Episode Transcript
[00:00:01] Speaker A: Montalk der Podcast zum Mitreden.
[00:00:11] Speaker B: 1774 veranlasste Maria Theresia eine Schulreform. Mit dem Reichsvolksschulgesetz im Jahr 1869 wurde das Pflichtschulwesen auf eine einheitliche Basis gestellt und die Schulpflicht von sechs auf acht Jahre erhöht.
Otto Glöckl leitete 1918 eine bis heute wirkende Schuld Schulreform ein. Seit 1927 gab es die Hauptschule als Pflichtschule für die 10 bis Jährigen, die im Jahr 2009 von der neuen Mittelschule abgelöst wird.
Mit einem umfassenden Schulgesetz wurde das österreichische Schulsystem 1962 neu geregelt und die Schulpflicht auf neun Jahre angehoben.
Im Schuljahr 2022 23 gab es österreichweit Schülerinnen und Schüler. Quellen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung.
[00:01:09] Speaker A: Und Statistik Austria herzlich willkommen beim Montalk, dem Podcast der Arbeiterkammer Niederösterreich. Dies ist Folge 100, vierzehnte wir sprechen über die Bildung. Ein Thema, was ein Dauerthema sein sollte, in jedem Fall immer vor den Wahlen. Ganz virulent wird leider Gottes, ja, das, was wir jetzt hören, wird sich, und jetzt male ich auch mal wieder schwarz, leider nicht erfüllen. Wenn wir aber etwas verändern wollen, dann sind wir, so hat es uns die Geschichte gelehrt, gut beraten, wenn wir eben wirklich in die Geschichte schauen und sagen, wie ist denn eigentlich unser österreichisches Bildungssystem, so wie wir es im Moment kennen, entstanden. Und dafür habe ich mir jenen Studiogast wiedergeholt und ich bin sehr, sehr glücklich, dass er noch mal sich die Zeit für uns genommen hat, der es wissen sollte und in der Tat auch weiß, weil es zu seinen ursprünglichen Kernaufgaben, zumindest was die Studien angeht. Richtig. Historiker Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Mardertane, ich begrüße sie.
[00:02:27] Speaker C: Einen Schönen guten Tag.
[00:02:28] Speaker A: Danke, dass sie sich die Zeit nehmen. Also, wir haben es in der Faktenbox von Bettina Schabschneider schon vernommen, die Schulreform, die ja sozusagen alles begründet hat. Maria Theresia 1774, richtig.
Fand ja schon auf der Basis einer schulischen Situation zweitausendein Stadt, die reformiert werden musste, sehr früh oder ungewöhnlich früh.
[00:03:04] Speaker C: Es gibt das berühmte Reichsvolksschulgesetz. Heißt nicht so, weil es war genau das, dass Maria Theresia erlassen hat, sozusagen, hat ja ganz, ganz konkrete Gründe. Es steht in ganz, ganz bestimmten Kontexten. Zweitausendein, das ist ein Kontext, in dem die habsburger Monarchie zu einem mehr oder minder einheitlichen Nationalstaat heranwächst. Sie tut das deswegen, weil sie Kriege verloren hat und ein besonders fataler Verlust ereignet sich im sogenannten Erbfolgekrieg gegen die erstarkenden Huhnzollern. Und das ist mit ganz, ganz enormen Opfern auf beiden Seiten massiv er kauft. Es ist eigentlich ein Staatsnotstand, der dann ausbricht.
1763 steht man vor der Tatsache, dass die Preußen, die ja vielleicht 1/6 der Wirtschaftsleistung zweitausendein dieses Österreich erbringen, 1/3 vielleicht der Bevölkerung, wie auch immer, als großer Sieger und man verliert Schlesien mit Breslau. Das ist ein wesentlicher Verlust, weil das ist eine blühende frühindustrielle Region, die enorm wirtschaftsstark ist. Also diesen Verlust hat man normal in irgendeiner Form zu kompensieren, oder man denkt darüber nach warum, über die eigentlichen Gründe. Ein zweiter Punkt ist, dass Maria Theresia sieht, dass es wesentlichen es um eine Qualifizierung der zentralen Arbeitskraft geht. Wir sind in einer Zeit der anhebenden Aufklärung.
Die Historiker sprechen vom Merkantilismus, einer Frühform des Kapitalismus. Mit einem Wort, ich kann mit Analphabeten weder ökonomisch noch militärisch sehr viel ausrichten. Daher ein wesentlicher Grund zur Einführung einer grundsätzlichen Bildung. Davor war Bildung im Wesentlichen ein, würde ich sagen, beinahe ausschließliches Privileg der Klöster, der Orden der Jesuiten, der Pieristen, wie auch immer und des Kapitals und des anhebenden industriell tätigen kapitalistischen Bürgertums. Wobei wir nicht zufällig die männliche Form verwenden, weil die Frauen ja von all dem noch lange Zeit ausgeschlossen waren.
[00:06:02] Speaker A: Ja, jetzt fragt man sich natürlich, im Jahre 1774, Amerika war da gerade im Prä Bürgerkriegszustand, emanzipierten sich von den Briten, von den Franzosen, hatten noch fest Sklaverei. Ja, also weit entfernt von dem was es heute darstellt. Auch ein interessanter Weg übrigens. Ja, nur dass wir mal ein Gefühl dafür bekommen, was 1774 gemeint war.
Die Schule an sich, das Institut, ich würde fast sagen der Ort, die Location, das Gebäude, der Anlass junge Menschen zusammen zu bekommen, um sie irgendetwas zu lehren. Wo kommt das her? Waren das wieder die Römer, waren das die Griechen? Wer hat das erfunden?
[00:07:06] Speaker C: Im Prinzip, die Schule, wie wir sie heute kennen, ist ein Produkt des neunzehnte Jahrhunderts, würde ich sagen, in Österreich des Volksschulgesetzes, des liberalen Volksschulgesetzes von 1869. Das im Prinzip eine sehr stark, ich würde sogar sagen autoritär antiglerikale Schlagseite kommt von den Liberalen und versucht im wesentlichen nichts anderes als das Schulwesen aus der Domäne der katholischen Kirche heraus zu bekommen. Hat im übrigen auch schon Josef II. Unternommen, eine Erhebung durchführen lassen, wie verlässlich die immer auch ist. Aber als Ergebnis der Maria theresianischen Reform hat Josef um 1880 fest.
[00:08:02] Speaker A: Entschuldigung, 17.
[00:08:03] Speaker C: Hat Josef um 1780 feststellen können, dass bereits jedes dritte Kind in seinen Herrschaftsbereich in der einen oder anderen Form ein oder zwei Jahre Volksschule genossen hat. Das heißt, es ist ein ganz langsamer, mühseliger Alphabetisierungsprozess, aber er nimmt sukzessive Fahrt auf. Und das ist ein wesentlicher Punkt, dass Bildung, und sei es die elementarste Elementarbildung, aus sozusagen der privaten Initiative, wenn man so will, der katholischen Kirche herausgelöst wird und zu einem Anliegen des Staates, des sich formierenden Staates wird. Das ist ein wesentlicher Punkt. Und insofern setzt, wenn man von einem modernen Schulwesen sprechen will, setzt das tatsächlich mit der Reformpolitik Maria Theresias. Und Josef Senner darf nicht den Fehler machen, zu imaginieren, man hätte da bereits ein funktionierendes Schulwesen oder irgendwie so wie in den er Jahren unter Prezino. Also keinesfalls, aber es sind erste Schritte, die ganz genau darauf zielen, dass die produzierenden Stände und Klassen tatsächlich auch sozusagen das Bewusstsein von sich selbst entwickeln können. Das heißt, dass sie lesen können, dass sie schreiben können, dass sie vertretungsmächtig werden. Ja, sukzessive, langsam, langsam, langsam geht das voran, dauert 150 Jahre.
Und die die Idee dahinter ist sozusagen bereits in diesen Anfangsphasen so etwas wie der mündige Bürger. Ob das nun den jeweils Herrschenden bewusst war. Ich wollte gerade sagen, ja, es weist genau in diese Richtung.
[00:10:07] Speaker A: Also die Schule als Lehranstalt auch für Identität.
[00:10:16] Speaker C: Ja, wenn man so will, weil Identität ist ein weiter Begriff und ist vor allem kein fixer und fester, sondern ein durchaus fluider Begriff.
Identität kann dann entwickelt werden, wenn ich ein Bewusstsein über mich selbst entwickle. Und das Bewusstsein über mich selbst entwickle ich im Wesentlichen durch Bildung. Sei es sehr, sehr einfache Elementarbildung am Anfang, sei es eine komplexere Bildung, wie es eben das liberale Volksschulgesetz von 1869 intendiert, und sei es sozusagen als ein Instrument der Befreiung und der Selbstqualifikation, wie das Beispiel, das weiße Otto Glöckl mit seiner Schulreform beabsichtigt.
[00:11:04] Speaker A: Ja, wird noch ein großer Punkt unseres Gespräches sein.
Damals schon, nehme ich mal an, weil es nun einmal damals so war, in einer autoritären Vermittlungsform, nicht? Kinder hatten stillzusitzen, zu folgen. Es war eine Mischung, nehme ich mal, aus imperialem und preußischem. Und ich weiß ja noch aus eigener Erfahrung, ich bin noch in den er Jahren des letzten Jahrhunderts zur Schule gegangen, da ging es immer darum, wir wollen diese preußische Art des Lehrens und des Lernens nicht mehr. War das damals so? Ich meine, es war ja imperial, nicht?
[00:11:57] Speaker C: Es dient, wenn wir vorher gesagt haben, dass sozusagen schulische Bildung und die Existenz von verpflichtender Schule, ob bewusst oder unbewusst, den Weg ebnet zum selbstständigen Individuum, zum selbstbewussten Individuum, dann ist das sozusagen ein notwendiges, aber durchaus unter Umständen nicht beabsichtigtes Produkt solcher solcher Abläufe und Vorgänge. Ich denke mir. Ja und und bin mir auch nicht ganz sicher, aber ich denke mir, dass die wesentlichen Entwicklungen, historischen Entwicklungen, wir haben ja sozusagen, ob Josef II. Und seinem nur sehr, sehr kurz regierenden Bruder Leopold II. Haben wir ja eine völlige Kehrtwendung in der Politik des Hauses Habsburg. Auch Österreich wird ja zu dem reaktionären Prinzip neben Preußen, wobei Preußen auch sehr, sehr stark an der Spitze der europäischen Aufklärung einige Zeit steht. Aber ich würde wohl meinen, dass die Versuche Maria Theresias und Josefs das Schulwesen zu verstaatlichen, aus der Domäne der in Österreich katholischen Kirche herauszulösen, dass die natürlich einer Revision unterliegen, in dem Moment, wo die große französische Revolution das ganze Feudalsystem zersprengt, das unterste nach oben kehrt und ähnliches mehr. Und das hat natürlich auch seinen Niederschlag in der Schule. Also das heißt, wir haben das die gesamte erste Hälfte des neunzehnte Jahrhunderts, wann es überhaupt von einem funktionierenden Schulwesen gesprochen werden kann. Dann haben wir, dann haben wir eben genau diese von ihnen jetzt geschilderte Gegenreaktion. Wir haben die Drillschule, wir haben den militärischen Aspekt drinnen, wir haben die absolute Unterwerfung und da vorgegebene Autoritäten. Keiner hat gewusst, warum das Autoritäten sind, aber das war als solches gesetzt. Und das eben dauert hierzulande bis zum, ich tu mir schwer mit Vokabel, aber sagen wir mal mit bis zum Machtantritt der Liberalen 1867. Für Österreich wieder mal typisch, am Anfang steht ein verlorener Krieg, eine welthistorisch verlorene Schacht in Königgrätz. Wieder mal gegen den Preis.
[00:14:51] Speaker A: Die Preußen, meine Güter und.
[00:14:54] Speaker C: Und wieder mal, ja, sieht man die Notwendigkeit. Es muss was geschehen.
Unsere Soldaten müssen Landkarten lesen können.
[00:15:05] Speaker A: Besser werden.
[00:15:05] Speaker C: Sie müssen besser werden.
Daher sozusagen die Versuche, die Elementarbildung auf ein europäisches Niveau zu heben.
[00:15:16] Speaker A: Ja, auf ein damals.
[00:15:18] Speaker C: Auf ein damals europäisches.
[00:15:19] Speaker A: Europäisches, ja. Jetzt werde ich zum ersten Mal, Herr Professor, den Sprung wagen in die Gegenwart und sagen zweitausendein, dass wenn es ja schon damals im ausgehenden achtzehnte Jahrhundert mit Krieg zu tun hatte, nicht nämlich mit Kriegern, mit besseren Soldaten und somit in Zukunft gewonnenen tunlichst Kriegen, wäre ich zu mutig zu sagen, da wurde bereits ein Samen dafür gelegt, dass Bildungspolitik auch etwas mit Krieg zu tun hat. Und wenn er schon nicht von staatlicher Seite passiert, dann doch wenigstens innerparteilich. Eine Republik. Jetzt grinsen sie, Gott sei Dank, sie verstehen wo ich hin muss, denn ich verstehe es nicht. Ich bin jetzt 50 Jahre lang in diesem Staat glücklich, in dieser Republik mit seinen Menschen und auch mit der Politik. Nicht mit allem. Aber was ich nie verstanden habe, auch nur ansatzweise, ist diese Beharrlichkeit auf nicht Veränderung, dieses Bremsertum in der Bildungspolitik. Und meine bescheidene Konklusion ist, sie wird einfach politisch missbraucht. Es wird mit der Bildung Krieg geführt.
[00:16:51] Speaker C: Ist eine starke Metapher.
[00:16:53] Speaker A: Ja, ich weiß, aber ich darf sie an sie nicht.
[00:16:58] Speaker C: Ich würde vielleicht meinen, weil wir auch schon den Namen erwähnt haben, Otto Glöckl.
Es gibt also ein wunderbares historisches Dokument, das ist die Selbstbiografie Otto Gökl ist die ist unvollendet geblieben und auch nicht ÿousand auch nicht publiziert. Und da schreibt er über den Sohn eines botendorfer Unterlehrers in den ER Jahren, der es aus irgendwelchen nicht nachvollziehbaren Gründen schafft, selbst das Lehrerseminar in wiener Neustadt besuchen zu können, weil das waren ja unglaublich armselige und im materiellen Sinn wirklich arme Figuren, diese Landlehrer.
Und Glöckli schafft es eben die Lehrerausbildung zu machen, wird als Unterlehrer angestellt, kommt nach Wien, nach Hütteldorf, wo er von einer Schule in die andere zieht und beschreibt Wasser in dieser Elementarschule, die ja seit seit der liberalen Reform ja eigentlich eine wunderbar funktionierende Institution sein sollte. Was er da erlebt. Er erlebt Kinder von Zuwanderern, meistens Tschechen, meistens Südslaben, was auch immer, die keine Schuhe anhaben, die eine Meer oder Winter, in Winters und Sommerszeit immer wieder dieselbe Hose, dieselbe Jacke, alles gepflegt, alles ungepflegt. Er erlebt Kinder, die mitten im Unterricht einschlafen, weil sie bis spät in die Nacht arbeiten mussten oder bereits vor Schulbeginn einige Stunden zu arbeiten hatten, weil irgendwie das Überleben der Familie gesichert werden muss und ähnliche Dinge. Also wenn man das lässt, es ist schwer nachvollziehbar heutzutage, aber es ist ein Blick in ein soziales Elend, das unglaublich ist.
Und Glöckl hat genau diese formative Erfahrung.
Er trifft dann auf einen anderen Unterlehrer. Beide werden namens Carl Seitz, dem späteren fast legendären Bürgermeister Wiens. Beide werden von der Unterrichtsbehörde geschast. Also entlassen beide ob ihrer revolutionären Gedanken. Ihrer revolutionären Gedanken, weil die revolutionären Gedanken sind, Schule könnte ein Instrument der Emanzipation sein.
[00:19:45] Speaker A: Ja, um Gottes willen.
[00:19:48] Speaker C: Schule ist ein Instrument zur Herausbildung eines religiös sittlichen, Vaterland liebenden, Autorität untertanen.
[00:20:00] Speaker A: Leicht regierbaren.
[00:20:02] Speaker C: Leicht regierbar. Ja. Und diese, sie nennen sich die Jungen, haben die Idee von da kann was nicht stimmen. Wir sollten doch eigentlich eine Schule und eine Ausbildung haben, die den Menschen zum Menschen macht und die ihm zum selbstbestimmten politisch artikulations und aktionsfähigen.
[00:20:28] Speaker A: Individuum und aktionsfähigen war es ja, darum ging es ja.
[00:20:34] Speaker C: Und diese Ideen formulieren sie. Es ist natürlich Österreich, sie werden dann doch auch wieder von der Schulverwaltung angestellt und bringen sozusagen dieses Gedankengut, das natürlich auch in der Zeit liegt und das nicht spezifisch wienerisch, österreichisch oder deutsch in dem Sinn ist, sondern das ist schon ein Gedankengut, gutes in den USA Fuß gefasst hat, das in Frankreich vor allem natürlich fuß gefasst.
[00:21:04] Speaker A: Wir reden jetzt von welcher Zeit?
[00:21:06] Speaker C: Wir reden von der Zeit er Jahren.
[00:21:08] Speaker A: Ja genau, genau.
[00:21:10] Speaker C: Und die konzipieren sozusagen eine Schule der Zukunft, weg von der von ihnen vorhin erwähnten preußischen Drillschule, weg vom Zucht und Ordnung. Zucht und Ordnung, sondern hin dazu, dass man von den Bedürfnissen des Kindes ausgeht. Wir reden jetzt immer noch vom Elementarunterricht, wir reden immer noch vom sogenannten Volksschulunterricht. Aber die Idee ist, die ganze Schule dem ganzen Volk, weil als Nebenprodukt hast du die Idee, sämtliche Potenziale, die in diesem Volksganzen eben schlummern oder eben da sind, tatsächlich auch zu heben. Also die eude maritresianische Idee, die Menschen besser zu machen, zu besseren Soldaten, zu besseren Wissenschaftern, zu besseren Bauern, was auch immer. Ja und und da sagt nun ein Göckl oder ein Seiz, das kann nicht auf eine bestimmte Elite beschränkt sein. Wir brauchen die Hebung dieser Potenziale im gesamten Volk, jenseits von Stand und Gasse. Und das ist natürlich eine wesentlich liberale Idee, das ist sozusagen bürgerlich im besten Sinne, im Sinne eines Citoyenwesens und versuchen das tatsächlich umzusetzen, haben diese Chance für ganz ganz kurze Zeit, für die Zeit von, ich würde mal sagen Ende 1918 bis Mitte 1920.
[00:22:56] Speaker A: Ja.
Aber es ist doch erstaunlich, dass die zwei ja im letzten Kriegsjahr mit dieser fantastischen Idee rauskommen, sich also wie habe ich mir das vorzustellen? Es war Krieg und das war nicht zu übersehen. Das war kein Radiokrieg, den man von irgendwo Ukraine oder was mitkriegt, sondern vor der Tür und sie kommen mit einer revolutionären Bildungsidee. Entweder man hat nicht alle Latten am Zaun oder man ist zweitausendein unbeirrt leidenschaftlich für diese Idee. Zweiteres.
[00:23:45] Speaker C: Zweiteres. Es gibt auch ein berühmtes Zitat, das sehr oft aus dem Zusammenhang gerissen wird, aber in genau dem Zusammenhang, den sie jetzt skizziert haben, stimmt es.
Seitz schreibt am glöckl komm mach mit, wir bauen jetzt was, wir bauen jetzt die Zukunft. Wenn es schief geht, werden wir hängen.
[00:24:07] Speaker A: Hängen.
[00:24:08] Speaker C: Ja. Wow. Und da brauchst du schon natürlich diese Selbstgewissheit und diese Leidenschaft sozusagen wir bauen.
[00:24:15] Speaker A: Die Zukunft ist die, mir fällt was auf.
Wir reden von, wir haben begonnen 1774, Maria Theresia, wir sind jetzt bei 1818, 1918.
Braucht es diese 150, 160 Jahre, um für so eine Idee, um dorthin zu wachsen, wo es hin soll?
Kann man davon ausgehen, dass solche Ideen immer wirklich, wirklich lang brauchen?
[00:24:53] Speaker C: Natürlich brauchen solche Ideen lange, weil ich würde wohl meinen, alles das, was unter dem Aspekt wir bauen die neuen Zeiten läuft, alles das, was mit der französischen Revolution begonnen hat, was Napoleon in seltsam grausamer Weise versucht hat, über den Kontinent zu verbreiten, nämlich das bürgerliche Gesetzbuch und all das, das hat natürlich Gegenentwicklungen, das hat sozusagen historische Unfälle, das verschwindet scheinbar, um zwei Jahrzehnte später wieder aufzutauchen, beispielsweise in der großen Revolution von 1848, in dieser gewaltigen gesamteuropäischen Revolution, wo man auch schon entwickelt ja eher die Erdarbeiter, die ja da sozusagen revoltiert, der kennt es nicht, wilde, alkoholsüchtige Analphabeten sind. Das geht nicht. Wir müssen doch eine neue Welt bauen und dazu braucht man doch den qualifizierten Menschen. Und und diese Ideen kommen immer wieder. Sie werden natürlich mit der Menschheitskatastrophe des ersten industriellen Massenvernichtungskrieges, werden sie sozusagen am Ende dieses Krieges, wo man gesehen hat, wo das hinführt in die totale Apokalypse. Eigentlich werden diese Ideen ganz stark noch etwas, wenn wir spezifisch in Österreich bleiben oder in Wien, es gilt allgemein die die Rede von Wien als der sterbenden Stadt.
Das heißt, wir haben die spanische Grippe, es gibt dieses vollkommen verrohte Kriegsheimkehrer, dumm als DBC grassiert, diverse Geschlechtskrankheiten grassieren. Es ist nirgendwo Wohnraum zu finden, es ist nirgendwo Arbeit zu finden, die Wirtschaft liegt da nieder, die Wirtschaft liegt völlig danieder, der öffentliche Verkehr ist nicht mehr und, und, und, und. Also man kann da fast endlos schildern. Und in dieser Situation sozusagen wachsen die Ideen. Wie kommen wir daraus und wie gestalten wir eine, ich würde jetzt nicht sagen widerspruchsfrei, aber wie gestalten wir eine lebbare Zukunft?
[00:27:19] Speaker A: Aber heißt das jetzt, dass eine gute Idee nicht ultimativ nicht zu killen ist, immer wieder, wie der Samen im Asphalt zur Blume wird, weil es eben eine gute und eine richtige Idee ist?
Oder braucht es dann auch diese Art von unerschrockenen Persönlichkeiten, die sagen, es ist mein Leben wert?
[00:27:49] Speaker C: Ich würde sagen, dieser Aspekt ist unzweifelhaft ganz wichtig. Die Frage ist nur, wie entstehen diese Persönlichkeiten zusammenhängen, vor welchem Hintergrund? Sind sie Ausdruck sozusagen eines, sagen wir es einmal, Zeitgeistes, oder prägen sie diesen Zeitgeist, oder ist es beides zugleich?
Und ich denke mir, wenn man schaut, wie was eben jetzt, wenn wir bei der Bildung sind, bleiben wir bei Glöckli oder den großen französischen Reformen, wo auch immer, was diese Menschen zu denken imstande sind. Das ist wirklich faszinierend, weil es weist über ihre Zeit hinaus. Weit über ihre Zeit hinaus. Ja. Es denkt, es denkt radikal und und der Versuch glücklichst das umzusetzen, dauert wie gesagt anderthalb Jahre als unter Staatssekretär für Unterricht, also heutigen Unterrichtsminister.
Staatsschulratpräsident. In Wien.
In Wien Staatsschulratpräsident, gut und gern ein Jahrzehnt, wo er immer wieder konfrontiert war mit sozusagen der Unterrichtsbehörde, der Bundesbehörde, seine Reformvorschläge meistens in Kompromisslatung gelaufen sind, aber gewaltige Fortschritte auch gebrocht haben. Z.B. die Idee, dass man nicht von einem von einem ständigen Repetieren der immer gleichen Sachen ausgeht, sondern von den Bedürfnissen der Kinder. Ja.
Was wirklich, wirklich spannend ist. Ja. Weil man zugleich ja die Entwicklung der Kinderpsychologie Karl und Charlotte Bühler, die im pädagogischen Institut wirken, Alfred Adler und in gewisser Weise natürlich auch Sigmund Freud. Alles das spielt in diese Versuche hinein, das Schulwesen gänzlich radikal neu zu konzipieren und als leitende Idee vom Bedürfnis des Menschen ausgeht. Das ist über die Maßen faszinierend. Es funktioniert leider in dem Sinn nicht, weil es zugleich oder einer der wesentlichen Gründe ist, dass es zugleich sozusagen die antiklerikale Stoßrichtung des liberalen Volksschulgesetzes von 69 einfach ungeschaut übernimmt. Die Schule muss aus der Domäne der katholischen Kirche herausgebracht werden, heißt Göckli schafft den Zwang zum Besuch Des Religionsunterrichts ab. Er schafft ab den Zwang zur Teilnahme an religiösen Übungen, das heißt das an Prozessionen, an zu Ostern, heiligen Abendmahl etc. Was, was auch immer, an der heiligen Kommunikation und was auch immer. Und die Verpflichtung des Lehrpersonals, diesen Zwang zur Teilnahme an religiösen Übungen auch tatsächlich zu überwachen.
[00:31:11] Speaker A: Bei aller Solidarität mit Glöckl, haben wir dabei auch etwas verloren vielleicht an dieser neuen Art der Schule? Ich denke an Seelsorge.
[00:31:27] Speaker C: Ist schwer zu sagen, weil du hast ja dann die absolute Reaktion drei und dreiig. Vier und dreiig im Austrofaschismus, wo ja die Schule tatsächlich rekatholisiert wird.
[00:31:39] Speaker A: Ja, ja.
[00:31:40] Speaker C: Wo wieder eingeführt wird das Zölibat für Lehrerinnen, und zwar verpflichtend.
Und wo wo wieder eingeführt wird eben alle diese religiösen Übungen und ähnliches. Also wo versucht wird, die glückliche Schulreform, so sehr sie auf Kompromissen gefusst hat, in ihre Gesamtheit zu revidieren und und insofern denke ich, mir, dass man, wenn man von Verlusten spricht, eigentlich vom Verlust der Ideen der Schulreformer sprechen kann. Weil alles was 1962 und dann auch unter der Jahra Kreisky gekommen ist, ist in gewisser Weise ein anknüpfendes. Wir haben ja unter Glöckl in Wien bereits die Schulmittel die umsonst zur Verfügung gestellt werden, vor allem natürlich die Schulbücher, weil es gibt auch die Schulausspeisung und es gibt die Freifahrt und es gibt all diese diese Dinge die dann ja unter Kreisgewieder kommen und es ist sozusagen eine Vorwegnahme aber es ist auch zugleich ein Ende. Also dieser radikalen emanzipative Ansatz der dem ganzen unterliegt, das ist nach 45 weg und es wird nach dem Februar vier und dreiig und erst recht nach acht und dreiig einfach entsorgt.
Die Nazis entsorgen dann noch einmal die katholische Reaktion knüpfen interessanterweise auch an eine glückliche Institution an die Bundeserziehungsanstalten. Das war sozusagen glückliche Idee von demokratischen Eliten die dort ausgebildet werden sollten. Also unter tatsächlich sozusagen dem Elitegedanken.
Hertha Viernberg hat das besucht z.B. und.
[00:33:48] Speaker A: Zwar unabhängig von der Herkunft.
[00:33:49] Speaker C: Unabhängig von der Herkunft, ganz wichtig.
Und den Nazis machen daraus den Apulas. Ja und wir wissen alle sozusagen was daraus wurde.
[00:34:04] Speaker A: Ja ja ja richtig. Was ich mich frage ist natürlich also gute richtige Ideen setzen sich ultimativ durch. Aber wenn ich mich jetzt umhöre und auch lese was zurzeit über Bildung und Bildungspolitik geschrieben und erzählt wird, dann ist es immer noch die Beschwerde vieler, dass dieses ewige Auswendiglernen, was ja damals schon kritisiert und moniert wurde, immer noch stattfindet in Zeiten wo niemand mehr sich darauf verlässt, was er oder sie mal gelernt hat zu diesem oder jenem Thema, sondern dass mit zwei klicks nach liest. Also die wikipedia sie rung unseres lebens unter demokratischen bedingungen. Wikipedia ist ja eine demokratische plattform. Jeder kann da sein, seinen tadel und sein besseres wissen wenn man so will, unterbringen. Ja man muss es sowieso nachprüfen. Aber gibt es da auch einen Kreislauf des unrichtigen will ich mal sagen? Gibt es gibt es da einen Sumpf aus dem immer wieder die übelriechenden Blüten von Irrtümern herauskommen wie z.B. das Auswendiglernen?
[00:35:33] Speaker C: Sie stellen mir eine schwierige Frage, weil wir haben ja immer wieder Initiativen, nicht zuletzt gehen die auch vom von dem Kreis um Hannes Andrusch aus ja die die ganz stark auf eine auf eine radikale Bildungsreform hindringen und natürlich die digitale Schule und und all das. Die digitale Schule heißt ja nicht, dass jetzt sozusagen die Lehrperson eine eine künstliche Figur ist oder sonst was, sondern dass man mit der digitalen Technologie umgehen lernt. Wesentlicher Punkt, weil wir leben ja im Wesentlichen in Zeiten, wo es um Affirmation geht und um Bestätigung, nicht zuletzt um Bestätigung der eigenen Person, in die man alles mögliche investiert, die man virtualisiert und wie auch immer.
Der Umgang mit diesen Medien sie richtig zu bedienen und was für uns als alte Post er so wesentlich ist, das Lernen oder das Erlernen in aktiver Praxis von Kritik. Ja, man muss diesen Medien, man muss Wikipedia überprüfen. Man darf nicht glauben, dass man in einem Smartphone die ganze Welt hat. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, der mir ab kommt.
[00:37:05] Speaker A: Ja, wobei die geschichtliche Entwicklung gibt ihnen uns jetzt insofern recht, als dass die skandinavischen Länder, allen voran Schweden ja sehr sehr früh in diese digitalisierte Form des Nachdenkens über Bildung eingestiegen sind. Proaktiv jeder Schülerin das iPad, um jetzt, ich glaube nach 15, vielleicht 20 Jahren draufzukommen. Gar so ist das nicht. Es fehlen uns die Bücher, es fehlt uns das Lesen, sogar das haptische Lesen. Ja, aber genau das ist doch dann die Frucht dieses dialektischen Denkens, dass man sagt so jetzt haben wir das gemacht, aber jetzt hören wir mit dem kritischen Denken nicht auf, sondern werden das jetzt kritisch überblickt. Das ist doch Fortschritt.
[00:38:01] Speaker C: Das wäre Fortschritt, wenn es denn so gemacht würde. Ja nur der Punkt, wenn ich heute höre von kompetenter Stelle, dass man im Deutschunterricht nicht mehr den Kanon unterrichtet. Meine Frage was bitte ist der Kanon? Und mir wird geantwortet na ja das ist die deutsche Aufklärung. So war wiener f das Ekel. Unterrichtet man alles nicht. Dann denke mir irgendetwas ist da nicht richtig, weil und das sind wir wieder bei uns Thema von ganz ganz von ganz ganz Anfang an.
Es geht um Identität. Ja und was ist unserem Fall die europäische Identität, wenn nicht die Produkte, sag mal der deutschen Aufklärung?
[00:38:51] Speaker A: Ja, ja, ja, sagen wir auch mit einem gewissen Stolz, nicht wahr?
[00:38:54] Speaker C: Sagen wir auch mit einem gewissen Stolz. Ich denke mir bei aller bei aller Wichtigkeit des Umgehens mit mit der neuen digitalen Welt und mit mit KI und mit all dem was uns da ohne dies ein bisschen über den Kopf wächst, den also dieser dieser historische und in die Gegenwart und sicherlich in die Zukunft wirkende Traditionszusammenhang der allerbesten Traditionen, die da heißen Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit. Ja, ja, ja Geschwister, das sollten und dürfen wir nicht verlieren und wir sind im Moment dabei es zu verlieren.
[00:39:35] Speaker A: Wobei es gibt Hoffnung, ein Schimmer gar.
Ich höre viele amerikanische Podcasts in denen wir z.B. jetzt und mit uns meine ich Europa über den Klee gelobt werden, dass wir jetzt diesen Digital Ÿousand Act haben, als erste überhaupt dieses ganze Mysterium der Digitalität auch in irgendeiner Weise kontrollierend in den in den Griff zu bekommen. Nicht regierend, aber kontrollierend. Und da gibt es fortschrittliche Stimmen, die z.B. wenn es um ethische Ansätze geht, jetzt haben wir im Moment wieder eine Phase der Konglomerate, der Monopole, die ganz großen kaufen die noch nicht ganz so großen rigoros auf und bilden Abhängigkeiten, ja, dass die in Griff zu bekommen wären, z.B. mit dem kategorischen Imperativ. Ja. So, da haben wir es ja, was sie gerade gesagt haben. Also es sieht ganz gut aus, dass wir auch für diese globale Entwicklung aus Europa qua unserer Geschichte einen wesentlichen Teil beitragen.
[00:40:57] Speaker C: Ja. Und wie wir wissen, wie wir immer leidvollst erfahren haben über mindestens zwei Jahrhunderte, ein entgrenzter und deregulierter Kapitalismus, und sei es eben der digitale Kapitalismus, gehört reguliert, sonst laufen wir in gesellschaftliche Verwerfungen und Katastrophen. Das ist ein Punkt, den man sehr wohl aus der Geschichte der letzten beiden Jahrhunderte lernen kann und lernen muss.
[00:41:30] Speaker A: So, und jetzt kommt wessen Aufgabe? Ja, ist es zu 100 und mehr % die Aufgabe zweitausendein des institutionalisierten Staates, so wie 1774 Maria Theresia.
Wobei ich lese bei ihnen auch, dass viele Eltern damals gar nicht amused waren, als es hieß, die Kinder haben jetzt Ferien, die Kinder nichts mitfällt, die müssen sich erholen, eure Ernte macht ihr selber zweitausendein. Daraus ist ja, wenn ich ihnen richtig folge, sind ja diese langen Sommerferien so entstanden, oder habe ich das falsch?
[00:42:15] Speaker C: In etwa?
[00:42:16] Speaker A: Ungefähr.
[00:42:17] Speaker C: Ungefähr, ja. Weil natürlich sozusagen, du hast immer eine bestimmte Form der Entwicklung der Produktivkräfte. Die Eltern mussten unzufrieden sein, weil sie auf die Arbeitskraft der Kinder angewiesen waren. Die haben ja ihren Robot zu leisten gehabt, die haben ja abliefern müssen, ja, das waren ja keine Freien. Das heißt, es geht nicht, ohne sozusagen diese Umstände zu ändern, das heißt, ohne die Menschen freizusetzen, kann ich sie auch nicht entsprechend ausbilden, weil wenn Kinderarbeit notwendig ist für das überleben ganzer Gesellschaften, dann ist es schwierig zu sagen, okay, die Kinder kommen jetzt in die Schule und lernen was und irgendwann wird es ihnen besser gehen.
[00:43:02] Speaker A: Und jetzt bin ich bei dem ursprünglichen Thema, nämlich wessen Verantwortlichkeit ist es? Mittlerweile wissen wir ja, dass es töricht ist zu glauben, als Eltern die gesamte Verantwortung für die Ausbildung, Bildung unserer Kinder auf Kindergarten, Elementarschulen und dem Schulischen generell abzuwälzen. Das heißt, es muss einer Art Präkonditionierung stattfinden im Elternhaus, das Lernen zu akzeptieren. Damit habe ich schon Probleme mit diesem Begriff Lernen. Ja, die Auseinandersetzung, vielleicht die Neugier, das dagegen Sein, vielleicht das Dialektische. Sehe ich das richtig?
[00:43:51] Speaker C: Unbedingt, weil jetzt komme ich auf Glöckl zurück. Ja gut, die Annahme und die ganz starke, ich würde sagen, ideologische Prägung dahinter sogar war, dass wir den kritischen Menschen in der einen oder anderen Form nicht erzeugen, aber in seiner Entwicklung massiv fördern müssen. Das geht dann, wenn man zweitausendeinousand von den ursächlichen Bedürfnissen dieses Menschen ausgeht.
In den Glöcklschulen, die es ja in Wien einige gegeben hat, immer noch gibt. Und immer noch gibt. In den reinen, sozusagen gläubigen Schulen hat man ja sogar so etwas wie ein Schulparlament, das heißt, einmal in der Woche setzen sich die Kinder zusammen unter Anleitung des Lehrers oder der Lehrerin oder eben zweitausendein. Wenn es dann funktioniert, kann sich auch die Lehrperson zurückziehen. Eine Art Parlament.
[00:44:53] Speaker A: Fantastisch.
[00:44:54] Speaker C: Und eine Art Debatte drüber, was wollen wir jetzt lernen, was ist gerade im Moment ist gerade Europameisterschaft oder es ist, ich weiß nicht was, Weizenjante oder was auch immer, da setzt man an.
[00:45:10] Speaker A: Und das bedeutet doch aber auch, dass die fortschrittlichen Kräfte, die ja nicht aufgehört haben zu wirken und nachzudenken und auch umzusetzen, wie z.B. dann die radikalen antiautoritären Ansätze 68, einer unserer eher dunkleren Flecken damals mit Summerhill, sie erinnern sich, das Experiment und so weiter, auch sein dürfen in einer fortschrittlichen, aufgeklärten Gesellschaft. Das leisten wir uns, sage ich mal, ja, um 20 Jahre da auch mit voller Kraft zu sagen, ja, macht mal, versucht mal, um dann aber auch die Eier zu haben, so Leute, das funktioniert nicht, danke für den Ansatz, wir nehmen einiges davon mit, ja, aber jetzt machen wir es wieder, wie wir es gehabt haben. Ist das gemeint? War das, war das gemeint von Glöckli?
[00:46:08] Speaker C: Ich glaube der Sukus auch von dem, was sie jetzt verdienstvollerweise geschnitten haben, weil es gehen ja diese Experimente auch teilweise massiv schief.
[00:46:19] Speaker A: Eben.
[00:46:20] Speaker C: Und aber wir lernen im Vorwärtsgehen, ja. Also das heißt, wir lernen du, wir lernen aus den, aus der konkreten Dialektik der historischen Abläufe, sage ich jetzt einmal als Phrase, aber wir lernen in der Auseinandersetzung. Und das ist ganz, ganz wesentlich und zentral. Und wenn es in irgendeiner Form, nicht nur in Österreich, in ganz vielen Ländern ist die Bildungspolitik umstritten, kompromissbeladen, eigentlich stagnierend und all das.
Es gehört, sie haben recht, es gehört ein starker institutioneller Staat, der tatsächlich auch sozusagen normgebend sein kann, aber es gehört natürlich die demokratische Praxis, und die ist schwierig, ja, und kann eigentlich nur im konkreten Ablauf und im konkreten Experiment passieren.
[00:47:22] Speaker A: Ja, das ja alltäglich passiert. Das ist ja immer noch ein Experiment. Nehmen wir mal alle diese Kräfte zusammen. Es geht ja nicht nur um die Schülerinnen und Schüler, sondern vor allem auch um das sogenannte Lehrpersonal, um diese grundsätzlich leidenschaftlichen Menschen. Ich glaube nicht, dass es aber auch nur eine Lehrerin gibt, die in diesem Berufsstand jetzt vor allem mit all der Erfahrung und dem Wissen, was wir haben, auch von dem, was so jemanden erwartet, wirtschaftlich, belastungstechnisch, familiär etc.
Einsteigt in diesem Beruf, ohne nicht wirksam sein zu wollen. Leidenschaftlich wirksam. Leidenschaftlich zu lehren. Ich habe mit einigen gesprochen, auch in meinen Radiosendungen damals, und es lief alles darauf hinaus. Es geht bei dem Beruf, ich übertreibe, ich provoziere vielleicht wieder ein wenig, nur darum, wie lange du durchhältst, bis auch das letzte, %, die letzte Faser deiner Leidenschaft gekillt ist vom System.
Gehen wir doch ganz kurz zurück und sagen, wie ginge es denn den Lehrerinnen unter Maria Theresia? Wer war für die verantwortlich? Wie lief das?
[00:48:46] Speaker C: Es ist, wie gesagt, ein Nukleus, es ist ein System im Entstehen. Sehr häufig ist es, was weiß ich, der Messner von der Vorkirchen oder irgendetwas, der irgendwie, der in dem Fall die Schüler irgendwie zusammen.
[00:49:01] Speaker A: Wer wollen hat, hat dürfen.
[00:49:03] Speaker C: Ja, wer wollen hat dürfen oder wer.
[00:49:05] Speaker A: Können hat, können hat und gewollt hat.
[00:49:11] Speaker C: Es entwickelt sich, wie gesagt, sehr retardierend, sehr langsam, sehr wieder zweitausendein sprüchig, bis wir sozusagen wirklich tatsächlich auch die Gebäude haben und die Institution als solche sich verfestigt. Immer, immer in Österreich unter massiver Mitwirkung der katholischen Kirche, die das Schulwesen längste Zeit massiv dominiert hat.
Ich denke mir aber, um auf die Idee zu kommen, dass es ein unglaublich engagiertes Personal braucht, das einerseits an den institutionellen Schranken scheitern kann oder zum großen Teil auch scheitern wird, das andererseits eine unglaubliche Empathie und Leidenschaft aufbringen muss, das auch mit gewissen gesellschaftlichen Vorteilen umzugehen hat. Und zu sagen. Dieser Halbtagsberuf oder so.
[00:50:10] Speaker A: Drei Monate Urlaub.
[00:50:12] Speaker C: Ja, ja, und lauter so Schwachsinn. Also das ist ein Beruf, der den ganzen Menschen fordert. So ist es, massiv fordert.
Und einer der schwersten Berufe überhaupt. Aber es gibt Gott sei dank diese Leidenschaft und ich denke mir, die wird auch nicht einfach umzubringen sein.
[00:50:33] Speaker A: Aber uns so einfach drauf zu verlassen, ist auch nicht der richtige Weg. Wir müssen denen helfen, sonst macht es keiner mehr irgendwas. Ja. Und da setze ich jetzt an und sage, 250 Jahre, es muss sich etwas getan haben.
Warum haben wir immer noch diese massiven Probleme? Warum passen wir nicht auf, dass nicht neue dazu kommen, wie eben nicht mehr deutsch sprechen könnende Klassen. Ich hoffe ich habe das jetzt politisch korrekt ausgedrückt. Ja, sprich Integrationspolitik und so weiter. Was passiert uns da denn regelmäßig? Und jetzt provoziere ich nochmal und sage, ist uns das eigentlich nicht, sind wir schon so kapitalistisch vereinnahmt, dass wir sagen, wurscht, ich bin so aus mir geworden und jetzt sollen die das auch so machen?
[00:51:44] Speaker C: Problemaufriss und die Antwort ist schwierig, weil wir in einer Zeit leben, die auf radikale Individualisierung und auf ein Aussterben der Kritik und der Debatte und des Diskurses hinläuft. Das ist ein wesentlicher. Ich sag ihn jetzt schon wieder. Das ist ein wesentlicher Punkt.
[00:52:05] Speaker A: Das ist der Wahse. Ja, aber er stimmt ja ausnahmsweise.
[00:52:09] Speaker C: Ein zentraler, ein zentraler Punkt, dass ja natürlich diese Leitmedien der neoliberalen Revolution seit den er Jahren einem wirklich unvorhersehbare Individualisierung gebracht haben. Ja, sie haben eine Mobilisierung von Kapital und Mensch gebracht in nie zuvor gekannten Ausmaß. Das heißt, wir haben jetzt wirklich Elementarschulklassen oder auch in der neuen Mittelschule oder wo auch immer, wo kein Deutsch mehr gesprochen wird, aber es eine Vielzahl von Sprachen aufeinander trifft. Eine wunderbare Chance. Aber man kann die Lehrer damit nicht, die Lehrerinnen damit nicht allein lassen. Das geht nicht. Ich meine, man kann auch nicht sämtliche Verantwortung sozusagen, was Erziehung betrifft oder sonst was auslagern. Das geht alles nicht. Das ist ein organisches Ganzes und als solches sollte es begriffen werden.
[00:53:15] Speaker A: Wo wäre der richtige Ansatz, Professor Marathana? Wo in der Elementar mag er nicht.
[00:53:27] Speaker C: Da kann man weit in die Irre gehen um die richtigen Ansätze. Aber sie haben es kurz jetzt anklingen lassen. Natürlich müssen wir in den Elementaren.
[00:53:39] Speaker A: Ganz kleinen, ganz kleinen.
[00:53:41] Speaker C: Natürlich, unser Hochschulsystem ist gut, ja, unsere ÿousand höherbildenden Mittelschulen oder Gymnasien oder wie immer sie gerade heißen, sind durchaus nicht die schlechtesten.
Das Hochschulwesen, wie gesagt, ist eines der besseren in Europa, auch weil es noch immer öffentlich ist, Zugang noch immer nicht privatisiert wurde. Es ist eine unglaubliche Errungenschaft, aber aber sozusagen das Wesentliche, das Eigentliche, das Substanzielle, das muss in den frühen Jahren gelegt werden.
[00:54:28] Speaker A: Ja. Darf ich hier noch mal kurz einhaken bei der Errungenschaft, nur um der Fairness die Ehre zu geben. Wenn wir jetzt in der vergangenen H sage ich mal etwas überspitzt ein institutionelles Bashing veranstaltet haben und immer wieder an die Verantwortlichkeiten erinnert haben, müssen wir sagen, dass die Tatsache, dass die Bildung immer noch jetzt größtenteils gratis und somit für alle gleichsam erreichbar ist, was ja nicht immer so war. Ich erinnere uns an unseren letzten Podcast miteinander, als wir ihre ganz persönliche Geschichte erzählt haben, die sie ja auch aus einer Gegend kommt, dass meine Güte, so alt sind wir ja noch nicht, aber dass das damals immer noch etwas sehr außergewöhnliches war, dass ein junger Mann wie sie aus einer kleinen Gemeinde auf die Universität gehen konnte. Das war. Wann war das?
[00:55:34] Speaker C: Er das ist in der ersten Hälfte er Jahre. Und es war nicht so sehr sogar ein materielles Problem. Das war auch, aber es war ein mentales Problem. Die Idee, dass man aus so einer sozialen Herkunft und das geht ganz, ganz vielen Menschen so, dass man mit dieser sozialen Verankerung, mit dieser sozialen Herkunft eine Hochschulbildung durchlaufen könnte, das war etwas, dieses Bewusstsein musste sich erst formen und wir waren sozusagen Pilotprojekte.
[00:56:10] Speaker A: Ja, ja, ja. Und schau, was draus geworden ist. Ja, ja, sie ist Anna, das ist schon, das ist schon erste Sahne. Hat sich da jetzt dann nicht auch durch etabliert, dass Bildung nicht aufzuhalten ist, insofern, wenn es versucht wird, Bildung zu instrumentalisieren, zu politisieren, dass möglichst wenig aufgeklärte, kritische Geister erzeugt werden, die natürlich dann auch die regierenden zweitausendein infrage stellen, ob ihrer Intellektualität, ob dessen, was sie gelernt haben, auch eben gerade in der viel besprochenen dialektischen, geistigen Vorgangsweise.
Das ist ein für alle Mal erledigt. Schule verhindern, Bildung verhindern wird nie mehr wieder sein. Richtig?
[00:57:08] Speaker C: Ich hoffe sehr, ja, ich hoffe sehr. So wie es im Moment ausschaut, haben wir ja einen einen durchaus hohen Standard erreicht, der allerdings aus vielen Gründen und vielerlei Ursachen gefährdet ist. Mir ist jetzt gerade, wie wir das so durchgehen, eingefallen, dass es das ist das Konzept eines Otto Bauer in der Zwischenkriegszeit parallel zu Glöckl war, der gesprochen hat von einem Kulturwillen. Ja, wir müssen den Kulturwillen erwecken, um, sollten wir der eins sozusagen in politische Verantwortung zu kommen, diese auch wirklich wahrnehmen zu können, in demokratischen, in humanitären, im emanzipativen Sinne. Und das glaube ich, muss man von Bildungssystemen auch heute noch oder heute mehr wieder einfach einfordern.
[00:58:15] Speaker A: Also von den für mich ausmachbaren vier Shareholdern, diese Geschichte, da haben wir die Eltern, da haben wir die Kinder als Schülerinnen und Schüler, da haben wir die Lehrerinnen und Lehrer und dann haben wir die Politik natürlich, ja, von denen kann ich mal meine Hände ins Feuer legen für das Lehrpersonal, um diesen furchtbaren Ausdruck nochmal zu bemühen, die wirklich, wirklich wollen und sehr, sehr oft einfach nicht können. Bei den Eltern sehe ich es grundsätzlich auch so, da sind natürlich sehr viele Verlockungen, nicht. Und das hat auch kapitalistische Gründe natürlich, weil die Ablenkungen zweitausendein so virulent sind, dass man sagt, da soll sich die drum kümmern. Ja, mit allem Ungemach, was mir die Lehrerinnen erzählen, dass sie sich nicht mal jetzt mehr trauen dürfen, schlecht zu benoten, weil dann ist der Vater sofort quasi mit geballter Faust im Lehrerzimmer. Wo ist die? Ja, so, aber ich finde, das ist alles überwindbar mit der richtigen Politik. Da sind, da bin ich mir jetzt nicht mehr sicher, ob der Wille, der ungebrochene Wille dazu immer noch da ist. Sollten wir das Lösungsvorschlag aus den Händen der Länder wieder rauslösen und zentralisieren?
[00:59:55] Speaker C: Ein Drama, ein Mini Drama ist, dass es bei uns zu viele bürokratische Zuständigkeiten gibt. Es gibt gibt Landesschulen, es gibt Bundesschulen, es gibt städtische Schulen, es gibt alles mögliche.
Es ist überhaupt das Drama des Kleinstaates sozusagen kein zentralistischer, sondern ein föderalistischer Staat zu sein. 9 Millionen Einwohner und neun Bundesländer.
Das hat aber seine historischen Gründe und die Entwicklung ist so. Und sie ist ja auch nicht schlecht.
[01:00:27] Speaker A: Nein, nein, generell ist sie nicht schlecht. Ich versuche nur Ansätze zu finden, wie wir dahin kommen. Zum Schluss noch mal zu diesem ja, Reformer ist fast ein Schimpfwort für diesen großartigen revolutionären Geist Glöckl zu kommen. Es gibt Glöckl Schulen nach wie vor namentlich, ob jetzt die Glöckl Doktrin so konsequent noch dort gelehrt werden, sei dahingestellt. Es gibt aber auch Karl Popper Schulen. Also da ist was weitergegangen kurz nach Glöckl. Ja, also es wurde schon auch, ist ja mit ihm nicht gestorben. Wäre Glöckl heute glücklich, ganz zufrieden mit seinem Werk oder würde er sich im Grab umdrehen?
[01:01:25] Speaker C: Ist vielleicht der Hinweis darauf denkbar in dem Zusammenhang, dass man das Schicksal Glöckis nach der Demontage seiner Reformansätze, also in den Jahren drei und dreiig bis fünf und dreiig erwähnt.
Glöckl ist nach den Ereignissen des zwölfter Februar, so wie jeden anderen Tag auch am dreizehnter Februar in den Staatsschulrat gegangen, war als Staatsschulratspräsident und wurde dort verhaftet, ins Polizeigefangenenhaus eingeliefert, wo er zweitausendeinundzwanzig mehrere Wochen zu verbringen hatte. Vorwurf Hochverrat. Dann ins anhaltelager Wöllersdorf, eine Form, wie man immer sagt, von milden KZ Großvater beispielsweise war in Wöllersdorf sehr viel Kontakt mit Göckl gehabt, hat er mir so zumindestens mitgegeben auf meinem Weg und daher und ist schwer erkrankt.
Nach allen zeitzeugen Schilderungen, die wir haben, war das, weil das Dorf also keine Erholung sein und war schon schwer herzkrank, ist dann freigestellt worden, hat versucht, seine Memo anzuousand vervollständigen oder abzuschließen und zum Schluss geschrieben, sollen sie doch machen, was sie wollen. Wir wissen, wie der Weg gehen würde.
Und ich glaube, so würde er.
[01:03:19] Speaker A: Das ist ein bemerkenswerter Satz, weil ja doch in seiner Einfachheit, im ersten Hören würde man sagen, okay, das ist eine Kapitulation.
Ist es aber nicht. Das ist das nicht. Sollen sie doch machen, was sie wollen. Sie können uns ja. Und den Lauf der Zeit nicht aufhalten.
[01:03:44] Speaker C: Nicht aufhalten. Und sie können den Geist nicht töten.
[01:03:46] Speaker A: So ist es. Schöne Schlussworte. Vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit. Danke für Ihre Arbeit. Grüßen sie all jene, die sich nach wie vor über diese wichtigen Themen Gedanken machen. Ich bin auf, bin ganz glücklich und stolz eingeladen, beim diesjährigen Ball der Lehrerinnen in Wien kurz aufzutreten, ein bisschen Randale zu machen. Ja, und mit ihrer Erlaubnis werde ich sie von ihnen grüßen.
[01:04:15] Speaker C: Danke vielmals.
[01:04:16] Speaker A: Ich danke ihnen.
Die Arbeiterkammer Niederösterreich hat eine neue App, die AK Blitz App, ab sofort zum Downloaden. Bleiben sie am Laufenden, erhalten sie alle relevanten Informationen. Und sie wissen ja, noch nie war es so wertvoll zu wissen, wo man seine Informationen her hat. Die AK Blitz App ab sofort zum Downloaden. Das war der Montalk, Chefredaktion Susanne Karner, Redaktion Mario Gattinger und Carina Karas Strass, Christoph Baumgarten, Faktenbox Bettina Scharpschneider, technische Leitung Stefan Dangl, Administration Christina Winkler. Am Mikrofon Alexander Goebel Ÿousand.