkettengesetz hat ja genau diesen Ansatz, dass es unbedingt versuchen will, so weit wie möglich vergleichbare Bedingungen für die Produktion herzustellen. [00:45:44] Speaker A: Wir haben ja nun in den letzten 50 Jahren, sag ich mal, so ab Club of Rome, 70er Jahre, gelernt, dass diese Bewegung, damals ging es ums Baumsterben, glaube ich, Ja. Das Ozonloch, FCKW und so weiter. Erstens, es wirkt. Der Ozon ist wieder zu. Das Ozonloch ist, glaube ich, weitgehend geschlossen. [00:46:16] Speaker C: Viel kleiner geworden. [00:46:19] Speaker A: Und dann haben wir 50 Jahre lang gekämpft und sind irrtümlicherweise davon ausgegangen, dass die Vernunft uns überzeugt, alle mitzumachen und neue Wege zu gehen. Wir haben uns geirrt. Wir haben versucht, durch alle braven Instanzen zu gehen. Vor allem seit den 80er-Jahren, als dann aus der grünen Bewegung eine Partei wurde, wofür sie jetzt gerade sehr bestraft werden. Und es ist trotzdem nichts weitergegangen. Das heißt, ich sage das jetzt nur, weil ich so viele, viele ... unnötige Diskussionen auch führen muss, wenn es um die sogenannten Klimakleber geht, kommt das Argument immer, die sollen das anders machen, die sollen in die Politik, die sollen sich da wichtig machen. Leute, das ist passiert, das wurde versucht 50 Es fing jahrelang und es hat nichts gebracht. [00:47:32] Speaker C: Ich würde nicht sagen, es hat nichts gebracht. Es haben sich in Europa Arbeitsbedingungen und Betriebsbedingungen schon wesentlich, Produktionsbedingungen wesentlich verbessert in großen Teilen. [00:47:46] Speaker A: Ja, aber da muss ich eingrätschen. Das ist nicht passiert, weil ein paar Grüne oder Revolutionäre oder 68er mit Plakaten um die Grenze sind, sondern weil die Institutionen, allen voran Gewerkschaft und Kammern, sich dafür eingesetzt haben, mit ungeheuerlicher Kraft. Und das auch konnten, weil die Institutionen, ähnlich wie die EU, davon leben, dass die vielen, mehr sind als die wenigen, auch wenn die wenigen das meiste kassieren. Der einzelne Genossenschaftsgedanke kann halt im Vergleich zu den vielen relativ wenig ausrichten. Und deswegen haben sich diese Bedingungen. Wo ich darauf hinaus will, ist, dass wir wieder zueinander finden müssen in der Idee. [00:48:48] Speaker C: Ich glaube auch, dass wir gerade, was Produkte und Produktion betrifft, mit einem großen Unwissen konfrontiert sind. Wie passiert das wirklich? Wie schaut der Weg eines Produktes wirklich aus? Und was hat das mit mir zu tun? Also sozusagen hier die Verbindung wieder herzustellen und sozusagen Weg von dem Wegwerf-Juice-and-Lose-Gedanken hin zu einer Kreislaufgeschichte, das kann schon was verändern. Weil auch wenn es vorerst so ausschaut, als wäre es eine Lösung, die Produkte immer billiger zu machen, um die soziale Krise, Sie haben die alleinerziehenden Leute angesprochen, zu lösen, so ist das ja von vornherein schon falsch. So wird man das nicht lösen können, sondern es ist letzten Endes eine Verteilungsfrage. Und darüber gibt es glücklicherweise gesellschaftliche Debatten und die muss es auch geben und die soll es auch geben. Aber was eben aus meiner Sicht mit dazu gehört, ist, dass wir sozusagen unser Leben in dieser Welt und die Produktionsbedingungen, die herrschen und so weiter, uns auch in Bezug auf Produkte genauer anschauen müssen. Wir müssen da bewusster werden. Da hilft Mediales sehr. Es gibt sehr, sehr viele Berichte, die sozusagen hier was aufzeigen. Ich glaube, dass der Punkt einfach darin liegt, dass wir sozusagen das Arbeiten und das Leben so weit auseinandergezogen haben, dass keiner mehr weiß, wie Dinge entstehen und was dafür alles notwendig ist. [00:50:50] Speaker A: Das ist die wahre Work-Life-Balance, um die wir uns jetzt kümmern müssen. [00:50:53] Speaker C: Das ist auch ein Element, dass eben, gerade wenn man sich länger mit Lieferketten beschäftigt, dann kriegt man ja regelmäßig die Krise beim Einkaufen gehen. [00:51:03] Speaker A: Ja, allerdings. Und zwar mehrere Male. Erstens bei der Auswahl, zweitens wenn man drauf schaut, was alles für ein Scheißdreck in diesen Produkten sich befindet. Und dann kommt nochmal der Überhammer an der Kasse. Zum Schluss unser letztes Thema, Frau Dr. Lichtenberger. Haben wir das Recht, jetzt, wo wir so stolz sind auf unsere EU, wo wir, ich werde nicht müde, es immer wieder zu sagen, uns auf sie insofern verlassen können, als dass die großen Betrüger, die großen Absahner, jetzt langsam mehr und mehr zur Kasse gebeten werden? Dezidiert zur Kasse, weil anders lernen die nicht? Vielleicht auch wir, nicht? Und es wird klargemacht, ihr müsst jetzt eure Ladekabel unifizieren, dass es wirklich nur ein Modell gibt. Und wir können aus ganz Europa zu Hause anrufen zum Preis, den wir auch zu Hause zahlen und und und. Also unglaublich viele ESG, also das jetzt, das neue Denken, das sinnvolle insofern bekräftigt wird, als dass Sinnlose bestraft wird? Das ist ja gerade für die Wirtschaft ... So, das macht uns jetzt stolz. Wir sind stolze Europa. Vielleicht ist das das Gefühl, das wir suchen. Stolz, ja, reicht mir nicht. Egal, wir bleiben da dran. Dürfen wir dann sagen, Europe first? [00:52:40] Speaker C: Ich glaube, in bestimmten Bereichen müssen wir nicht sagen «Europe first», aber «Europe safe». Also sozusagen, gerade dieses Prinzip der strategischen Autonomie zu realisieren, heißt eben, bestimmte Produktionsschritte wieder zurückzuholen nach Europa. Es war nach ganz Europa. [00:53:04] Speaker A: Eine Reindustrialisierung. [00:53:06] Speaker C: Aber so wie in den USA das America First ja nicht heißt, dass sozusagen dass aus Sicherheitsgründen zurückgeholt wird, sondern das Sicherheitsargument wird dort auch ausgedehnt. Das heißt, früher waren zum Beispiel alle Militärflugzeuge durften nur in Amerika erzeugt werden, damit man sicher war, dass der Feind nicht weiß, wie sie funktionieren. Das hat man jetzt einmal ganz vereinfacht. [00:53:40] Speaker A: Der Zug ist abgefahren. [00:53:42] Speaker C: Irgendwann einmal wollte man das auf die gesamte Luftfahrt ausdehnen. Man hat das auf mehrere Branchen jetzt gemacht und auch so einen Patriotismus. Das ist ein bisschen wie so Ja zu Österreich, also österreichische Produktion und so weiter und so fort. Das ist sozusagen in einem bestimmten Bereich legitim. Aber wenn ich andere dadurch benachteilige, Dann kriegen wir ein Problem, denn eines ist klar, Europa ist ein exportorientierter Kontinent. Wir wickeln extrem einen hohen Anteil an den gesamtweltweiten Exporten ab. [00:54:22] Speaker A: Wie wir es ja in der Faktenbox gehört haben. [00:54:25] Speaker C: Genau. Und wie es natürlich auch verursacht ist durch die Situation, dass Europa nicht viele Rohstoffe hat, die wir auf jeden Fall eben importieren müssen. Das heißt also, natürlich gibt es das legitime Interesse, sozusagen kritische Produkte mit Sicherheit versehen sozusagen in Europa mit den kürzeren Wegen produzieren zu lassen. Es gibt aber natürlich auch den Missbrauch dieser Idee, indem man einfach sagt, naja, Europa ist super, alles was bei uns produziert wird ist okay. Das ist halt auch nicht wahr. [00:55:06] Speaker A: Kontrolle ist immer noch besser. Das ist vollkommen richtig. [00:55:11] Speaker C: Und ich glaube, worauf wir stolz sein können, ist, dass ein ganz großer Teil unserer Produkte unter Bedingungen geschaffen wird, die sozusagen global verglichen, viel besser Rechte von Arbeitnehmerinnen auch von Konsumentinnen und Konsumenten berücksichtigen, als das bei den nicht so gut kontrollierbaren Produkten aus der Welt ist. Das ist ein Kaufargument, aber kein Ausschlussgrund. [00:55:48] Speaker A: Bravo, super. [00:55:49] Speaker C: Und ich glaube, das ist die Freiheit. [00:55:51] Speaker A: Schön, schönes Schlusswort. Danke Ihnen, Frau Doktorin Eva Lichtenberger, ehemalige Mitglied des Europäischen Parlaments, Ausschuss für Verkehr, Tourismus, China-Delegation, US-Delegation, Internetcoregroup. Also sie weiß, und jetzt wissen wir das auch, wovon sie spricht. Danke für Ihre Arbeit. Danke für Ihre wertvolle Zeit. [00:56:17] Speaker C: Herzlichen Dank für Ihr Interesse. Auf Wiederhören. Auf Wiederhören. [00:56:23] Speaker A: Die Arbeiterkammer Niederösterreich hat eine neue App, die AK-Blitz-App. Ab sofort zum Downloaden. Bleiben Sie am Laufenden, erhalten Sie alle relevanten Informationen. Und Sie wissen ja, noch nie war es so wertvoll zu wissen, wo man seine Informationen herhat. Die AK-Blitz-App, ab sofort zum Downloaden. Das war der Montag. Chefredaktion Susanne Karner, Redaktion Mario Gattinger und Carina Karras, Straßenumfragen Christoph Baumgarten, Faktenbox Bettina Schapsschneider, Technische Leitung Stefan Dangel, Administration Christina Winkler, am Mikrofon Alexander Göbel.

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