#130 Skepsis statt Fakten: Warum das Vertrauen in die Wissenschaft schwindet

May 04, 2025 00:51:49
#130 Skepsis statt Fakten: Warum das Vertrauen in die Wissenschaft schwindet
MONTALK - Der Podcast zum Mitreden
#130 Skepsis statt Fakten: Warum das Vertrauen in die Wissenschaft schwindet

May 04 2025 | 00:51:49

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Show Notes

Viele glauben lieber TikTok & Instagram anstatt wissenschaftlichen Studien. Woher kommt die wachsende Wissenschaftsskepsis? Dr. Jakob-Moritz Eberl von der Uni Wien erklärt, warum Fakten oft keine Chance haben – und was wir tun können, damit Wissenschaft wieder Gehör findet.

Ergebnis unserer Instagram-Umfrage::

Vertraust du der Wissenschaft?

Ja: 72 Stimmen (88%)
Nein: 10 Stimmen (12%)

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Episode Transcript

[00:00:01] Speaker A: Niemand von uns ist ein wandelndes Lexikon. [00:00:04] Speaker B: Wobei, ich höre natürlich ganz genau auch diesen Zwist aus ihren Worten zwischen Individuum und Gemeinschaft. [00:00:11] Speaker A: Die Österreicherinnen haben ein größeres Interesse an Wissenschaft als z.B. an Sport oder Politik oder Kultur. [00:00:20] Speaker C: Das Vertrauen in die Wissenschaft liegt in Österreich bei 73 %, aber das allgemeine Interesse an wissenschaftlichen Themen ist auf 56 % gesunken. Nur zwei und dreiig % fühlen sich gut informiert. Vor dem Gebrauch sozialer Medien wurden Falschmeldungen als Zeitungsenten bezeichnet. Falschmeldungen sind nicht immer absichtlich, sondern können auch auf Irrtümern beruhen. Im Gegensatz dazu sind Fake News absichtlich falsche oder irreführende Informationen, die oft in Form von Nachrichten verbreitet. Quellen demokratiewerkstatt at wikipedia und österreichische Akademie der Wissenschaften. [00:00:58] Speaker B: Montalk der Podcast zum Mitreden. Herzlich willkommen zur Folge 100 dreiig des Montalk, dem Podcast der Arbeiterkammer Niederösterreich. Mein Name ist Alexander Göbel und wir haben heute ein knackiges Thema, wie eigentlich so oft und so wichtig, nämlich die 100 dreiigste Folge heiß die Skepsis und die Wissenschaft. Wer hat angefangen? Viele glauben ja, dass lieber TikTok und Instagram zu glauben ist, bei dem, was wir wissen sollten über unser gesellschaftliches Zusammenleben, anstatt wissenschaftlichen Studien. Woher kommt also diese wachsende Wissenschaft? Skepsis? Dr. Jacob Moritz Eberl von der Uni Wien erklärt uns, warum Fakten oft keine Chance haben und was wir tun können, damit Wissenschaft wieder Gehör findet. Doch zunächst unsere Straßenumfrage mit dem Titel oder mit der vertraust du der Wissenschaft? [00:02:09] Speaker A: Vertraust du der Wissenschaft? Sicher? Ja, wahrscheinlich schon, ja. Mischung aus Wissenschaft und Schicksal und alles zusammen, keine Ahnung. [00:02:24] Speaker B: Ja, schon, ja. [00:02:25] Speaker A: Nein. Vertrauen niemand? [00:02:27] Speaker B: Nein. [00:02:28] Speaker A: Teilweise ja. Ja, aber nicht so ganz. Ich bin gläubig und so vertraust du der Wissenschaft? [00:02:34] Speaker D: Ja. [00:02:35] Speaker A: Ja, absolut. [00:02:36] Speaker D: Und warum? [00:02:37] Speaker C: Naja, weil Wissenschaft alles richtig macht, meiner Meinung nach. [00:02:41] Speaker A: Ja, weil das ja alles fundiert ist, was die so machen, die Wissenschaftler. Das basiert ja alles auf Fakten. [00:02:46] Speaker D: Es kommt drauf an. Die volle es kommt darauf an. Wenn ich fundierte Beweise, die ich persönlich natürlich glaube, finde und im Internet nachlesen kann, Studien dazu finde, dann ja. Wenn ich nichts dazu nachlesen kann in Quellen, die ich. Dann bezweifle ich einige Aussagen. Im Großen und Ganzen vertraue ich der Wissenschaft. [00:03:14] Speaker B: So, und weil wir gleich bei den Umfragen sind, haben wir natürlich auch wie immer eine insta Umfrage gemacht auf Instagram, mit der gleichen Frage. Das Ergebnis, und ich freue mich sehr, ja zu der vertraust du der Wissenschaft? Sagten 88 % nein, nur 12. Nichtsdestotrotz, 12, finde ich, ist eine Zahl, mit der wir uns nicht erlauben dürfen, einfach so zu leben. Dr. Jakob Moritz Eberl, was sagen Sie? Sind sie glücklich mit diesem insta Ergebnis? [00:03:59] Speaker A: Ja, ich wollte vielleicht kurz auch mal Hallo sagen den Zuhörerinnen. Heute ist der dreiigster April bei dieser Aufzeichnung Tag der Arbeitslosen und möchte in der Hinsicht auch kurz für uns alle wünschen, dass wir in einer Gesellschaft leben können, in der niemand Angst vor Arbeitslosigkeit haben muss und eben mit sozialer Sicherheit und Perspektiven, Respekt für alle, ob mit oder ohne Arbeit. So viel dazu. Ja, solche Zahlen sind immer ein bisschen überraschend, bringen immer ein bisschen zum Nachdenken. Wichtig ist aber vielleicht zuerst und ich komme gleich zum eigentlichen Ergebnis zurück, ist, dass wir uns zuerst vielleicht kurz einmal fragen, was ist eigentlich Wissenschaftsskepsis, bevor wir wirklich in diese Zahlen reingehen. Es gibt nämlich oft auch so ein Missverständnis, wenn ich bei Diskussionen bin, wo mir jemand ja, aber die Skepsis ist ein zentraler Bestandteil der Wissenschaft, inwiefern kann dann Wissenschaft Skepsis überhaupt was schlechtes für einen? Und da bin ich ganz bei diesen Personen, die mir das dann quasi fast ein bisschen kämpferisch vorwerfen. Ja, es gibt so was wie die Skepsis in der Wissenschaft und ja, sie ist zentraler Motor der Wissenschaft, aber das ist die wissenschaftliche Skepsis. Die wissenschaftliche Skepsis zielt eben auf die Wahrheitsfindung ab. Sie zielt darauf ab, dass wir Wahrheit Behauptungen immer wieder überprüfen, die immer wieder testen, weil uns, die wir in der Wissenschaft arbeiten, ist bewusst, dass wir der Wahrheit immer nur näher kommen können und dass es gerade auch in den Sozialwissenschaften, aus der ich ja komme, nie die einzige Gesetzmäßigkeit der Wahrheit geben kann. Aber wir können uns immer näher herantasten, weil das, wofür wir uns interessieren, verändert sich ja auch ständig. Wichtig ist eben, dass das dem Dogmatismus gegenübersteht, dass das zur Selbstreflexion anregen soll und dass das eigentlich eine institutionalisierte, organisierte Skepsis ist, die in der Wissenschaft selbst stattfindet. Aber was ist dann diese Wissenschaft Skepsis, über die wir jetzt heute reden? Das ist so was mit einer starken negativen Valenz. Da geht es uns, also was sehr stark negativ behaftet ist, da geht es uns darum, dass wir ein Phänomen beschreiben wollen, vor dem wir Sorge haben. Die Wissenschaft Skepsis, wie wir sie verstehen jetzt auch heute, ist eine Skepsis, die eben nicht auf die Weiterentwicklung von Wissen abzielt, sondern eher auf die Zerstörung von Wissen, auf die Zerstörung von Vertrauen, auf die Zerstörung von wissenschaftlichen Institutionen, sei es die Skepsis gegenüber Universitäten insgesamt und sowas. [00:06:53] Speaker B: Aber jetzt frage ich sie, Dr. Eber, wer hat ein Interesse daran, dass Vertrauen, Wissen und die Wissenschaft an sich in Zweifel gezogen wird? Wer? [00:07:06] Speaker A: Das ist eine sehr gute Frage und ich glaube derzeit stellen sich diese Frage vor allem auch sehr viele Amerikaner und Amerikanerinnen. Wahrlich, wer es gerade nicht mitverfolgt in den USA werden massiv Gelder gestrichen im Bereich Forschung, das unmittelbar Konsequenzen für die gesamte Forschungslandschaft in den USA hat. Für einzelne Personen natürlich, die an Universitäten angestellt sind, aber langfristig für uns alle eine große Herausforderung sein wird, weil da natürlich Gelder gerade auch fehlen, die im Bereich der Krebsforschung z.B. eingesetzt werden und das sind ja Forschungsergebnisse, die dann auch zu uns kommen würden hier nach Österreich. Wer hat dein Interesse? Ich springe da jetzt vielleicht kurz schon ein bisschen vorwärts. [00:07:54] Speaker B: Nur zu. [00:07:56] Speaker A: Es ist nämlich Irrglaube zu glauben, dass Wissenschaft in irgendwie einer eigenen Sphäre behandelt wird, also dass das losgelöst wäre vom politischen. Am Ende führen alle Wege immer auch bis zu einem gewissen Grad wieder zum politischen zurück. Und da geht es vor allem um die Politisierung von Wissenschaft, da geht es um eine Wissenschaftler immer schon auch politisch, auch durch die Abhängigkeit von Politik, wenn es um Fördergelder geht. Aber vor allem in den letzten 20 dreiig Jahren hat man an einzelnen Themen auch gemerkt, dass diese Politisierung immer mehr zugenommen hat. Beispielhaft für lange Zeit war die Forschung zum Klimawandel, mittlerweile als Begriff Klimakrise und über die letzten fünf Jahre natürlich die Wissenschaft zu Impfungen und ähnlichem. Warum? Warum dieser politische Widerstand? Eine der Quellen ist z.B. im Populismus zu finden, also Populismus als Ideologie, die politische Parteien aber auch Bürgerinnen vertreten können, wo es darum geht, es gibt ein Gut und es gibt ein Böse und Grauzonen dazwischen und es gibt ein wir und es gibt ein die anderen und wir sind die einzigen Guten, die anderen sind eben die Bösen. Und in den meisten Fällen geht es auch darum, dass die Bösen die Eliten sind und wir das einfache Volk. Aber einfach nicht im Sinne von dummen Volk, sondern einfach die, die nicht an den Machtpositionen stehen. Und ein Zusatz vielleicht dazu noch kurz früher ging es bei Populismus in unserem Verständnis alleinig um die politische Dimension. Also politische Parteien, die Teil des Mainstreams sind, die aus irgendeinem Grund gegen den einfachen Bürger, die einfache Bürgerin, die einfachen Wählerinnen Macht ausüben, so die populistische Erzählung. Populismus hat aber, und populistische Parteien insbesondere, haben über die letzten Jahre das Thema Wissenschaft für sich entdeckt, um eine gesellschaftliche Dimension von Populismus bzw. Populismus um eine gesellschaftliche Dimension zu erweitern. Wo Wissenschaft und Wissenschafterinnen einfach zusätzlich als Teil dieser Elite inszeniert werden und damit auch feind sind, weil Wissenschaftlerinnen darüber entscheiden, was richtig, was falsch ist und vermeintlich eben zum Schaden des Volkes. Wir können in den meisten Fällen natürlich davon ausgehen, dass das nicht der Fall ist. Ich möchte nicht sagen nie, aber im Regelfall ist das nicht der Fall. Das ist nicht das Ziel von Wissenschaft. Aber so wird es politisch derzeit als Waffe verwendet und so bekämpfen derzeit eben auch vor allem populistische politische Akteure die Wissenschaft. [00:10:49] Speaker B: OK, also wo geschichtlich haben wir denn die falsche Abfahrt genommen als Gesellschaft? Ab wann haben wir es denn zugelassen oder oder gar befördert, dass Wissenschafterinnen zur Elite gezählt werden? Ich habe es gerade für mich überprüft. Ja, auch ich bin in den er Jahren des letzten Jahrhunderts damit aufgewachsen, dass Ärzte und Ärztinnen z.b. diese, wie man sie angeblich scherzhaft genannt hat, Götter in weiß gehalten wurden und somit mit entsprechendem Respekt. Damals war es noch Respekt, also da gehörten sie noch nicht zur Elite. Wie viel Nobelpreisträger später hat denn den Kurs neu bestimmt? [00:11:35] Speaker A: Ich glaube, es wäre falsch zu sagen, dass sie damals nicht schon zur Elite gehört hätten. Ich glaube, sie haben immer schon zur Elite gehört. Es hat eine Art von. Ich muss jetzt kurz einen Fachbegriff verwenden. Epistemische Abhängigkeit hat es immer schon gegeben. Was ist das genau? Wir als Bürgerinnen, und ich zähle mich da grundsätzlich jetzt selber auch dazu, wir haben ja alle unterschiedliche Hüte auf, können nicht über alles informiert sein. Es gibt Teilbereiche, wo wir mittels Vertrauen diesen Prozess, wie wir Wahrheit finden können, wie wir richtig oder falsch überprüfen können, wo wir diesen Prozess abgeben müssen, wo wir eben epistemisches Vertrauen haben müssen, dass andere Personen, in dem Fall Wissenschafterinnen, das schon wissen werden. Ich kann nicht verstehen, wie technisch, wie U Bahnen funktionieren oder Flugzeuge funktionieren. Ich muss darauf vertrauen, dass sich da irgendwelche Wissenschaftlerinnen irgendwann mal Gedanken dazu gemacht haben, wie man so etwas eigentlich entwickelt, damit es dann auch fliegt. Bleiben wir mal beim Flugzeug und nicht und trotzdem verwenden wir ja alle täglich in Wien täglich die u Bahn und regelmäßig Flugzeuge. Das heißt, wir geben da unser Vertrauen ab. Wir wissen nicht, wie ein Computer funktioniert und trotzdem verwenden wir ihn. Das heißt, wir haben dieses Vertrauen insofern abgegeben und das ist auch gut so, wir können nicht Experte und Expertin in allem sein. Das heißt, das hat es grundsätzlich, eine gewisse Hierarchie hat es da schon gegeben, aber ich würde grundsätzlich auch mal sagen, die sind dann natürlich auch nicht jeder Experte und Expertin dann in allem, ich glaube auch, dass es grundsätzlich ein Irrglaube ist zu sagen, die Wissenschaftsskepsis hat jetzt erst begonnen oder hat vor fünf Jahren begonnen. Das ist sicher nicht der Fall. Also Wissenschaftsskepsis hat es wahrscheinlich immer schon gegeben, seitdem es institutionalisierte Wissenschaft gibt, also Universitäten und so weiter gibt. Und davor hat sich die Skepsis halt gegenüber anderen Personengruppen geäußert. Ich glaube aber, was definitiv in den letzten vor allem fünf Jahren einfach viel auffälliger geworden ist und weshalb sich dieses Thema Wissenschaftsskepsis jetzt auch aufträgt, ist, dass es plötzlich gesellschaftspolitische unmittelbare Relevanz bekommen hat. Ich würde sogar sagen, dass das eigentlich schon im Jahrzehnt davor mit den ersten großen Treffen und Diskussionen zum Klimawandel begonnen hat, dass es gesellschaftlich immer relevanter natürlich geworden ist, dass wir diese Bevölkerungsgruppe haben, die Wissenschaft und wissenschaftliche Erkenntnisse vor allem auch geleugnet haben. Aber wirklich aufgedrängt hat es sich in den letzten fünf Jahren, weil da einzelne Entscheidungen, die gegen den wissenschaftlichen Konsens getätigt werden, plötzlich gesellschaftspolitische Relevanz haben und plötzlich nicht nur mehr individuelle Entscheidungen waren. Ich nehme vielleicht kurz ein die Homöopathie hat eine ganz besondere Rolle in der österreichischen Gesellschaft, beziehungsweise eigentlich in den Gesellschaften im DACH Raum. Darüber können wir auch noch mal im Detail sprechen. Dachraum heißt also Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vor 10 Jahren, vor 15 Jahren, vor 20 Jahren kann es mir weitgehend als Bürger egal sein, ob die Bürger innen neben mir, hinter mir, vor mir, ob die homöopathische Zuckerkugeln nehmen wollen. Ich muss hier ganz kurz dazu Homöopathie ist eine Pseudowissenschaft, sie hat keine wissenschaftliche Basis. Homöopathie hat nichts mit Naturheilkunde zu tun, da gibt es oft ein Missverständnis. Homöopathie sind im Endeffekt kleine Zuckerkügelchen ohne große Wirkung. Wenn ich das jetzt für einen Schnupfen, für einen Kopfweh oder sonst irgendwas verwenden will oder jemand anderes, dann soll das so sein, hat keinen großen Einfluss auf mich. Ab dem wir aber in einer gesellschaftlichen Krise sind und sich Personen dann statt eben für den wissenschaftlichen Konsens, wie z.B. das Thema will uns noch länger begleiten, Masken tragen, Abstand nehmen, bei Krankheit zu Hause zu bleiben, sich dafür entscheiden, sich selbst mit homöopathischen Kugeln zu behandeln, kommen wir in die Situation, wo sich diese Skepsis eben gegenüber wissenschaftlicher Forschung, wissenschaftliche Erkenntnisse plötzlich direkt in unser gesellschaftliches Zusammenleben aufdrängt, einmischt und tatsächlich zur gesundheitlichen Gefahr für uns alle werden kann. Und das war einfach davor nicht so offensichtlich. Der Fall. [00:16:23] Speaker B: Also wir haben es ja vorab in der Faktenbox schon gehört, also 73 % haben Interesse an wissenschaftlichen. Nein, das Vertrauen in wissenschaftliche Ergebnisse. Aber das Interesse ist gesunken und so weiter. Das heißt, wir können natürlich keine Kügelchen nehmen, wenn wir mit Krebs diagnostiziert werden. Das würde auch, glaube ich, niemanden. Es würde niemandem einfallen. Das ist einfach nicht. Das ist das eine, was mir dazu. Okay, vielleicht. Sie grinsen. Also vielleicht sogar das. Man soll das Menschendummheit nie unterschätzen, aber jetzt ist es ja politisiert worden, es ist instrumentalisiert worden und mit der Corona Krise, die ja wirklich einen Zeitabschnitt darstellt, ist es auch in hohem Maße zu einer Wutwaffe geworden. Eingedenk dessen ist es doch eigentlich wurscht, wenn wir wissen, dass das heute sozusagen die Impfung ist, vorgestern war die Erde flach und Übermorgen sind die Chemtrails am Himmel an allem schuld. Warum können wir das nicht so nehmen wie Esperanto? Das ist auch keine richtige Sprache. Dennoch, viele lernen, sie sind happy dabei, wenn sie es gebrauchen. Und wir ja, hilft nichts, schaut nichts aus. Aber warum regen wir uns jetzt z.B. in diesem Podcast so sehr darüber auf? [00:18:12] Speaker A: Ich finde es ein extrem wichtiger Punkt, auch die Zahlen, die gerade genannt wurden. Gerade dadurch, dass wir jetzt in den letzten Jahren so viel über Wissenschaft Skepsis sprechen, kommt auch dieses Verständnis irgendwie dafür oder eigentlich ein Missverständnis auf, dass man das Gefühl hat, dass Wissenschaftsskepsis enorm hoch wäre und gerade in den letzten fünf Jahren stark gestiegen wäre. Ich war ja Teil des Austrian Corona Panel Projekts, das über ganz viele Befragungswellen während der Pandemie die österreichische Bevölkerung quasi verfolgt hat, also im positiven Sinne verfolgt hat, wie die Einstellungen sich verändert haben. Und man muss ganz klar sagen, Die Österreicherinnen haben ein größeres Interesse an Wissenschaft als z.B. an Sport oder Politik oder Kultur. Kann man jetzt auch gut oder schlecht sehen, aber in der Hinsicht, auch wenn das Interesse in Wissenschaft nicht enorm hoch ist, ist es trotzdem höher als in anderen gesellschaftlichen Teilbereichen. Also sollten vielleicht auch nicht die Erwartungen zu hoch legen. Es ist noch immer im Vergleich zu anderen Themen eigentlich ein hohes Vertrauen. Dasselbe gilt beim Vertrauen in die Institutionen. Da haben wir Wissenschaft verglichen mit Gesundheitswesen, Polizei, ORF, Bundesregierung und so weiter. Auch da muss man durchgehend haben die Österreicherinnen über die gesamten ersten drei Pandemiejahre der Wissenschaft mehr vertraut als allen anderen Akteurinnen und es hat am wenigsten Vertrauensverlust gegeben. Das heißt, auch das ist eigentlich ein gutes Zeichen. Nochmal, das große Problem ist halt, dass gerade in dieser Phase und ich würde nicht sagen, dass diese Phase, jetzt nicht die Pandemie, aber dass die Phase, in der der Widerstand gegenüber Wissenschaft einfach ein immer größeres gesellschaftliches Problem wird, auch wenn es vielleicht nur kleine Bevölkerungsgruppen betrifft, diese Phase ist noch nicht vorbei, denn Wissenschaft wird immer mehr, wie auch schon angesprochen, politisiert und auch von politischen Parteien und politischen Akteurinnen zur Mobilisierung genutzt. Das heißt, es wird der Hausverstand z.B. inszeniert als Gegenmodell zur Wissenschaft. Und das wird eben dann zum Problem, solange wir eben in solchen Krisenzeiten sind. Und wir bleiben in, man nennt es die Polykrise derzeit, wir bleiben in Krisenzeiten, in denen sich mehrere durchaus mit Wissenschaft verknüpfte Krisen uns aufdrängen. Die Klimakrise, Energiekrise auch. Wir wissen nicht, was mit der Vogelgrippe oder den Masern in den nächsten Jahren passieren wird. Das wird da bleiben. Und diese Wissenschaftsskepsis, auch wenn sie sich auf eine kleine Bevölkerungsgruppe fokussieren sollte, wird immer klarere Gesellschaft, also in diesen Phasen klarere Auswirkungen, stärkere Auswirkungen auf auf unsere Gesellschaft als ein Ganzes haben. [00:21:11] Speaker B: Als Wissenschaftler möchte ich sie jetzt gerne wovon träumen sie? Also welche Situation? Jetzt kennen wir die Situation, die wir ersetzen wollen, aber womit? Das heißt, und ich frage sie dezidiert nicht nach dem Weg dorthin, sondern erstmal nur nach der Vision oder vielleicht sogar Utopie. Was wollen wir? [00:21:32] Speaker A: Also Utopien sind, glaube ich, grundsätzlich ein extrem wichtiges Werkzeug, um uns als Gesellschaft einen Weg aufzuzeichnen. Ich weiß, wir haben jetzt nicht vom Weg gesprochen, aber damit wir einen Weg aufzeichnen könnten, müssen wir wissen, wo wir hinwollen. Und da würde ich grundsätzlich mal, um kurz eine Klammer aufzumachen, sagen, dass das etwas ist, an dem Politik derzeit gerade scheitert, weil uns als Bürgerinnen keine Utopien mehr vorgemalt werden, vorgezeichnet werden, vorgestellt werden, auf die wir hinarbeiten könnten. Meine persönliche Utopie, als jemand, der selber in der Wissenschaft ist, sich mit Wissenschaftskommunikation, aber eben auch im großen Teil mit Politik und Wissenschaft beschäftigt, wäre tatsächlich eine, wo die zentralen gesellschaftlichen Akteure, wie Politikerinnen oder Parteien die Wissenschaft nicht mehr manipulativ einsetzen, entweder weil sie sie nur gezielt heranziehen oder weil sie sie als Feindbild aufbauen, sondern wo Wissenschaft in organisierter Art und Weise zentraler Bestandteil der Politik, der Polit, der Politikentscheidungen sein kann. So in transparenter Art und Weise politische Entscheidungen unter Einbindung von Politik, von Wissenschaft geschehen kann. Wo dann aber auch klar ist, welche Abwägungen gemacht wurden. [00:23:05] Speaker B: Gut, der Kämpfer in mir sagt gib mir Waffen. Das heißt, was tue ich, wenn die Politik, eine Politikerin, irgendjemand genau das macht, was sie gerade zu Recht simuliert haben, nämlich die Instrumentalisierung der Wissenschaft zugunsten von politischen Gains, also gewinnen. Wie antworte ich dem denn? Wie kann ich so einen abschatten, der einfach so einen Schwachsinn daher redet? Ist es legitim, wenn ich herr Soundso, sie verteufeln gerade die Wissenschaft. Soviel ich weiß, sind sie aber eine Kaiserschnittgeburt gewesen. Ohne die Wissenschaft wären sie jetzt gar nicht hier, um so einen Blödsinn zu reden. Ist das noch legitim? Können wir so forceful da reingehen oder ist das schon böse? [00:24:12] Speaker A: Ich glaube, böse wäre es nicht. Ich wüsste nicht, ob ich bei einzelnen Politikerin jetzt wüsste, ob sie mit Kaiserschnitt. Aber ich verstehe, wo es hingehen soll. Wir sind ja wieder weg von der Utopie. Es geht quasi was können wir als einzelne machen? Und ich verstehe total, dass das ein wichtiger Punkt auch ist. Gerade bei so großen Themen muss man auch wirklich sagen, da ist die Handlungsmacht der Einzelnen bis zu einem gewissen Grad natürlich auch beschränkt und wir sind darauf angewiesen, dass auf den höheren Ebenen auch was passiert. Aber vollkommen wichtiger und verständlicher Punkt. Ich würde sagen, da sind wir auch wieder in diesem Problem. Wir haben das letzte Mal mal darüber gesprochen, über die sozialen Medien, die Plattformen, die Plattformalgorithmen. Umso mehr ich quasi mit diesen negativen Inhalten interagiere, umso sichtbarer werden sie auch. Also ich würde sogar sagen, gar nicht interagieren damit, nicht auf Social media, quasi nicht unter jeden Post eines Populisten oder einer Populistin drunter schreiben aber sie sind doch Populist, das funktioniert doch alles nicht so. Ganz im Gegenteil. Was wir aber, und das habe ich vielleicht auch schon mal erwähnt, aber ich sage es gerne nochmal, wir haben in einer Studie ganz klar gesehen, dass jene Personen, die der Wissenschaft misstrauen und Verschwörungsmythen z.B. anhängen, dass die viel mehr mit Inhalten interagieren und dass gerade jene, die wissenschaftsgläubig sind, gläubig ist jetzt vielleicht der falsche Begriff, aber die grundsätzlich ein Vertrauen in die Wissenschaft haben, die interagieren viel seltener mit Inhalten auf sozialen Medien. Das heißt, ich würde es umdrehen, aber nicht sagen, sie sollten mit den populistischen Inhalten interagieren und den wissenschaftsskeptischen Inhalten interagieren, aber sie sollten ein, zwei Kanälen, die auch Wissenschafts oder Personen, die auch Wissenschaftskommunikation betreiben, denen folgen und deren ihre Inhalte nicht nur lesen, sondern sondern vor allem auch teilen, mit ihnen interagieren. Weil wenn sie eben nur lesen, bekommen das die anderen im Netzwerk nicht mit. Wenn sie aber interagieren damit, dann landet das auch bei den Freunden, bei der Familie in der sogenannten Timeline und wird dadurch sichtbarer. Und das ist etwas, was oft unterschätzt wird, dass man diese Algorithmen bis zu einem gewissen Grad auch zu seinem Vorteil nutzen kann. Wobei ich da auch wieder eine kleine Klammer aufmachen muss. Gerade die Entwicklungen, die wir in den letzten Monaten gesehen haben, bei diesen doch amerikanisch dominierten Online Plattformen, Social Media Plattformen, lass mich wieder ein bisschen skeptischer werden, wie hilfreich diese Plattformen in Zukunft sein werden. Aber im Grunde ist es man muss nicht nur auf Konfrontation gehen, sondern man kann es auch ins Positive drehen und vor allem den Leuten, die man unterstützen will, gerade auch, wenn man den ganzen Haft denkt, den Wissenschafter innen oftmals auf sozialen Medien ausgesetzt sind, ruhig einmal mehr auch mal wieder hey, das ist super, was ihr gemacht habt, und ich will, dass meine Freunde und Freundinnen und Bekannten diese Inhalte auch sehen. [00:27:10] Speaker B: Was wir gerade machen, Dr. Eberl, ist ja Wissenschaftskommunikation ein Riesenthema für euch, weil was nutzt es, wenn wir nichts draus machen, nur Ergebnisse zu ökonomisieren ist zwar richtig und wichtig und kommt auch letztlich der Bildung zugute, ist aber für das Thema, was wir heute Abend Nüsse es geht an denen vorbei. So, jetzt sage wenn wir uns alle daran erinnern, was die Wissenschaft uns schon in unseren Lebzeiten gebracht hat, daher das Beispiel mit dem Kaiserschnitt, dann sind doch mein Gegenüber gezwungen, von der allgemeinen Wissenschaftskritik alle Wissenschaft ist schlecht und scheiße und nicht wahr hin ins Detail zu gehen, um zu sagen ja, welche Wissenschaft meinen sie denn? Mit welcher sind sie denn nicht einverstanden? Und da haben wir, glaube ich, schon gewonnen gegen diesen machiavellischen Ansatz, der da heiß ich muss die alle nur verrückt machen, dann lassen sie sich auch in Ruhe regieren, richtig? [00:28:30] Speaker A: Auf jeden Fall. Auf jeden Fall. Wir haben Handlungsspielraum, wir können. Ein großer Punkt ist sicher, sich bewusst zu machen, was eigentlich alles Wissenschaft ist und kann. Und ich würde auch nochmal sagen, es ist nicht alles schlimm und schlecht, wir sind im internationalen Vergleich ist Österreich sicher nicht in den Spitzenländern, ganz im Gegenteil eigentlich, wenn es um Wissenschaftsvertrauen und Interesse und so weiter geht. Aber dennoch, ganz so schlimm ist es auch nicht. Ich glaube vor allem, was man verstehen muss, ist, dass in Österreich diese Skepsis nicht unbedingt ausschließlich gegen die Wissenschaft ist, sondern vor allem gegen die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik. Das heißt, das Misstrauen gegenüber Wissenschaft ist nicht unbedingt das Misstrauen gegenüber der wissenschaftlichen Methode. Also dass man jetzt sagen würde, Wissenschaft kann die Welt ja gar nicht messen, das funktioniert ja gar nicht. Wobei Esoterik, Naturglaube, Religiosität durchaus Faktoren sind, die da intervenieren können. Und das Vertrauen an die Wissenschaft eben beeinflussen können. Wichtig ist vor allem wirklich diese Schnittstelle, wie Politik und Wissenschaft oder Wirtschaft und Wissenschaft interagieren, wie sich Wissenschaft zumindest in der Wahrnehmung von Politik instrumentalisieren lässt oder wie die Politik sehr ausgewählt nur auf wissenschaftliche Erkenntnisse verweist. Das ist wirklich das, wo zumindest wir in unseren Studien gesehen haben, da kommt die stärkste Skepsis auf. Also wenn Wissenschaft plötzlich als Werkzeug verwendet wird, um politische Entscheidungen zu rechtfertigen, aber nicht transparent nachvollziehbar ist, wie diese Entscheidungen getroffen wurden, wer da eigentlich angehört wurde, welche Präferenzen eigentlich gesetzt wurden, damit man versteht überhaupt, was stand denn eigentlich zur Auswahl. Das sind große Missverständnisse in der Pandemie auch gewesen, dass es irgendwie eine Entscheidung war, wir wollen die Wirtschaft retten oder wir wollen die Menschenleben retten. Das stand so nie zur Debatte. Die Frage war in beiden Fällen auch, wenn man z.b. diese Lockdowns nicht gemacht hätte, wäre irgendwann die Wirtschaft zusammengebrochen, weil alle krank gewesen wären. Also der große Punkt ist, dass man transparenter machen muss, wie Wissenschaft und Politik eigentlich interagieren können, um dann wissenschaftsbasierte politische Entscheidungen auch treffen zu können. Und dann, glaube ich, wäre, was Wissenschaftsskepsis zumindest in Österreich betrifft, schon enorm viel gewonnen. [00:31:18] Speaker B: Heikle, um nicht zu sagen ketzerische Frage, wie stark hängt eigentlich das Vertrauen in die Wissenschaft jetzt im Allgemeinen tatsächlich vom Bildungsniveau ab, Herr Dr. Eberl? Wird das vielleicht überschätzt oder gibt es da auch ein Stadt Land Gefälle? [00:31:39] Speaker A: Das sind wichtige Punkte. Es gibt natürlich einen gewissen Zusammenhang mit dem Bildungsgrad, allein deswegen, weil es dann eine stärkere Familiarität, also ein Verständnis dafür gibt, es mehr Kontaktpunkte auch gibt mit Wissenschaft. Dann kommt natürlich dazu, dass die Universitäten selbst in den Städten sind und dadurch auch ein Stadt Land Gefälle entsteht. Schwieriger bei diesen Sachen, bei diesen Faktoren ist, dass wir die schwer beeinflussen können. Ich denke immer so an Politikmassnahmen, was könnten wir denn machen kurzfristig? Und da muss man ganz ehrlich sein, es geht nicht, dass wir plötzlich alle Personen in die Stadt bringen, wir können nicht alle dazu zwingen oder es macht auch keinen Sinn gesellschaftspolitisch, ihr müsst einen Universitätsabschluss machen. Das kann es einfach nicht sein. Auch da muss man sagen, dass diese Ansätze, das können nur langfristige Ansätze sein, weil in der Schulbildung und sowas anzusetzen, wird nur die nächsten Generationen betreffen. Wobei man sicher sagen kann, da gibt es ganz tolle Projekte, auch jetzt in Zusammenarbeit mit den Universitäten, wo Schülerinnen und Schüler schon recht früh mit wissenschaftlicher Forschung in Kontakt gebracht werden. Ich würde nochmal sagen, viel zentraler ist wirklich diese politische Dimension der Wissenschaft Skepsis, die unterschiedliche ideologische Wurzeln haben kann. Wir haben schon gesprochen über den Populismus, wir haben kurz gesprochen über den Naturglauben, also die sogenannte Anthroposophie, die gerade im Dachraum eine sehr zentrale Rolle spielt, wo sich eben auch, wie ich glaube, es hat auch eine Person in der Straßenbefragung gesagt, wo so Konzepte wie Schicksal plötzlich auf einerselben Ebene stehen. Wissenschaft. [00:33:41] Speaker B: Ja, ist mir auch aufgefallen, ja, aber sei es drum. Oder wenigstens kommt es vor. [00:33:47] Speaker A: Aber da muss man schon sagen, also das ist schon, das sind Ansätze eines problematischen Verständnisses, was Wissenschaft eben zum gesellschaftlichen Miteinander beitragen kann, weil das ist Schicksal ist ein Glaube. Ist ein Glaube. Und das andere ist natürlich eine auf der wissenschaftlichen Methode basierende Prozess, der sich auch immer wieder selbst kontrolliert. Der Glaube kontrolliert sich nicht selber. Der Glaube kann dazu führen, muss ganz ehrlich sagen, wenn wir ins Mittelalter zurückschauen, wo der Glaube vielleicht das zentrale Entscheidungsmuster war. Ja, ich muss glaube ich nicht dazu sagen, wie die Gesundheitsbehandlungen damals ausgesehen haben. Also der Glaube alleine, das ist auch etwas, was man in den USA ja sehr oft sieht. Es passieren tragische Ereignisse und das erste, was man sagt Let's play, also lasst uns beten. Das ändert dann natürlich im weiteren Sinne nichts an diesen Umständen, die man natürlich auch anpassen könnte. Aber was ich als wichtigen dritten und das haben wir in unserer Studie zur Wissenschaft Skepsis gemeinsam mit der österreichischen Akademie der Wissenschaft erarbeitet, als dritten zentralen zentrale Säule oder als dritte zentrale Wurzel, die wir da gesehen haben, ist der sogenannte libertäre Glaube. Was heißt das? Das ist ein sehr ich fokussiertes Weltbild. Meine persönliche Freiheit steht über allen anderen Menschen. Und das ist scheinbar auch einer der zentralen Treiber hinter der derzeitigen Wissenschaft Skepsis. Das ist etwas, was sich auch in den letzten Jahrzehnten immer mehr, ein Prozess, der sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr etabliert hat. Diese ich AG, dieser Individualismus, dass wir nicht mehr als der sogenannte Gesellschaftsvertrag wird vielleicht manchen im Bildungsbereich oder sonst irgendwie noch ein relevantes Konzept sein von Jean Jacques Rousseau, wo wo es darum geht, dass wir damit Gesellschaft und Demokratien funktionieren, müssen wir uns auf bestimmte Grundwerte einigen und müssen wir auf ein gesellschaftliches Miteinander uns einigen. Wer aber nur an sich denkt und nicht an die anderen, die anderen in Entscheidungen bis zum gewissen Grad, welche Konsequenzen das für andere Menschen mit einbezieht, der ist rücksichtslos, der liegt auch die Demokratie und die Gesellschaft nicht am Herzen. Und das sehen wir eben auch bei der Wissenschaft. Die Wissenschaft wird dann zum Feindbild, in dem Fall für diese libertären Weltbilder, weil sie bis zu einem gewissen Grad natürlich die Aufgabe hat, Vorschläge zu machen, regeln, vielleicht auch vorzuschreiben, wie wir als Gesellschaft aus z.B. krisen rauszukommen haben. Und da sagt natürlich jemand, der nur auf sich fokussiert ist und seine eigene Freiheit über allen anderen Freiheiten stellt, dass das nicht geht, dass das nicht sein darf. Das ist auch etwas, was wir in der Querdenker innen Bewegung z.b. während der letzten fünf Jahre gesehen haben. Da ging es sehr viel darum, ich lasse mir meine eigenen Freiheiten nicht wegnehmen, egal in welche Gefahr das möglicherweise andere Menschen bringt. Und dieselbe Diskussion haben wir ja auch bei der Klimakrise. Und ich sage nicht, dass jeder alles aufgeben muss. Ich sage auch schon gar nicht, dass man das alles auf der individuellen Ebene wirklich lösen kann, diese großen Krisen. Es geht schon darum, dass wir als Gesellschaft zusammenhalten. [00:37:37] Speaker B: Ja, wobei ich höre natürlich ganz genau auch diesen Zwist jetzt aus ihren Worten zwischen Individuum und Gemeinschaft und dieses ja schon an Anarchie grenzende Denken, ich mein, mir, mich, das wird geschürt, weil solche Menschen natürlich leicht zu regieren sind und ob ihres Frusts auch konsumieren. Jetzt. Aber haben wir nicht, gerade weil es so individuell ist, in den letzten fünf Jahren hier auch eine große Chance, dass wir versuchen, vielleicht in einem groß angelegten Feldversuch, sage ich jetzt mal, als Amateur der Wissenschaften, herauszufinden, was denn die Probleme dieser Menschen sind. Denn das, was sie der Wissenschaft vorwerfen, ist ja nur ein Kuvert, ist ja nur eine Verkleidung dessen, was sie wirklich traurig und so enttäuscht macht. Und wenn wir versuchen, das herauszufinden, können wir es vielleicht dort an der Wurzel packen, wo es wirklich herkommt, ohne jetzt solche Umwege über Wissenschaft etc. Zu machen. Liege ich da ganz falsch? [00:38:58] Speaker A: Ganz falsch jedenfalls nicht. Ich muss ein bisschen vorsichtiger sein. Also wir haben das natürlich über die letzten Jahre und wir werden das auch noch über die nächsten Jahre auf jeden Fall weiter verfolgen. Wir haben z.B. ganz klar gesehen, dass gerade wenn es darum geht, es wird sehr viel gesagt, dass recht populistisches Wählen, z.B. auch Wissenschaft, Skepsis, sehr viel mit ökonomischen Bedürfnissen zu tun hat und ökonomischen Gefahrwandlungen zu tun, also Abstiegsängste. Im Endeffekt stellt sich in den meisten Studien heraus, dass die Abstiegsängste vor allem nicht objektiv sind, sondern subjektiv sind. Also dass sie faktisch gar nicht so abstiegs, gar kein Abstiegsbedrohungsszenario gibt, aber dass das in der Wahrnehmung sehr viel stattfindet. Und da muss man dann wieder sagen, okay, aber wie kann ich die Wahrnehmung wirklich verändern von außen. Die Wahrnehmung verfestigt sich nämlich vor allem durch einen Aussenakteur, der einem das auch einredet. Und das kann das Medienumfeld sein, aber das ist vor allem auch das politische Umfeld. Und ich weiß, ich bin an diesem festhängende Schallplatte, ich bin auch Wahlforscher, muss ich ja ganz klar dazu sagen. Aber ein großes Problem da sind politische Parteien, die gezielt gerade solche Erzählungen eben verbreiten, solche Feindbilder aufbauen, so einen Individualismus und diese, man muss ja wirklich auch sagen, eine egoistische persönliche Autonomie quasi vor sich her tragen, dass das durchaus problematisch ist. Was ich ganz klar sagen würde, ist ja gerade heutzutage suchen viele nach einer neuen Identität in einer gewissen Art und Weise, nach einer Gemeinschaftlichkeit. Man hat auch ganz klar gesehen während den letzten Jahren, dass gerade das Gemeinschaftsgefühl, also Personen, die ein starkes Gemeinschaftsgefühl verspürt haben, die auch viel mehr bereit waren, andere Menschen zu schützen, der Wissenschaft zu vertrauen und all diese Dinge. Also was es definitiv braucht, ist es so ein Verständnis für das Gemeinsame in der Gesellschaft, das Gemeinsame in der Demokratie, das Miteinander, auch wirklich politische Utopien, wie wir sie vorher angesprochen haben, die einen Platz für alle sehen und wie wir zusammenleben können. So was braucht es. Und da hat auch die Wissenschaft dann ihren Platz. Und da trägt auch die Wissenschaft eben in ihrer Diversität, in ihrer Internationalität, hat da eine zentrale Rolle, weil das ist Wissenschaft. Wissenschaft ist divers. Wissenschaft, alle arbeiten zusammen für ein gemeinsames Ziel. Das Ziel, egal wie abgedroschen es klingen mag, ist natürlich bis zu einem gewissen Grad die Verbesserung unserer gesellschaftlichen, sozialen, medizinischen und sonstigen Umstände. [00:41:53] Speaker B: Lassen sie es sich gefallen, Dr. Eberl, wenn ich ihnen jetzt quasi stellvertretend für die Wissenschaft, wenn man das überhaupt jemals so sagen darf, den Vorwurf mache, dass sie in ihrer Kommunikation zu wenig Geschichten erzählen, die relatable sind, die Leute dort ansprechen, wo sie sie in ihrem eigenen Leben auch oder entweder gar nicht erleben? Auf jeden Fall ansprechen, was an sich kein Vorwurf ist, weil das ist nun einmal grundsätzlich ihre Sprache, voll mit Fakten und fremden Worten. Aber mir scheint es manchmal, dass diese Abgehobenheit, die ihresgleichen vorgeworfen wird, sehr viel mit Sprache zu tun hat. Und sind sie zu elegant als Wissenschaft? Cool. [00:42:53] Speaker A: Nein, was ich mich frage, ich habe mich gerade gefragt, ob sie schon mit Soziologinnen und Soziologen gesprochen haben, die sind nämlich viel schlimmer als ich. Nein, ich höre den Vorwurf auf jeden Fall. Ich würde ihn auch auf jeden Fall zu Herzen nehmen. Ich glaube, dass das ein großes Problem ist, definitiv. Auch dass wir in der Wissenschaft haben. Also das Vertrauen in die Wissenschaft ist auf jeden Fall keine Bringschuld der Bürger innen, sondern etwas, das auch wir als Wissenschafter innen uns erkämpfen müssen. Es ist ganz klar, dass wir als Wissenschaftler aber auch aufpassen müssen, dass wir Dinge nicht zu vereinfachen, sondern es ist einfach meistens komplex. Es gibt meistens keine Antwort, wo ich sagen kann, ja, das ist jetzt genau. [00:43:40] Speaker B: Das, was ich gemeint habe. Schon kommt die Einschränkung, schon kommt diese freiwillige Selbstkontrolle. [00:43:47] Speaker A: Aber ich glaube, dass das auch enorm wichtig ist, um Vertrauen herzustellen. Ich glaube, wir haben auch Fehler gemacht oder wir werden auch weiter Fehler machen, Dinge als zu eindeutig und zu ausweglos oder alternativlos zu beschreiben, so dass es eben wichtig ist, dass wir manchmal diese Klammern öffnen und einfach sagen, was Sache ist und sagen, wo es eben auch statistische Unsicherheiten, aber auch Selbstkritik geben muss. Sonst werden wir eigentlich wiederum nur zu politischen Kommunikatorinnen und das sollten wir meiner Meinung nach nicht sein. Das wichtige ist jedenfalls, dass man genauso Formate wie dieses hier unterstützt und ähnliche Formate unterstützt, denn der einfache Bürger oder die einfache Bürgerin einfach wieder hier nicht böse gemeint, ich sehe mich selber zu anderen Themen als einfacher Bürger, die nicht sozialwissenschaftliche Themen hier sind. Die werden keine Fachpublikationen lesen, das kann niemand von ihnen erwarten. Was wir als Wissenschaftler machen müssen, ist genau zu solchen Formaten wie dem hier kommen. [00:44:54] Speaker B: Ja, und ich finde, sie machen das ganz wunderbar in der letzten Dreiviertelstunde. Es ist schön und tut gut, ihnen zuzuhören. Wir haben auch die berühmt berüchtigte Utopie gemeinsam an dieser oder jener Stelle schon entwickelt, was auch für uns alle wichtig ist, dass wir wissen, wohin es gehen soll, auch und vor allem mit der Wissenschaft. Lassen sie mich noch bedanken für Ihre Zeit. Wir helfen ja gern, aber es braucht natürlich auch diese Partnerschaft ist mittlerweile unser zweiter Podcast. Ich hoffe nicht unsere, unser letzter. Gerade was die Sozialwissenschaften angeht, ist es so wichtig, dass wir als Gemeinschaft, von der wir so abhängig sind, das ist auch wissenschaftlich bewiesen, wissen, wie wir als Gemeinschaft ticken und was wir von uns selbst erwarten können und sollen. Meine letzte Frage im Übrigen, das muss ich noch sagen, weil ich es sonst vergesse. Wir haben am Anfang des Podcasts über Vertrauen gesprochen in die Institutionen und da stehe ich nicht an zu sagen, dass die Arbeiterkammern in den letzten vielen Jahren immer in den Top drei waren. Also wenn sie uns jetzt zuhören, sage ich jetzt mal einfach, vielleicht ein wenig überheblich, liebe Hörerinnen und Hörer, können sie uns auch vertrauen? Das Kompliment, das sie im Zuge unseres Gesprächs immer wieder gemacht haben über meine Fragen, gebe ich hiermit vollinhaltlich weiter an meine Redaktion aus der Arbeiterkammer Niederösterreich. Die Hirne nehme ich Tag und Nacht, um ihnen möglichst gute Fragen stellen zu können. Also auch hier nochmal ein starkes Dankeschön. So, meine letzte wie können wir helfen, wie wir, die wir zwar alle auch in unseren Bubbles leben, aber doch ab und zu mal auch in diese Konfrontationen, sage ich mal, geraten, wenn es um Wissenschaft und so weiter geht. Was raten sie uns, um die Situation A zu deeskalieren und B vielleicht die eine oder den anderen hinüberzuziehen auf die Seite der Vernunft? [00:47:15] Speaker A: Ja, wieder eine sehr schwierige Frage. Ich würde gerne eins, zwei, drei sagen, ich versuche es trotzdem. Das erste ist wirklich, wenn interessante wissenschaftliche Erkenntnisse oder Inhalte gesehen werden, die möglichst verbreiten, was auf jeden Fall auch immer hilft in Gesprächen, die vielleicht ein bisschen wirr sind, einfach mal wie kommst du da eigentlich dazu, wirklich auch mal nachzufragen und die Person dazu bringen, wirklich selber nochmal ganz klar zu sagen, welche Abwägungen sind vielleicht gemacht worden, welche Quellen sind. [00:47:48] Speaker B: Vielleicht genutzt worden und zwar ohne erwischen zu wollen. Richtig, ja. [00:47:53] Speaker A: Es geht nicht darum, die andere Person zu blamieren, es geht darum, wirklich diesen Reflexionsprozess anzuregen. Es geht ja oft auch um Personen, die einem eigentlich am Herzen liegen. Das kann Familie sein, das können Freundinnen sein. Da geht es uns nicht darum, die Personen dann wirklich zu erwischen oder bloßzustellen. Gleichzeitig würde ich auch sagen, nicht in jede Konfrontation muss man wirklich reingehen. Manchmal reicht es auch, sich das vielleicht aufzuschreiben, sich das zu notieren, sich dann darauf vorzubereiten und beim nächsten Gespräch nochmal darüber zu sprechen. Weil niemand von uns ist ein wandelndes Lexikon. Das heißt, bei einem Thema einzusteigen oder nachzufragen, obwohl man sich selber vielleicht nicht ausreichend auskennt, muss nicht immer helfen. Man kommt vielleicht selber dann in Verlegenheit. Gleichzeitig würde ich auf jeden Fall sagen, sich aber auch für Veränderungen, strukturelle Veränderungen tatsächlich einzusetzen. Das sind strukturelle Veränderungen in der Medienlandschaft, in der Politik, sich aber auch eben gerade so Angebote wie von der Arbeiterkammer Niederösterreich, die wahrzunehmen, da auch vielleicht auch mal Themen vorzuschlagen. Z.B. man hat im Gespräch irgendein Thema angesprochen, kennt sich aber nicht ausreichend aus und bittet dann z.b. euch darum, dieses Thema beim nächsten Mal vielleicht zum Thema zu machen. Also solche Sachen sind möglich. Ruhig aktiver sein und gleichzeitig aber auch auf individueller Ebene können wir dieses Problem nicht alleine lösen. Diese Verantwortung würde ich niemandem von uns jetzt wirklich auftragen. Aber genau, das sind ein paar Ansatzpunkte. [00:49:35] Speaker B: Noch ein Tipp von mir von dezidiert nicht wissenschaftlicher Seite. Ich habe herausgefunden, dass in solchen mitunter sehr heiklen Situationen es ungeheuer hilfreich sein kann, wenn man in einem Teilbereich des Diskussionsstoffes plötzlich ah, so habe ich das noch nie gesehen, da ist was dran, da werde ich drüber nachdenken. Um mit diesem guten Beispiel voranzugehen und Leuten zu es passiert nichts, wenn man das sagt. Es ist OK, wenn man das könnte meine Meinung ändern, oder ich habe gerade meine Meinung geändert. Im Gegenteil, mir hat es immer sehr viel Respekt gebracht, außer bei den Unverbesserlichen. Ich bedanke mich sehr, Dr. Eber von der Uni Wien, dass sie wieder einmal Zeit haben für uns gehabt haben. Wir stehen, wie gesagt, zur Verfügung, stehen auch sie, die sie uns zuhören, zur Verfügung, um die Wissenschaft, ja, ich hätte jetzt fast einen alten Begriff benutzt zu ehren, mit der Ehre, die sie verdient hat und dafür zu kämpfen, dass sie uns bleibt. Weil sie, liebe Hörerinnen und Hörer, Dr. Eber und ich schon gar, können und wollen uns gar nicht vorstellen, was das für ein Leben wäre, wenn es die Wissenschaft nicht gäbe. In diesem Sinne, danke, grüßen sie mir auch Ihre Kolleginnen. Bis zum nächsten Mal. [00:51:06] Speaker A: Danke, dass ich hier sein durfte. [00:51:08] Speaker B: Gern. Die Arbeiterkammer Niederösterreich hat eine neue App, die AK Blitz App. Ab sofort zum Downloaden. Bleiben sie am Laufenden, erhalten sie alle relevanten Informationen. Und sie wissen noch nie war es so wertvoll zu wissen, wo man seine Informationen her hat. Die AK Blitz App ab sofort zum Downloaden. Das war der Monttalk. Chefredaktion Susanne Karner, Mario Gattinger und Karina Karras. Straßenumfragen Christoph Baumgarten Faktenbox Bettina schabschneider Technische Stefan Dangl Administration Christina Winkler am Mikrofon Alexander Göbel.

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