Episode Transcript
[00:00:01] Speaker A: Man wollte niemanden zu einem kritischen Denker erziehen. Das Gegenteil war der Fall.
[00:00:07] Speaker B: Ich habe als Kind noch in den Trümmern und in den Bunkern gespielt.
[00:00:13] Speaker A: Jeder Tag Krieg wirkt mindestens 80 Jahre.
[00:00:17] Speaker C: Nach.
[00:00:26] Speaker B: Montalk Wissen, was Sache ist.
[00:00:36] Speaker D: Zum Thema der heutigen Podcast Episode Kinder des Krieges haben wir eine Zeitzeugin befragt.
Anna, geboren am 13. Juli 1934 im Waldviertel, erzählt von den Erlebnissen und Eindrücken ihrer Kindheit während des Zweiten Weltkriegs. Eine persönliche Erinnerung an eine sehr herausfordernde Zeit.
[00:00:58] Speaker E: Uns waren fünf Kinder zuerst drei Mädchen, eines gestorben.
Die letzten zwei Buben sind dann in der Kriegszeit geboren.
Vater hatte Aufsichtsdienst bei Gefangenen.
Er konnte bis zum Schluss ziemlich dort arbeiten. Dann wurde er befördert. Er muss auch sofort dein Rücken.
Viele Soldaten haben sich schon in den Wäldern versteckt. Er traute sich nicht.
Das letzte Mal war Vater zu Hause bei der Taufe von Josef.
Zum Schluss musste auch er noch an die Front.
Am Weg zum Postauto begleitete ihn Mutter ein Stück und er schaute immer zurück und weinte bitterlich. Mutter, Mutter, Ignaz, geh. Du kommst ja zum Postauto. Zu spät.
Er verabschiedete sich. Er traf einen Kollegen, der mit dem wieder in die Front fuhr.
Er sagte zu Ich kann dir sagen, ich habe so das Gefühl, heute war ich das letzte Mal zu Hause bei meiner Familie und meinen Kindern. Was sollen die machen, wenn ich nicht mehr heimkomme? Und dann ging es an die Front.
Wir wissen nicht einmal, was mit ihm war. Er kam nicht mehr nach Hause. Er schrieb noch einen Brief. Sie müssen einen Fluss überqueren. Vater war kein guter Schwimmer.
Vielleicht ist er ertrunken oder gefangen genommen worden. Mutter war dann allein mit uns fünf Kindern. Das war eine schwere Zeit, auch in der Schule. Der Fliegeralarm, die ganze Klasse, wenn die Sirene heute, musste in den Luftschutzkeller.
Manche weinten, manche nahmen es leichter.
Und am Heimweg von der Schule waren oft die Flieger unterwegs, die einen lauten Lärm machten und uns über unsere Häuser flogen. Wir bekamen große Angst und fingen an zu laufen. Wenn wir nach Hause kamen, konnten wir nicht einmal unser Essen einnehmen. So müde und so fertig waren wir.
Wir mussten schon der Mutter fleißig bei der Arbeit helfen.
Mutter stand oft am Fenster und wartete und wartete. Doch Vater kam nie wieder heim.
[00:03:38] Speaker B: Danke, Oma Anna und danke an alle Großmütter und Großväter dieser Welt. Und sie mögen sich jetzt besonders angesprochen fühlen von diesem Montalk, denn es geht um Kinder des Krieges. Das ist die aktuelle Ausstellung im Haus der Geschichte in St. Pölten. Es geht um Kinder im Krieg. Was macht der Krieg mit Kindern?
Wie gehen sie ihr Leben lang damit um? Und vor Wie wichtig sind wir Erwachsenen für Kinder in solchen Situationen? Doch zuvor unsere Faktenbox wie immer mit Bettina Schabschneider.
[00:04:17] Speaker D: Kinder waren ein willkommenes Motiv für die Propaganda des Dritten Reichs. Die Hitlerjugend HJ war ab 1936 per Gesetz die einzig erlaubte Jugend und Nachwuchsorganisation der NSDAP für alle Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren. In der sogenannten erweiterten Kinderlandverschickung verbrachten über zwei Millionen Kinder des Deutschen Reichs Wochen oder Monate bei Gasteltern.
1,5 Millionen Kinder wurden im Holocaust von nationalsozialistischen Deutschland und dessen Kollaborateuren ermordet.
Kinder mit geistigen Behinderungen wurden im Rahmen der sogenannten Kinder Euthanasie begutachtet und ermordet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen in Österreich mindestens Besatzungskinder auf die Welt.
Ausstellung Kinder des Krieges im Museum Niederösterreich, Ö RadioColleg, United States Holocaust Memorial Museum, Demokratiewerkstatt und Wien Geschichte Wiki.
[00:05:17] Speaker B: So und nun zu unseren Studiogästen. Es sind dies Maren Sacherer und Andrea Thuile.
Sie sind die Kuratorinnen der aktuellen Ausstellung im Haus der Geschichte in St. Pölten mit dem Titel Kinder des Krieges. Und als ich davon erfuhr, hatte ich ein wenig Angst vor diesem Podcast. Echo Wissen Kinder im Krieg grausam, furchtbar. Aber ich bin so froh, dass wir diesen Podcast gemacht haben, weil ich habe so viel gelernt.
Und auch die beiden Kuratorinnen haben das im Podcast noch mal klar gemacht, dass sie ein völlig neues Bewusstsein zu diesem Thema Kinder im Krieg durch die Arbeit an dieser Ausstellung erlebt haben. Und wenn das Historikerinnen sagen, dann ist das schon schwergewichtig.
Also hier sind Maren Sacherer und und Andrea Thuile live im Montalk.
Hallo ihr Lieben.
[00:06:20] Speaker A: Hallo, danke für die Einladung.
[00:06:21] Speaker B: Gut, habe ich das jetzt alles richtig ausgesprochen? Ja, Thuile und Frau Sacherer.
OK, gut.
Wie haben wir uns eigentlich, die wir so mit dem Everyday Procedure in einem Museum. Nicht viel am Hut haben, vorzustellen, wie denn das Kuratieren und vor allem das Kuratieren im Haus der Geschichte vor sich geht? Hat irgendjemand eine Idee? Legt das vor. Wie viel seid ihr denn?
[00:06:52] Speaker C: Ja, ich fange mal an. Also am Anfang steht natürlich eine Idee. Dieses Jahr hat sich auch das Jahr der Zeitzeugenschaft gejagt, Das ist auch 80 Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und da lag das Thema Zweiter Weltkrieg, Oral History, Zeitzeugen schafft etwas auf der Hand. Und da es aber noch keine Ausstellung zumindest in Österreich zu dem Thema gab, wir haben eigentlich Kinder, vor allem den Zweiten Weltkrieg erlebt, also gerade die Generation, die vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg groß geworden ist, dachten wir uns, das wäre doch einmal ein Ansatz, eine neue Perspektive, das zu betrachten. Und deshalb haben wir uns eben mit diesem Thema, wie sah das genau aus, aus Kindesaugen auseinandergesetzt Und der volle Titel heißt ja Kinder des Krieges aufwachsen zwischen 1938 und 1955 da steckt auch den Rahmen der Ausstellung.
[00:07:44] Speaker B: OK, also es geht noch zehn Jahre über das offizielle Kriegsende hinaus bis zum wirklichen wahrhaftigen Frieden, wenn man so will, per Dekret in Österreich 1955.
[00:08:00] Speaker C: Genau, bis zum Ende der Besatzungszeit haben wir uns diesen dieses Ziel gesteckt oder dieses Ende gesteckt und weil der Krieg hatte so viel Nachwirkungen auch gerade in diesen zehn Jahren während der Besatzungszeit auch und deshalb war das auch wichtig, das mitzunehmen und auch noch vor dem Zweiten Weltkrieg, ebenso die letzten Jahre der Schuschnigg Diktatur auch drin zu haben.
[00:08:24] Speaker B: Ja, Andrea, ist es denn erklärbar, warum Dies, ich meine 2025 die erste Ausstellung ist, die sich dezidiert mit Kindern im Krieg befasst?
Was ist mit der Zurückhaltung der Kolleginnen in den anderen Häusern? Habt ihr da an eine Art Tabu gerüttelt?
[00:08:53] Speaker A: Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde, das jetzt 2025 noch ein Tabu zu nennen. Ich kann jetzt auch nicht so genau sagen, warum bis jetzt niemand auf die Idee gekommen ist. Es wurde schon viel gemacht, es wurde viel geforscht, es wurde viel geschrieben, es gibt schon viele Menschen, die sich für dieses Thema interessiert haben und da auch viel dazu gearbeitet haben. Wir haben uns halt eben gedacht, wir bringen das Ganze mal in Form einer Ausstellung.
Und natürlich kann man an dieser Stelle schon erwähnen, dass generell der Zweite Weltkrieg in Österreich jahrzehntelang tabuisiert wurde und plakativ gesagt unter den Teppich gekehrt wurde und dass somit auch den Menschen die Möglichkeit nicht gegeben worden ist, ihre Erfahrungen zu teilen oder über das zu sprechen, was sie erlebt haben.
Aber jetzt geht es ja wirklich um die Kinder und Jugendlichen dieser sogenannten Tätergesellschaft, die natürlich eine eigene Perspektive und eine ganz eigene Erlebniswelt mitbringen.
[00:10:07] Speaker B: Ja, die Ausstellung ist ja sehr mannigfaltig groß geraten.
Man kann viele unterschiedliche Aspekte, Perspektiven sehen zu diesem Thema, aber diese eine, die ja schon in der Überschrift und quasi im Kern der Aussage ist, nämlich Kinder im Krieg, wird ja sehr, sehr oft benutzt, um den Krieg in all seiner Grausamkeit, als bräuchte es da noch einen Booster darzustellen, um auch eine Gegenhaltung zum Krieg zu provozieren.
Aber es hat bis jetzt noch keinen Krieg verhindert.
Was ist da los als aufgeklärte Gesellschaft wirklich die Kinder, Egal, Krieg ist Krieg. Habt ihr da im Zuge der Arbeit eine Erkenntnis gehabt?
[00:11:08] Speaker A: Naja, das ist vielleicht eine zu große Anforderungen an, sagen wir mal uns Historikerinnen oder Menschen, die auf diesem Bereich arbeiten, dass das, was wir machen, Krieg verhindert.
Ich glaube, es gibt da sehr viele Menschen im Bildungsbereich, in der Wissenschaft, in der Forschung, die sich dafür engagieren, die Erinnerung daran zu halten, weil, würde ich mal so sagen, wir daran glauben, dass das wichtig ist.
Aber was eine Gesellschaft dann daraus macht, das liegt letztendlich ja dann doch nicht in unseren Händen.
[00:11:45] Speaker B: Ich stelle jetzt einfach mal die Frage, die unbeantwortet ebenfalls unbeantwortet werden kann.
Glaubt ihr denn als Historikerinnen daran, dass wir hier bei uns nochmal einen Krieg erleben werden?
[00:12:08] Speaker A: Ist eine schwierige Frage an Historiker innen, weil wir keine Zukunftsforscher innen sind, was uns halt schon aufgefallen ist im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Thema. Und wir haben ja auch sehr viele Gespräche mit Zeitzeug innen geführt und man bekommt schon ein neues Bewusstsein dafür, was es heißt, im Frieden zu leben, was für uns einfach so selbstverständlich geworden ist. Aber eigentlich haben wir hier in Österreich die längste Friedensphase, die wir jemals hatten in der Geschichte. Und das, glaube ich, ist eine Perspektive, die wichtig ist. Es gibt auch gewisse Institutionen, die da eine Rolle spielen, die in letzter Zeit vielleicht sehr kritisch gesehen werden. Aber um einmal die EU zu erwähnen als ein großes Friedensprojekt für Europa, das sicher einen Beitrag dazu geleistet hat, dass es diese lange Friedensperiode überhaupt gegeben hat. Also wenn diese Ausstellung an etwas erinnert, dann ist es, dass man mit Demokratie nicht leichtfertig umgehen kann.
[00:13:18] Speaker B: Ja, und auch, um es mal konkret zu machen, der Besuch eurer Ausstellung ist ein proaktiver Beweis für jede einzelne Person, vor allem für die Kinder, die mitgenommen werden, dass uns der Krieg nicht egal ist, dass wir den Frieden nicht als Selbstverständlichkeit nehmen und dass jeder und jede dafür etwas tut und sei es in diese tolle Ausstellung zu gehen, um klarzumachen, nämlich am Ende, wenn es dann heiß Wie viele Menschen waren dort, wie viele Menschen letztlich bereit sind, auch dafür auf die Straße zu gehen, wenngleich sie nicht demonstrieren am Weg zu euch. Aber immerhin sehe ich das richtig? Ist das eine Manifestation, eine Antikriegsmanifestation?
[00:14:09] Speaker C: Die Ausstellung lädt auf jeden Fall dazu ein, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und dass man auch sieht, dass auch vor 80 Jahren Kinder unter dem Krieg litten und dass das sehr, sehr lange nachwirkte. Und dass aber auch bei jüngeren Kriegen, also Kriegen in der jüngeren Vergangenheit, das ja auch. Also Krieg hat immer sehr lange Nachwirkungen und immer dieses Hineinversetzen auch für Kinder aus der heutigen Generation, die Krieg zum Glück vielleicht noch nicht erlebt haben, weil sie zum Beispiel in Niederösterreich aufgewachsen sind, dass sie auch verstehen, was das für Nachwirkungen hat und dass das nichts ist, was man so wegstecken kann und vielleicht auch Empathie fördern kann gegenüber Kindern, die aus Kriegsgebieten geflüchtet sind.
[00:14:51] Speaker A: Bravo.
[00:14:52] Speaker C: Also dass man hier auch mehr Verständnis aufbringen kann.
[00:14:54] Speaker B: Ja, vielleicht auch als Gegengewicht zu vielen Videogames etc. Die Krieg zum Inhalt haben.
Niemand will den Kids wegnehmen, aber man muss ihnen klarmachen, das ist Fake, das ist Digitale, das ist Storytelling. Und der Krieg selbst ist aber etwas grausam Reales.
[00:15:14] Speaker A: Richtig, genau. Und wir haben versucht, das in der Ausstellung so persönlich wie möglich zu gestalten, weil gerade Kinder und Jugendliche jetzt mit Zahlen und Statistiken nicht so viel anfangen können. Deswegen haben wir ganz stark über persönliche Objekte gearbeitet. Also wir haben einen Sammelaufruf gemacht vor der Ausstellung und die Leute gebeten, die in dieser Zeit Kinder waren, uns die Objekte zur Verfügung zu stellen, die sie aus der Zeit aufgehoben haben und uns die Geschichte dazu zu erzählen. Und genauso haben wir eben in der Ausstellung auch Videos von den Zeitzeugen, Interviews, die wir geführt haben, damit man eben wirklich einzelne Personen vor sich hat. Man hat ein Gesicht zu diesem Kind, man hat ein Objekt zu diesem Kind und die Geschichte dazu.
Und ich glaube, dadurch fühlt es sich dann so real an, wie wir eben Geschichte real darstellen können.
[00:16:19] Speaker B: Ja, wir haben im Montalk eine Struktur, die da heiß Wir geben dem Moderator nicht alle Power dieser Welt, sondern auch die Redaktion setzt sich durch und gibt jedes Mal ihre Fragen zum Thema zu unseren Gästen durch. Ich fange mal an mit Susanne, unserer Chefredakteurin. Sie fragt an Obwohl die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges drei Generationen zurückliegen, schreibt sie, wirken sie laut Ausstellungstext noch heute nach? Wie manifestieren sich diese Traumata eigentlich noch heute? Zum Beispiel Aufwachsen ohne Väter, aufwachsen mit Vätern aus den Besatzungsmächten. Also da geht es vor allem um schwarze Kinder, nehme ich mal an, und die Ausgrenzung bestimmter Gruppen. Kommt das vor in der Ausstellung?
[00:17:24] Speaker C: Ja, also es gibt zwei Stationen. Das eine heißt auch wirklich zertrümmerte Familien, sorry, zertrümmerte Familien, wo es ja darum geht, dass entweder die Väter nicht oder aus dem Krieg zurückgekehrt sind und dann auch vor dieser, ja vor dieser Herausforderung stand, mit dem Trauma einerseits umzugehen, was ja auch oft verschwiegen wurde und dann wieder sich in ein Familienleben einzufügen, das sich verändert hatte und wo sie sich dann auch selber teilweise nicht mehr einfügen konnte, konnten auch wie man dann wieder mit den Kindern umgeht nach der Rückkehr. Und daran sind Familien gescheitert und Ehen zerbrochen teilweise. Teilweise sind die Väter aber zurückgekommen und es war scheinbar ging das Familienleben weiter. In den Familien, wo kein Vater zurückkam, war natürlich dann die Frage, wie geht es den Kindern damit? Wir haben so ein Objekt, das sehr berührend ist. Das ist eine Taschenuhr und ein Foto. Die sind von dem Vater eines Zeitzeugen, der von einem Schrapnell in die Brust getroffen wurde und er hat in der Brusttasche die Uhr und dieses Foto seines Sohnes. Und nach, also die Familie hat dann einen Brief erhalten mit dem Hinweis, dass der Vater umgekommen ist und zusätzlich haben sie diese Uhr, die angeschossen wurde und das Foto auch mit der Sullivat ist, erhalten. Und das ist für den Sohn bis heute einfach ein sehr mitnehmendes, eine sehr mitnehmende Erinnerung.
Jeder, der das in der Ausstellung sieht, empfindet das ja auch nach, wenn man die Durchlöcherung sieht.
[00:19:01] Speaker B: Die Uhr habt ihr, das Objekt ist da.
[00:19:04] Speaker A: Ja genau.
[00:19:06] Speaker B: Wahnsinn, super. Wie haben denn eigentlich die Leute darauf reagiert, dass sie vor der Kamera sich äußern mussten, dass sie überhaupt befragt wurden? Wie war die Bereitschaft mitzuarbeiten?
[00:19:20] Speaker C: Sehr groß. Also grundsätzlich kann man sagen, dass auch die Interviewpartner innen, zu denen wir Kontakt aufgebaut haben, die haben sich auch freiwillig großteils gemeldet oder Enkel haben sich angemeldet oder Kinder und wir haben natürlich angefragt und haben gesagt, ob wir denn vorbeikommen können mit einem Kameramann und einer Interviewperson und ein Kameramann dann dieses Interview führen können. Und es war eigentlich immer eine sehr nette Gesprächssituation. Die Leute haben erstaunlich viel geteilt. Sie haben auch oft gesagt, dass sie oft von den Enkeln gefragt werden, dass sie bereit sind, auch sehr viel zu teilen. Was aber sehr auffällig war, ist auch, wie roh die Erinnerungen dann doch wieder in dem Moment sind. Also manche haben öfters darüber geredet über die Erinnerungen aus dem Krieg, manche haben mit uns zum ersten Mal darüber gesprochen, aber generell wurde hier sehr viel hochgehoben, wenn man so möchte. Und das zeigt auch wieder, wie wenig im Grunde Aufarbeitung stattgefunden hat, auch im generellen Kontext. Denn nach dem Krieg wurde oft einfach totgeschwiegen, wurde einfach nur gesagt, man redet nicht drüber, denk an was Schönes und das hat seine Nachwirkungen.
[00:20:26] Speaker B: Maren, was haben Sie gemeint, als Sie jetzt gesagt haben, der Krieg wurde hochgehoben, glorifiziert?
[00:20:33] Speaker C: Nein, ich meinte, die Erinnerung wurde okay.
[00:20:36] Speaker B: Okay, ja klar, wir sind ja Weltmeister im Selbstzuschütten, was uns nicht taugt, das wird sublimiert.
Kompliment an euch, dass ihr offenbar die Menschen so habt mit Vertrauen erfüllen können, dass sie so reagiert haben.
Super.
Die Ausgrenzung bestimmter Gruppen nach dem Krieg.
[00:21:01] Speaker C: Ja, also genau das habe ich vorher noch nicht geantwortet. Auch die Ausgrenzung von Kindern, die von Besatzungssoldaten, also deren Väter Besatzungssoldaten sind, die hat stattgefunden. Also da berichten auch viele davon oder auch wenn die Väter Besatzungssoldaten waren, aber dann nicht da waren. Es war auch ein fehlender Vater und ein Besatzungssoldatenvater. Also das war dann oft auch eine andere Stigmatisierung. Und wir haben hier auch einen sehr auch wieder berührenden Fall von einer Zeitzeugin, die auf der Suche nach ihrem Vater, der aus Großbritannien war, eben versucht hat, Kontakt zu ihm herzustellen, einen anderen Mann mit dem gleichen Namen getroffen hat. Er hat ihm dann geholfen, den richtigen, unter anfänglich seinen richtigen Vater zu finden. Und als sie den dann getroffen hat, hatte sie die Bitte als erwachsene Frau, er möge ihr doch eine Puppe kaufen. Also diese Verbindung, die man versucht später wiederherzustellen nach all den Jahren, die teilweise gelingt, teilweise nicht gelingt, das war einfach sehr berührend. Auch zu hören und das ist auch sehr spannend, wie versucht wird, eine verlorene Kindheit wieder nachzuholen.
[00:22:08] Speaker B: Aber klug, es kommt mir klug vor, dieser Move von dieser Frau, dass sie das nicht als Kinderkram abgetan hat, sondern daran geglaubt hat, dass ihr das retrospektiv gut tut und zu einer Art Abschluss führen kann, oder?
[00:22:27] Speaker A: Ja, da merkt man halt auch, dass Kinder emotional irgendwie auch anders funktionieren als Erwachsene. Also für Erwachsene ist ja zum Beispiel in so einer Kriegssituation geht es vielleicht nicht in erster Linie um materielle Dinge, sondern in erster Linie mal ums Überleben und dass die Familie durchkommt. Aber wir haben ganz viele Puppen, Teddybären, Spielsachen von unseren Zeitzeug Innen bekommen, weil einfach das für die Kinder den größten emotionalen Wert hat und weil auch der Verlust von diesem ein ganz großer Verlust von Vertrauen, von Sicherheit, von Gewohn ist. Also ich kann schon nachvollziehen, dass sie dann eben als Erwachsene dachte, ein bisschen was davon will sie sich zurückholen, weil eben die Kinder emotional anders funktionieren.
[00:23:21] Speaker B: Ja, immerhin ein Happy End in dieser Story, sogar ein erweitertes mit quasi eineinhalb Vätern für diese junge Frau. Dann Susanne hat noch eine Frage.
Sie, Kinder und Jugendliche wurden vor und während des Zweiten Weltkrieges instrumentalisiert und zu gehorsamen Helferinnen und Unterstützerinnen des nationalsozialistischen Regimes erzogen.
Wie war denn laut eurer Recherchen, Andrea und Maren die Rekrutierung damals?
Also wie hat man diese Kinder überzeugt mitzumachen Und gibt es da sogar Parallelen in der Gegenwart in Europa vielleicht?
[00:24:13] Speaker A: Also im NS Regime wurde die gesamte Familie in den Dienst dieses Regimes gestellt. Also dieser Zugriff auf die Kinder beginnt schon über die Familie und vor allen Dingen über die Mütter, die ganz stark indoktriniert worden sind, sind in diesem Regime gesinnungstreue, gehorsame, disziplinierte Kinder heranzuziehen und von denen möglichst viele immer unter diesem Bedrohungsszenario, dass ansonsten die deutsche Bevölkerung aussterben würde.
Also das war die Aufgabe der Mutter, regimetreue Kinder heranzuziehen.
Und der Erziehungsstil war dementsprechend emotional kalt und streng und funktioniert über Strafen und Disziplinierung.
Also da fängt es schon mal an bei den allerkleinsten, könnte man sagen. Und dann hat natürlich das Regime auf die Kinder zugegriffen über die Schule. Also es wurde ja das Lehrpersonal dort ausgetauscht wo es unter Anführungszeichen Störfaktoren gab.
Man sagt gleichgeschaltet, es wurde der Lehrstoff vorgegeben, man wollte niemanden zu einem kritischen Denker erziehen. Das Gegenteil war der Fall.
Es ging in den Schulen auch ganz stark um eine körperliche Leistung einfach. Also was man gebraucht hat, waren gehorsame, starke, ausdauernde Soldaten für dieses Reich. Und die Mädchen wurden dahin erzogen, wiederum gute Mütter zu werden.
Und dann gab es natürlich die Vereine, die Hitlerjugend und der Bund Deutscher Mädel, die verpflichtend waren für alle Kinder und Jugendlichen, wo das System weiter genau so funktioniert hat und war schon eine ganz starke Militarisierung stattgefunden hat. Also von Uniformen und Aufmärschen und bis hin zum, dass die Jungen schon an den Waffen geschult worden sind, wurden die einfach von klein auf darauf vorbereitet, diesem Regime zu dienen.
[00:26:31] Speaker B: Also weil Susanne ja nach Parallelen gefragt hat, mir fällt schon eine auf, zwar nicht heimisch, sondern das, was jetzt gerade in den USA geschieht, also was Sie jetzt geschildert haben, der Austausch des Lehrpersonals, der Lehrpläne, diese auch Rekrutierung der ganzen Familien, die jetzt mit mager Hüten herumlaufen und so weiter, das scheint ein Blueprint, eine Art Konzept zu sein für präfaschistoide und faschistoide Entwicklungen. Wie politisch ist eure Ausstellung?
[00:27:14] Speaker A: Also zuerst einmal muss ich Ihnen zustimmen. Ja, und der Eingriff in das Bildungssystem und auch in die wissenschaftliche Welt sind auch meiner Meinung nach klare Anzeichen dafür, dass das System in eine faschistische Richtung geht.
Und das passiert ja auch dementsprechend. Das sieht man.
Die Ausstellung stellt diese Parallelen aber nicht offensichtlich her, weil diese Denkleistung würden wir dann doch gerne den Besucher innen überlassen, dass sie selber entscheiden können. Es sind ja auch alles mündige Menschen, was sie aus dieser Ausstellung mitnehmen möchten und was sie für Lehren für die Gegenwart daraus ziehen möchten.
[00:28:00] Speaker B: Klug, das ist ein psychotherapeutischer Ansatz. Wir sagen es ihnen nicht, was sie falsch machen sollen. Sie müssen draufkommen. Sehr gut. Das gefällt mir sehr, sehr gut. Absolut.
Unsere Bettina Schabschneider.
Was haben wir als Gesellschaft aus dem Umgang mit Kindern im Zweiten Weltkrieg gelernt, um heute betroffene Kinder aus Kriegsregionen besser oder sagen wir sensibler zu behandeln?
[00:28:33] Speaker C: Im Grunde aber das vielleicht schon ein bisschen vorweggenommen, aber im Großen und Ganzen, was wir gelernt haben nach dem Zweiten Weltkrieg wurde vieles eben verschwiegen und es wurde nicht aufgearbeitet und wir wissen, wie lange das jetzt nachgewirkt hat. Das heißt, was man wirklich aus den Gesprächen, aus unseren Zeitzeuginnen Gesprächen herausziehen kann, ist, dass die Aufarbeitung immens wichtig ist.
Dementsprechend würde es natürlich auch sehr von Bedeutung sein, wenn man einfach noch mehr Unterstützung anbietet, dass man einerseits natürlich sensibilisiert Kinder niederschwelligen Zugang auch zu zum Beispiel therapeutischer Hilfe anbietet, Aber ich finde persönlich auch das Umfeld auch sensibilisiert auf das, was passiert, dass man nicht nur sagt, jemand braucht Hilfe, um das Kriegstrauma vielleicht aufzuarbeiten, was ja auch ein großer langer Prozess ist, sondern auch um alle drumherum, zum Beispiel Schüler in der Klasse, die ein geflüchtetes Kind zum Beispiel aufnehmen, das aus dem Kriegsgebiet kommt, auch alle anderen zu empathischen Mitschüler innen zu erziehen. Und ich glaube, das ist sehr wichtig, weil wenn ich persönlich daran zurückdenke, wie das war, als wir bosnische Mädchen in der Schule aufgenommen haben, da waren wir weit weg von empathischen Mitschülerinnen. Und das würde mir heute aber wünschen, dass das mitgegeben wird.
[00:29:46] Speaker B: Ist doch interessant. Kinder kommen doch eigentlich von selbst nicht auf die Idee, jemanden auszugrenzen, nur weil sie oder er aus einem anderen Land kommen, wo jetzt Krieg geführt wird. Also das heißt, ansprechen sollten wir eigentlich.
[00:30:03] Speaker C: Die Eltern oder die Eltern, die Pädagoginnen natürlich, es wird hier eh schon viel gemacht. Ich glaube, es wird auch gar nicht so sehr das Kind dafür kritisiert, kritisiert, dass es aus einem Gebiet kommt, sondern dass es scheinbar vielleicht komische Verhaltensweisen hat und wenn dann keine Sensibilisierung stattfindet, warum das so sein könnte oder was eigentlich gerade da los ist, sondern man nur in den Nachrichten irgendeine andere Ansage hört.
Ich glaube, da wäre es einfach wichtig, dass man wirklich hier auf die Bildung pocht. Also im Grunde die Antwort ist wie meistens Bildung, Bildung, Bildung. Aber das wäre der Ansatz, den ich fände der Herr angebracht wäre. Und wo wir natürlich mit der Ausstellung versuchen einen Schritt zu gehen, wo die Vermittlung, also unsere Vermittlerinnen und Vermittler versuchen auch zu helfen, die Lehrer innen zu unterstützen.
[00:30:51] Speaker B: Also ich glaube aber zwischen den ern und heute ist schon sehr viel passiert in der Hinsicht nicht.
[00:30:58] Speaker C: Ja, ich glaube das auch Also wir versuchen auch, also ich habe mit teilweise unseren Vermittlerinnen und Vermittlern gesprochen, die versuchen auch immer am Anfang auch zu erfragen, woher eigentlich die ganzen Schülerinnen und Schüler einer Klassengruppe kommen, die sich die Ausstellung anschauen, um auch selbst ein bisschen zu sensibilisieren. Wie redet man, wie über was, wo kann man eigentlich Parallelen ziehen und wie kann man hier einen Zugang schaffen. Und man muss aber dazu sagen, wir haben auch spezielle Programme. Also die Ausstellung selbst ist eigentlich für Kinder, vor allem ab 13 Jahren gedacht. Da machen die das gerade in der Schule durch das Thema das zweite Mal kriegst und dann kann man das gut verknüpfen und kann vielleicht auch mit aktuellen Themen hier eine Verbindung schaffen.
Aber es gibt auch spezielle Ansätze für jüngere Kinder. Das ist aber auch sehr herausfordernd, da bin ich auch froh über unser geschultes Personal.
[00:31:46] Speaker B: Cool, sehr gut. Unsere Laura aus der Redaktion Angst vor Krieg.
Sie haben die Ausstellung so angelegt, dass auch Kinder, wir haben gerade drüber gesprochen, einen Zugang finden können.
Wie haben Sie den Ansatz gewählt? Wie erklärt man Kindern das Thema Krieg eigentlich?
[00:32:08] Speaker A: Ist eine schwierige Frage. Und wie meine Kollegin gerade schon gesagt, wir sprechen in erster Linie junge Menschen an, weil wir schon ein bisschen auf die Vorarbeit durch die Lehrer innen angewiesen sind, die einfach mehr Raum haben, um den ganzen einen Kontext zu geben.
Und dann bieten wir eben verschiedene Vermittlungsprogramme je nach Altersstufen an, wo dann mit den Kindern in der Ausstellung gearbeitet wird. Und auch da wird ganz stark mit den einzelnen Objekten und Zeitzeugenerzählungen gearbeitet, dass die Kinder sich möglichst einfühlen können in eine Kindheit, sagen wir einfach in einem Ausnahmezustand.
Und ansonsten aus kuratorischer Sicht muss ich dazu sagen, dass wir die Ausstellung so gestaltet haben, dass jedes Thema begleitet wird von einer lebensgroßen, bunten Illustration, die eine Szene aus der Zeit darstellt, die zu dem jeweiligen Thema passt und die da auch versucht, ein bisschen ein Gefühl zu vermitteln.
Grundsätzlich haben wir uns bemüht, die Ausstellung möglichst zugänglich für alle zu machen und haben die Texte auch in leichte Sprache übersetzt und bieten das auch an, um einfach eine möglichst breite Bevölkerungsschicht das Thema zugänglich zu machen, egal wo der Wissensstand gerade ist.
[00:33:44] Speaker B: Liegt hier nicht, meine damen Kuratorinnen, auch vielleicht eine kleine Antwort auf die Tatsache, dass viele Menschen nach wie vor nicht bereit sind, über den Krieg zu sprechen, schon gar jene, die ihn erlebt haben und schon gar mit Kindern und Enkeln und Urenkeln etc. Dass wir auf eine sehr verquerte Art und Weise glauben, die Kinder schützen zu können vor dieser Grausamkeit, wenn wir sie nun denn so darlegen, wie sie nun einmal ist oder war, Gott sei Dank, dass wir sie verstören. Was ratet ihr uns denn als Eltern?
[00:34:31] Speaker A: Es ist ein Thema, das uns dauerhaft begleitet, wenn wir eine Ausstellung vorbereiten.
Welche Bilder möchten wir zeigen? Welche kann man zeigen, Welche muss man zeigen, weil man möchte, wie sie richtig gesagt haben, das Publikum nicht verstören, weil wer verstört ist, verschließt sich emotional und ist nicht mehr bereit, Wissen aufzunehmen. Das ist nicht, was wir möchten.
Und da wägen wir wirklich bei jedem Bild immer ab und überlegen, ob wir das zeigen möchten oder nicht. Also das ist ein Gedanke, der uns immer begleitet, auch im Hinblick gerade auf junge Menschen. Gleichzeitig wollen wir die Geschichte nicht beschönigen und nichts verschleiern. Also das ist so ein schmaler Grad, den wir versuchen hier zu gehen.
[00:35:19] Speaker B: Ja, ich habe es auch gerade so empfunden. Schock ist keine Therapie, richtig?
[00:35:24] Speaker A: Nein, nein, nein, das ist ein riesen Schock.
Hat pädagogisch keine positiven Effekt. Also wir möchten, dass die Menschen empathisch bleiben und zugänglich für die Geschichten, die hier erzählt werden, weil sie dann etwas mitnehmen werden.
[00:35:43] Speaker B: Ich habe jetzt mal an euch beide eine Frage, die mich beschäftigt hat als Sohn, als Vater seit zwei Wochen, auch als Großvater, nämlich die Hintergründe des Krieges, der Kriege, gerade aus geschichtlicher Perspektive. Wie erklären wir den Kindern heutzutage, wo kommt Krieg überhaupt her?
Wer fängt das an? Wer befiehlt das? Ist das ein Thema? Wie gehen Historikerinnen damit.
[00:36:30] Speaker C: Sie merken eine schwierige Frage?
[00:36:32] Speaker B: Ja, aber ich liebe diese Nachdenkpausen von euch. Das macht mich sicher, dass ihr wirklich viel, viel nachdenkt, auch beim Kuratieren.
[00:36:41] Speaker A: Naja, wir haben natürlich, also man kann halt auch nicht Krieg mit Krieg vergleichen. Also ist meine Meinung, man muss auch jeden Krieg einzeln anschauen in seiner Entstehungs.
[00:36:52] Speaker B: Aber es sind immer Menschen.
[00:36:54] Speaker A: Es sind immer Menschen, aber es sind immer Dynamiken, die sich da entwickeln. Und ich glaube, man kann etwas daraus lernen, wenn man sich diese Dynamiken anschaut und die Strukturen, die da bestehen und die Gesellschaften, die davor da waren.
[00:37:11] Speaker B: Ist es nicht auch so, dass jede dieser Dynamiken letztlich aufhaltbar sind und zwar je früher, desto besser. Richtig.
[00:37:26] Speaker A: Also.
[00:37:29] Speaker B: Im Sinne von wäre, denn ich.
[00:37:31] Speaker A: Dachte, was wäre, wenn Fragen sind halt für uns schwierig.
[00:37:36] Speaker B: Die Historikerin das lernt ihr in der ersten Vorlesung.
[00:37:42] Speaker A: So arbeiten wir ja nicht. Wir schauen uns nur an, was war.
Aber ja, wir glauben daran, dass es Momente gibt, wo die Alarmzeichen sind und dass es Momente in der Gegenwart gibt, die alarmierend sind und wo es durchaus einen Unterschied macht, ob eine Bevölkerung darauf reagiert und wie sie darauf reagiert.
[00:38:05] Speaker B: Ja, und dass sie überhaupt sich eine gesellschaftliche, menschliche, empathische Sensibilität erhalten hat, diese Vorgänge, diese Dynamiken mitzubekommen und dann auch aufrecht genug ist, darauf zu reagieren, selbst wenn sie das zu verhindernde nicht in aller Konsequenz verhindert haben, wie die Geschwister Scholl und die Stauffenbergs und die Menschen, die dagegen waren. Aber das geht jetzt über das Thema hinaus. Ich frage mich ja sowieso, wie viel können wir Kinder belasten mit diesem Thema.
[00:38:54] Speaker C: Vielleicht passt da auch dazu, dass einerseits dieses Verschweigen am Ende des Krieges war ja auch teilweise, könnte man vielleicht mutmaßen, auch zum Schutz der Kinder. Also ich glaube, manche Eltern wollten auch die Kinder damals schützen.
Aus heutiger Sicht würde man aber sagen, im Grunde haben sie das Trauma damit nur begraben. Und das Zweite, was ich aber hingegen positiv empfinde, was wir aus den zeitzeuginnen Gesprächen gezogen haben, ist ja, dass ganz viele gesagt haben, die Kinder von den tatsächlichen Zeitzeugen haben oft nicht die Eltern gefragt, aber die Enkel fragen wieder die Opa wie war das im Krieg? Und ich glaube, da ist schon ein Interesse da. Gleichzeitig natürlich haben wir Schulklassen, wo man Wisst ihr, was der Zweite Weltkrieg ist? Und sie Nein, da waren wir noch nicht im Geschichtsunterricht. Also es gibt einerseits schon auch viel Unwissen, aber dafür gibt es ja die Schule, Ausstellungen und andere Institutionen, die vielleicht ein bisschen Abhilfe schaffen können. Aber auf der anderen Seite ist das Interesse sehr wohl da. Und das gibt schon auch Hoffnung. Also dass man sagt, gerade die junge Generation, die ein bisschen Distanz auch erhalten hat, traut sich wieder die Großeltern zu fragen. Und das ist auch sehr wichtig, weil Gerade jetzt mit 80 Jahren seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist es auch wichtig, dass wir vielleicht auf diese Erfahrungsberichte zurückkommen. Und noch eine kleine letzte Anekdote, was ich auch erfahren habe, ist, dass manchmal haben sich wirklich ältere Personen diese Ausstellung angeschaut und gerade mit ihren Enkeln oder Kindern drüber reden angefangen. Die haben davor noch gar nicht davon erzählt, also dass es schon auch ins Gespräch kommen gibt dadurch.
[00:40:29] Speaker B: Wow, das allein ist schon mal ein Riesenerfolg für euch, oder?
[00:40:35] Speaker A: Das sehe ich genauso, das habe ich auch schon gesagt. Wenn die Ausstellung nur das schafft, ist es genug. Und wir haben das schon erlebt, also sei es jetzt sogar im Museumsumfeld unter Kolleginnen, dass auf einmal der Opa anfängt zu erzählen, wie das bei ihnen war, weil einfach sich die Leute denken ach so, das ist jetzt relevant, das interessiert jemanden.
Oder auch durch unsere Zeitzeuginnen, die dann mit ihren Enkelkindern in die Ausstellung kommen und gemeinsam die Interviewausschnitte anhören. Also das sind, glaube ich, sehr positive.
[00:41:11] Speaker B: Effekte an alle Omas und Opas, wenn ihr mit den Kindern zur Ausstellung fahrt oder von der Ausstellung wieder nach Hause Legt doch sts Großvater mal ein und hört diese paar Zeilen, wenn der Großvater von der Begegnung mit einem russischen Soldaten berichtet. Das ist, glaube ich, das, was gemeint ist.
So unser Stefan, unser Techniker.
Wie unterscheiden sich die Kriegserfahrungen von Kindern von jenen der Erwachsenen? Gibt es spezifisch kindliche Strategien, mit Angst und Verlust umzugehen und wie sehr wirkt das Erlebte im Erwachsenenalter nach?
Ziemlich gute Frage, wie ich meine.
[00:42:06] Speaker C: Ja, es ist auch eine schwierige Frage, trotz allem, aber ich würde mal versuchen, sie zu beantworten. Also wir haben festgestellt, dass Kinder einerseits natürlich unterschiedlich mit dem Thema umgehen bzw. Es auch aufs Alter drauf ankommt. Einerseits manche Kinder sind so jung und empfinden dann nur oder passiert was, sind vielleicht teilweise sogar fasziniert, obwohl es vielleicht eine Bedrohung darstellt. Also wir haben Berichte von einem Kind, das sah eine Bomberformation und war fasziniert davon, ohne zu erkennen, was da jetzt eigentlich passiert. Und dann gibt es wieder andere Momente, wo ein Kind in dem Moment, in dem es auf die Bezugsperson schaut und die Bezugsperson zeigt Angst oder zeigt Trauer, dass dann man verknü oh, hier passiert was. Und oft ist es gerade diese Bezugsperson, an die man sich richtet. Und wenn die dann Angst hat, gerade wenn sie sonst vermeintlich immer stark ist, dann wurde das sehr bewusst. Und auf der anderen Seite ist es natürlich auch so, dass Kinder das einfach lange mitnehmen, was sie erlebt haben, aber auch versuchen, das vielleicht zu verpacken oder es für sie verpackt wird. Es gibt eine Zeitzeugin, die hat und ihm berichtet, das erste Mal, als sie tote Menschen gesehen hat, hat ein Mann zu ihr gesagt, die schlafen nur um sie zu schützen. Und sie hat dann ihrem Bruder wieder weitergegeben, dass er leise sein soll, da die schlafen. Und erst später ist sie draufgekommen, was da passiert ist. Also ist auch oft so ein, man bekommt ein, vielleicht auch ein Märchen, wenn man möchte, erzählt und das nimmt man dann mit.
Aber im Endeffekt ist das Trauma ja dann doch da und dass erst später aufgearbeitet wird.
Also ich glaube, Kinder gehen verschieden damit um. Auch muss man dazu sagen, viele Kinder arrangieren sich auch irgendwann mit diesem Kriegsalltag. Also für manche wurde das einfach zum, wie der Tag halt abläuft und haben gar nicht gewusst, wie sieht eigentlich Frieden aus, weil sie nur im Krieg geboren worden sind. Und für die war das dann halt später so ein Aha Erlebnis, so ach.
[00:44:02] Speaker B: Das ist Frieden und die gibt es immer noch. Es gibt Kinder, die ihr gesamtes Leben im Krieg verbracht haben heute hier, ich denke an Gaza etc. Wie schwer war es für euch beide, Andrea und Maren, eigentlich, diese Ausstellung zusammenzustellen und nicht auf aktuelle kriegerische Entwicklungen und Realitäten Rücksicht zu nehmen? Nicht auch mit einem Kind aus Gaza. Ich habe jetzt wieder einen Clip gesehen, wo ein kleines Mädchen im Gazastreifen gefragt wurde, was sie sich am liebsten wünschten und sie sagt, etwas zu essen, das zu zeigen.
Wie schwer war es davon abzusehen?
[00:44:54] Speaker A: Also ich persönlich hatte das immer im Hinterkopf. Also das passiert einfach automatisch.
Wir haben uns sehr, sehr intensiv mit ihm mit diesem Thema beschäftigt, mit allen Schrecken, Ängsten, Erlebnissen, Erfahrungen, die unsere Gegenüber da bereit waren, mit uns zu teilen.
Und gerade wenn einem jemand gegenüber sitzt, der über 90 ist, aber immer noch in Tränen ausbricht, wenn er von einem Ereignis erzählt, habe ich mir persönlich gedacht, jeder Tag Krieg wirkt mindestens 80 Jahre nach. Und das nicht nur bei den Menschen, die es persönlich erlebt haben, sondern bei den kommenden Generationen danach auch. Das heißt, es wird einem einfach der Preis, den Krieg hat, umso bewusster. Und da habe ich schon auch an das Kind in Gaza gedacht oder auch an das Kind in der Ukraine, weil diese Kriege und jedes Kind, das einen Krieg erlebt, das wird jahrzehntelang Nachwirkungen spüren.
[00:46:08] Speaker B: Okay, ihr Lieben, ihr fleißigen, ihr reflektierten jungen Frauen, die ihr mit so viel Mut daran gegangen seid, Nur vom Zuhören ist es mir ein paar Mal richtig eng um die Brust geworden. Ich bin auch ein Nachkriegskind, erste Generation. Ich habe als Kind noch in den Trümmern und in den Bunkern gespielt und habe vieles gesehen, was man in diesem zarten Alter nicht sehen sollte.
Ja, ich kann es bestätigen. Es ist überwindbar, es ist nicht ausradierbar.
Aber was mich jetzt am meisten interessiert, vielleicht könnt ihr das beantworten, vielleicht habt ihr nur einen Gedankengang als Rezept. Wie können wir aus unseren Kindern und unseren Enkeln proaktive Kriegsgegner machen?
[00:47:10] Speaker A: Ich glaube, wir haben das heute schon zusammengefasst, was wir glauben, was unser Anteil sein kann.
Und das ist eben Wir als Bildungsinstitution können dieses Thema aufgreifen in der Hoffnung, dass es Gedanken und Gespräche anregt.
[00:47:32] Speaker B: Das ist ein hehres Ziel.
Dies war ein solches Gespräch. Ich danke sehr für eure Arbeit. Danke sehr, dass ihr uns hier bei Montag heute eure Zeit gewidmet habt. Ich kann Ihnen, die Sie uns zugehört haben, nur wirklich ans Herz legen Gehen Sie in die Ausstellung Kinder des Krieges im Haus der Geschichte in St. Pölten. Auch wenn es vielleicht ein wenig Mut braucht. Hingehen, Heiß Frieden und das haben wir heute auch schon besprochen, nicht als selbstverständlich zu nehmen und Hingehen ist ein Zeichen der Solidarität mit den Eltern des Krieges und dass wir uns mit jenen Eltern solidarisch zeigen, die diesen Krieg nicht gewollt haben, nicht begonnen haben, sondern nur versuchen, ihn fernzuhalten von ihren Kindern. Schätzen wir die Demokratie und den Frieden in der Demokratie.
Danke an Sie beide. Das war der Montag mit Andrea Thuile und Maren Sacherer. Die Ausstellung heißt Kinder des Krieges im Haus der Geschichte in St. Pölten.
Danke, ich bin sehr beeindruckt von Ihnen beiden. Danke sehr.
[00:48:52] Speaker A: Danke für das angenehme Gespräch.
[00:48:55] Speaker B: Tschüss.
[00:48:56] Speaker C: Herzlichen Dank.
[00:48:56] Speaker A: Wiederschauen.
[00:48:59] Speaker B: Die Arbeiterkammer Niederösterreich hat eine neue App, die ARKA Blitz App. Ab sofort zum Downloaden. Bleiben Sie am Laufenden. Erhalten Sie alle relevanten Informationen und Sie wissen, noch nie war es so wertvoll zu wissen, wo man seine Informationen her hat. Die AK Blitz App ab sofort zum Downloaden. Das war der Susanne Karner, Mario Gattinger und Carina Karas. Straßenumfragen Christoph Baumgarten. Faktenbox Bettina Schabschneider, Technische Stefan Dangl, Administration Christina Winkler am Mikrofon Alexander Göbel.