#95 Shopping-Psychologie: So werden wir verführt!

November 27, 2023 00:54:50
#95 Shopping-Psychologie: So werden wir verführt!
MONTALK - Der Podcast zum Mitreden
#95 Shopping-Psychologie: So werden wir verführt!

Nov 27 2023 | 00:54:50

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Show Notes

Wieder Dinge gekauft, die du nicht brauchst? Gerade in der Weihnachtszeit ist das keine Seltenheit. Immerhin werden unsere Wünsche und Träume an jeder Ecke angeregt. Wie unser Gehirn beim Shopping tickt, weiß Dr. Josef Sawetz, Kommunikations- und Marketingpsychologe an der Universität Wien.

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Episode Transcript

[00:00:01] Speaker A: Montalk, der Podcast zum Mitreden. [00:00:09] Speaker B: Hallo ihr Lieben, herzlich willkommen. Dies ist der Montalk, der Podcast der Arbeiterkammer Niederösterreich. Wir sind bei Episode 95 und wir sprechen über Shopping-Psychologie. Jetzt können Sie sich natürlich denken, was Sie wollen. Im Grunde genommen, was das bedeutet. Shopping hat in jedem Fall mit Psychologie zu tun und mit der Tatsache, und das wissen wir mittlerweile, weil es nicht nur wissenschaftlich bestätigt wurde, sondern auch mit einem Nobelpreis bedacht, dass wir alle unsere Emotionen, vor allem alle unsere Kaufentscheidungen, emotional schließen. Das ist die Basis. Wir dürfen nicht vergessen, die nächste knappe Stunde, die wir miteinander verbringen werden. Was das für uns bedeutet, vor allem, wie wir da manipuliert werden können, wenn wir es zulassen, darüber sprechen wir mit einem absoluten Fachmann, der das auch liebt, was er macht. Er heißt Dr. Josef Savec. Er ist Kommunikations- und Marketingpsychologe an der Universität. Grüße Gott und guten Tag, Dr. Josef Sawitz, hallo. [00:01:17] Speaker A: Grüß Gott, hallo. [00:01:19] Speaker B: Ich werde jetzt mal die Titel im Zuge unseres Gesprächs weglassen. Ich werde sagen, Herr Sawitz, und das muss reichen. Ist das okay? [00:01:29] Speaker A: Das reicht mehr als. [00:01:31] Speaker B: Es beleidigt nicht die viel Arbeit, die Sie in Ihren Titel gesteckt haben. [00:01:35] Speaker A: Ich hoffe, ich kann das jetzt beweisen in der Stunde. [00:01:39] Speaker B: Praxis, genau, absolut. Darf ich kurz fragen, worüber haben Sie geschrieben im Doktorat? [00:01:47] Speaker A: Im Doktorat habe ich geschrieben über die Werbewirkung von TV-Spots aufgrund einer semiotischen Analyse, also einer Analyse der einzelnen Zeichenebenen eines TV-Spots. Also was sieht man, was hört man, was sind die Argumente und wie wirkt das auf die Rezipientinnen und Rezipienten, auf die Zuschauer? [00:02:09] Speaker B: Genau. Wenn ich sowas höre, denke ich mir immer, dass die alle noch keine olfaktorische Werbung erfunden haben. Dass man das zu Bewerbende auch sofort riecht, ist ein kleines Wunder. Rechnen Sie damit, dass das noch kommt? [00:02:28] Speaker A: Es gibt eine Entwicklung, die mit Milliardeninvestitionen vorangetrieben wird. Das ist von Mark Zuckerberg das Metaverse. Und im Metaverse soll praktisch ein Paralleluniversum entstehen, in dem wir uns dreidimensional bewegen können. Und auch hier gibt es schon die ersten Ansätze, hier auch taktile Reize zu übertragen, das heißt, Dinge berühren zu können, spüren zu können. Und ich kann mir durchaus eine Zukunft vorstellen, wo auch die Geruchsempfindung, die olfaktorischen Sinnesempfindungen auch abgedeckt werden in so einer virtuellen Welt. [00:03:14] Speaker B: Zumal sie ja, soviel ich weiß, die absolut stärksten aller unserer Sinneseindrücke, sind zumindest in der Retrospektive. [00:03:23] Speaker A: Es ist eines unserer ältesten Gehirnteile und wir können uns sehr schlecht gegen Geruchsempfindungen nähern. Das heißt, ich kann Personen zum Beispiel in einem Geschäft, in einem Fashion Store durch olfaktorisches Design, also durch das Einbringen bestimmter Duftstoffe, in ihre Stimmung beeinflussen. Da haben wir drei Ebenen. Es können Duftstoffe sein, die unter der Wahrnehmungsschwelle sind, die man aus dem Bewusst überhaupt nicht mitbekommt, aber wo wir ja wissen aus empirischen Untersuchungen, dass sie dennoch wirken, knapp an der Bewusstseinsschwelle. wo man nicht genau weiß, rieche ich jetzt was? Oder ist das eine Bildung? Und dann deutlich über der Bewusstseinsschwelle. Und das kann man wirklich so dosieren, dass man diese Ebene genau wählt. Und dann gibt es verschiedenste Duftstoffe, die auch mehr oder weniger fast zertifizierte Wirkungen haben. Wo man also weiß, der Großteil der Menschen reagiert auf Citrus-Düfte so und auf Vanille-Düfte so. Und damit kann ich in einem gewissen Grade die Stimmung und damit den Blick auf die Produkte beeinflussen. Und das ist schon eine Form, eine softe Form von Nudging und von Manipulation, denn ich bekomme es zu einem Teil nicht wirklich bewusst mit. [00:04:51] Speaker B: Es sei denn, ich gehe bewusst in den POS, in den Laden rein, bewusst. Absolut, absolut. Darüber will ich dann nämlich noch sprechen, damit Sie, Herr Doktor, und ich, und jetzt habe ich es trotzdem nochmal gesagt, Herr Sabetz, und ich und alle unsere Hörerinnen auch wissen, wovon wir sprechen. Hier unsere Faktenbox zum Thema, wie immer, mit Bettina Scharbschneider. [00:05:18] Speaker C: In den Jahren vor der Pandemie und den Lockdowns betrug der Weihnachtsumsatz jährlich rund 2 Milliarden Euro. Seit drei Jahren hat sich der Umsatz auf ca. 1,8 Milliarden Euro für jedes Weihnachtsfest reduziert. Der Online-Handel kann jedoch einen Anstieg verbuchen. Amazon und Co. wurden durch Bestellungen rund 600 Millionen Euro Weihnachtsumsatz prognostiziert. Das entspricht einem Plus von 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bereits 2018 gaben 58 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher an, ihre Geschenke ganz oder teilweise im Internet zu kaufen. Hier spielen Influencer eine wichtige Rolle. Etwa zwei Drittel von in Deutschland befragten Onlineshoppern gaben an, dass sie von Influencern beworbene Marken mit größerer Wahrscheinlichkeit kaufen. Im Online- wie im Einzelhandel gibt es viele Strategien, Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Von der Platzierung des Produkts, wie teure Marken auf Augenhöhe im Supermarkt, über Rabatte für bestimmte Zeiträume oder Warengruppenrabatte, die zum Vorratskauf animieren, bis hin zur Shrinkflation, wenn also die Verpackung gleich bleibt, nur der Inhalt schrumpft. Quellen, die Publikation, Kommunikations- und Marketingpsychologie von Dr. Josef Sarwets aus dem Jahr 2022, statista.com und die Kleine Zeitung. [00:06:34] Speaker B: Herr Sawitz, wir sind manipulant. Wir gehen auch als manipulante Wesen in Geschäfte. Wir wissen – da brauchen wir niemanden mehr überraschen oder unterfordern – seit einiger Zeit, dass Produkte, die auf Augenhöhe im Regal stehen, uns mehr einladen. hinzugreifen. Ist das in Stein gegossen? Entspricht das überhaupt noch unserem Kaufverhalten analog? Wahrscheinlich schon. Gibt es das digital auch? [00:07:16] Speaker A: Ja, also zuerst einmal offline, also in der realen Welt, direkt im Geschäft. Die allseits bekannte Methode, Produkte, bei denen ich als Händler gut verdiene, so zu platzieren, dass man sie schnell bemerkt und leicht erreichen kann. Das liegt vor allem daran, Und das wirkt nach wie vor bei einem Großteil der Menschen und bei einem Großteil der Einkäufe ganz grundsätzlich. Denn wir sind ein Wesen, das immer den einfachsten Weg sucht. Und ich erkläre jetzt kurz den Hintergrund. Unser Gehirn ist das Organ im Körper, das am meisten Energie verbraucht. Und zwar 20 mal so viel Energie wie ein gleich großer Muskel. Also nicht 20 Prozent mehr, sondern 20 mal so viel. Das ist also ein irrer Energieverbraucher. Und eigentlich haben wir einen viel zu kleinen Körper für ein viel zu großes Gehirn oder ein viel zu großes Gehirn für einen viel zu kleinen Körper. Stimmt die Proportion nicht. Und aus dem Grund hat sich im Laufe der Evolution und der Stammesgeschichte des Menschen, auch vor dem Hintergrund, dass man den Kalorien- und Energienbedarf nicht zu allen Zeiten garantiert decken konnte am nächsten Tag oder in der nächsten Woche, es war also nicht immer klar, ob ich genug zu essen haben werde, hat sich ein Mechanismus etabliert in unserem Gehirn, der uns zum Energiesparen motiviert. Und der wird dadurch hergestellt, dass alles, was uns einfach und bequem gemacht wird, automatisch das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert. Dadurch suchen wir immer den einfachsten Weg. So, und wenn jetzt etwas auf Augenhöhe platziert ist, muss ich mich nicht strecken, muss mich nicht bücken und muss mich nicht orientieren und herumsuchen, sondern es wird mir direkt vor Augen geführt. Und dadurch, dass es mir direkt vor Augen geführt wird, wird das Belohnungszentrum aktiviert und es erscheint mir attraktiver. Damit entsteht natürlich ein Bias, eine Verzerrung in der Preis-Leistungs-Wahrnehmung. Ich erachte es als wertvoller, als attraktiver und damit wird der Preis auch rechtfertigbarer für mich. [00:09:40] Speaker B: Und das ist eine kollektive Wirkung. Der Preis mag ja attraktiv sein, aber wir haben gerade gehört von Kollegin Schapsschneider, die Shrinkflation ist voll im Gange. Wir zahlen den gleichen Preis, damit wird also unsere Erwartungshaltung befriedigt. Wir sind in einer Art inneren emotionalen Ordnung, weil das nehme ich ja immer. Aber wir bekommen weniger Inhalt. Um uns davor zu schützen, werden Sie wahrscheinlich auch, Herr Savets, sagen, schaut bitte auf den Inhalt, auf die Gramm oder die Stückzahl und so weiter. Das bedeutet aber, dass wir in dem Moment mehr Verantwortung übernehmen als gewohnt. Das heißt, einkaufen wir zur Arbeit. [00:10:30] Speaker A: So ist es. Sparen ist mit Mühe verbunden. Sparen ist mit Mühe verbunden. Es beginnt einmal damit, dass ich vergleichen muss. Es hat in weiterer Folge auch zum Inhalt, dass ich in diesen Vergleichen in die Details gehen muss, in die Inhaltsstoffe, in die Menge. Und das ist natürlich zeitintensiv. Das ist aufwendig, auch mental, einfach anstrengend, darüber nachdenken zu müssen, das vergleichen zu müssen, sich die Inhaltsstoffe und die Menge im Vergleich zum Preis genau vergegenwärtigen zu müssen. Das macht das Einkaufen weniger lustvoll. Natürlich ist das Einkaufen lustvoller und mehr Genuss, wenn mich etwas anspringt, das schön aussieht, das mein Begehren aktiviert und auf das ich einfach hingreife und das ich dann ganz einfach über die Kasse, über die Scannerkasse ziehen lasse, dann mit meiner Kreditkarte zahle, ohne jetzt Bargeld rausnehmen zu müssen und die Sache ist erledigt. Das habe ich dann einfach ganz schnell mitgenommen und diese Einfachheit, wie gesagt, aktiviert unser Belohnungszentrum und das wollen wir. Wir wollen ein einfaches, bequemes Leben, ein freudvolles Leben. [00:12:02] Speaker B: Aber es heißt doch, Herr Savitz, verzeihen Sie, dass ich da jetzt eingrätsche, dass wir auch belohnt werden, also hormonell zumindest, wenn wir draufkommen, dass wir einen Vorteil erwischt haben, dass wir etwas sehr billig, so ist ja Schlussverkauf entstanden und so weiter. Wie ist das da? Müssen wir uns dafür schützen oder gilt das als okay? [00:12:31] Speaker A: Ja, wenn es objektiv wirklich eine Ersparnis ist, dann ist es wirklich eine nachhaltige Freude. Weil dann sollte ich im Nachfeld des Kaufes darauf kommen, ich bin auf ein vermeintliches Schnäppchen hereingefallen, wie zum Beispiel jetzt Black Friday oder Black Week oder sage mal andere und ähnliche Aktionen. Auf jeden Fall meinte ich jetzt Schnäppchen hereingefallen, weil ich mich nicht entsprechend informiert habe, nicht entsprechend vorbereitet habe und, und, und, und, ja, also darüber können wir noch genauer sprechen, was ich da alles tun müsste, damit das eben nicht passiert. Aber wenn ich dann wirklich ein Schnäppchen mache, also ein objektives Schnäppchen, und ich merke, ihm nachfällt auch, ja, das wirft wirklich einen tollen Kopf. Dann haben wir natürlich dieses Investment, das wir vorher hatten, oder zu vergleichen, wirklich sparsam an den Konsum heranzugehen, haben wir dieses Investment auch gut verzinst. Das heißt, wir haben für diese Mühe, die wir da investiert haben, auch eine Belohnung bekommen. Und zwar, wir haben etwas erfolgreich gejagt. Wir haben etwas erfolgreich gejagt und das aktiviert wiederum unser Belohnungszentrum. Und das wird uns auch dazu motivieren, so ein Erfolgserlebnis wiederzubekommen. [00:13:53] Speaker B: Deswegen haben jetzt die Handelsketten diese alten Rabattmarken wieder aufgelegt, weil damit ist alles gedeckt. Da sind wir Jäger und Sammler. [00:14:06] Speaker A: Wunderbar, sehr schön ausgedrückt, Herr Göbel. Damit appelliert man eigentlich an unsere Steinzeit-Urahnen-Vorfahren, die noch immer in unseren alten Gehirnteilen schlummern. Wir haben deren Erfahrung, deren Wissen, haben wir geerbt. über Generationen und Generationen. Wir sind praktisch die Spitze der Evolution und wir stehen auf den Schultern aller unserer Ahnen und U-U-U-U-U-Ahnen und alles, was die gelernt haben, ist jetzt Teil unseres mentalen Inventars. [00:14:43] Speaker B: Wenn wir jetzt so über uns als Konsumenten und so weiter sprechen, hören wir uns doch mal an, was die anderen außer uns beiden Konsumenten jetzt zum Thema sagen. Denn wir haben natürlich wieder unsere Straßenumfrage gemacht. Hören Sie mal, worum es diesmal ging. [00:15:04] Speaker A: Kaufen Sie manchmal mehr ein, als Sie vorher gehabt haben? [00:15:07] Speaker C: Nein, eigentlich nicht. [00:15:08] Speaker B: Ich bin da sehr streng zu mir. [00:15:10] Speaker D: Selten. [00:15:11] Speaker B: Nein, eigentlich nicht. Nein, nie. [00:15:14] Speaker D: Nicht. Nein, eher nicht. Eher weniger, meistens. Also ich kaufe eher weniger ein, als ich vorher gehabt habe. [00:15:20] Speaker A: Und woran liegt das? [00:15:21] Speaker D: Disziplin. Ich brauche nur das, was ich, wie soll ich sagen, das was ich halt momentan brauche, das kaufe ich ein. Kommt sehr selten vor, dass ich mehr reinkaufe. [00:15:28] Speaker B: Weil ich das Geld nicht dafür habe. [00:15:30] Speaker D: Dazu fehlt mir das Geld. [00:15:32] Speaker C: Ich gehe mit Einkaufsliste. [00:15:34] Speaker A: Kaufen Sie im Supermarkt manchmal mehr, als Sie vorgehabt haben? [00:15:37] Speaker B: Tja, da gehe ich um drei Sachen und nehme fünf dann. So ungefähr. Wenn ich das sehe. [00:15:44] Speaker A: Na sicher, klar. Weil wenn ich was sehe, was mich heute gerade anspricht, natürlich mache ich das. [00:15:49] Speaker C: Wahrscheinlich schon, ja. [00:15:50] Speaker A: Und woran glaubst du liegt das? [00:15:52] Speaker C: An Impulskontrolle teilweise. [00:15:55] Speaker B: Herr Sawitz, die Fragestellung des Kollegen Christoph Baumgarten, übrigens Shoutout an dieser Stelle, danke für die gute Arbeit, Kollege Christoph, erscheint mir ja in der Zeit so genial, weil es ja die Antworten beweisen, dass es eine Nona-Frage zu sein scheint. Nona kaufen die allermeisten von uns. Meistens mehr. Lohnt es sich denn da überhaupt noch darüber zu sprechen oder sollten wir das nicht einfach schulterzuckend als menschlich akzeptieren? [00:16:32] Speaker A: Nein, also ich würde davon abraten, das als gottgegeben oder feindlich anzusehen. Wir haben glücklicherweise als menschliche Art ein ganz großes Privileg, und zwar die Willensfreiheit. Die Willensfreiheit, die wird natürlich da und dort versucht, eingeschränkt zu werden. Aber grundsätzlich haben wir sie und wir sollten sie auch nutzen. Und insofern einen Nutzen, und das ist in diesen Interviews sehr schön rausgekommen. Wir haben hier ganz unterschiedliche Zugänge, wie Personen mit Konsum umgehen, wie sie mit dem Einkauf umgehen, wie sie ihr Leben gestalten, auch was eben die Ausbalancierung zwischen Genuss und Sparsamkeit anbelangt. Natürlich, wenn ich ein stärkeres Gewicht lege, und das ist individuell natürlich ganz unterschiedlich, auf ich möchte ein genussvolles Leben führen, dann werde ich wahrscheinlich die Motivation für Sparen etwas runterfahren. Und mein verfügbares Einkommen, mein frei verfügbares Haushaltseinkommen, ja, auf Ziemlich ausnutzen, wenn nicht überstrapazieren. Denn dahinter steckt vielleicht die Einstellung, morgen kann ja schon vorbei sein. Und das Leben ist zu kurz, um irgendetwas aufzuschieben. Und dann haben wir eine andere Personengruppe, wenn ich jetzt nur ganz grob diese zwei Gruppen voneinander trenne. Die denkt viel mehr an die Zukunft, sieht mehr das Risiko, und die haben eine größere Motivation, zu sparen. Die fahren den möglichen Genuss, den aktuellen möglichen Genuss etwas runter, beschränken sich selbst, disziplinieren sich mehr oder weniger in der Hinsicht selbst, schränken sich bewusst ein, um eben gewisse Reserven zu haben und diese Reserven auch zu halten. Für die ist ein Sicherheitsgefühl sehr, sehr wichtig. [00:18:45] Speaker B: Jetzt haben wir die Genusskonsumentinnen und wir haben die Sicherheitskonsumentinnen, wenn wir beide so wollen. Mir erscheint, dass die Genusskonsumentinnen sich ihr Eigenes Belohnungshormon selbst auslösen und spätestens dann, früher hieß es um 20.15 Uhr, vom Fernseher setzen mit einem Esstisch, der sich biegt und für diese Momente sich sagen können, es geht mir gut. So, da steckt ja dahinter eine Art Selbstbefriedigung, muss man fast sagen. Man möge mir verzeihen an dieser Stelle, aber es ist so. Konsumentinnen erscheint es mir aber so, dass deren Belohnung nicht so üppig ausfällt. Dass sie nicht nach Hause gehen und sich tierisch freuen. Ah, jetzt habe ich kein Geld ausgegeben. Wie geil ist das denn? Jetzt liegt es weiter am Sparbuch und so weiter. Können, sollen wir denen helfen? [00:19:58] Speaker A: Ja, ich glaube nicht, dass wir denen helfen müssen. Denn sie ziehen aus dieser Einstellung, und diese Einstellung führt ja auch zu diesen Verhalten dann, ziehen sie natürlich auch einen Gewinn. Und wenn wir das jetzt, das ist relativ grob, aber machen wir es so einfach und so grob, sagen wir diese zwei Hauptrichtungen. Der Genussmensch und der Sicherheitsmensch. Und der Genussmensch, um das auch noch plakativer herauszuarbeiten, lebt für den Moment. Lebt für den Moment und hat hier eine sofortige Bedürfnisbefriedigung und Wunscherfüllung im Moment. Und das bringt natürlich ein glückliches Leben für diese Person. Und der Sicherheitsmensch, der aber für die Zukunft mehr oder weniger vorsorgt, Der zieht auch einen Glücksmoment daraus, und zwar die Sicherheit und das gute Gefühl, einen Polster zu haben. Einen Polster zu haben und auch das gute Gefühl, sich nicht verführen zu lassen. [00:21:05] Speaker B: Aber ermüdet dieses Gefühl nicht schnell, hat es nicht eine erschreckend kurze Halbwehrzeit insofern, als ja doch die Freude über etwas Geiles, was wir uns jetzt gekauft haben, weitaus mehr und besser und wirksamer ist, als dieses Gefühl, ich habe widerstanden. [00:21:35] Speaker A: Oder liege ich da falsch? Da muss ich zur Ehrenrettung der Sicherheitsbedarf folgendes sagen. Und zwar muss man folgendes bedenken. Wenn ich so ein sicherheitsorientierter Konsument bin, der das Sparen höher gewichtet als den unmittelbaren Genuss, für den ist es natürlich auch so, dass ich ja doch immer wieder etwas kaufe, das mir Freude bereitet. Das ist ja nicht so, dass die komplett enthaltsam sind. Diese Momente sind fokussierter, sind spezifischer, sind rarer. Und dadurch, dass sie rarer sind, sind sie weniger inflationär entwertet. Das heißt, wenn sich der Sicherheitstyp eine Freude macht, dann ist die um ein Vielfaches größer als bei dem Menschen, der sich jeden Tag alles nimmt, was er will. Das nützt sich relativ schnell ab. Und dann besteht die große Gefahr, dass ich mich daran gewöhne. Und das ist wie eine Sucht. Und ich brauche immer mehr. Und dann kann es im Worst Case, im schlimmsten Fall, dazu führen, dass ich mich verschulde. [00:22:56] Speaker B: Ja, dass ich mich verschulde. Und dann fängt die Spirale an. [00:23:00] Speaker A: Und dann fängt die Spirale an und dass ich dann wirklich in existenzielle Probleme gerate. [00:23:05] Speaker B: Also es ist umgekehrt, als ich eigentlich vermutet habe. [00:23:08] Speaker A: Ja, man darf nicht voreilig Schlüsse ziehen. [00:23:13] Speaker B: Und schon gar nicht in der Wissenschaft. Absolut vollkommen richtig. Aber Trial and Error. Also ich lerne. Jetzt sind wir ja schon, kann man sagen, mitten in der Weihnachtszeit. Ich weiß nicht, Herr Savic, ob Sie schon gewammt wurden in diesem Jahr? Ich habe es schon gehört. Last Christmas, also das heißt, das ist immer der Startpfiff. Jetzt geht's los und Weihnachten ist nun einmal Man muss fast sagen, bis zum 24. zum Mittag ein Konsumfest geworden. Und sind wir jetzt aufgrund dieser allgemeingültigen La-La-Lu-Lu-Fest der Liebe, der Umgebung, die uns jetzt da umgibt, eher geneigt, Fehler zu machen beim Konsumieren. Wie funktioniert denn dieses Weihnachten-, Black-Friday-, Valentine's-Day-Syndrom, dass wir plötzlich auf Befehle von irgendwo reagieren und wie die Irren anfangen, zu konsumieren und zu kaufen? Wie funktioniert das? [00:24:30] Speaker A: Da möchte ich auch hier wieder ... Zur Ehrenrettung der Wirtschaft etwas sagen. Die Wirtschaft sind wir alle. Und wenn hier Weihnachten instrumentalisiert wird, um den Konsum anzukurbeln, heißt das auch, dass viele Unternehmen, in denen wir auch beschäftigt. [00:24:54] Speaker D: Sind. [00:24:56] Speaker A: Mehr verdienen können und damit unsere Arbeitsplätze gesichert sind. Also wir dürfen nicht vergessen, dass wir alle in einem Boot sitzen. Wir sitzen alle in einem Boot. Das heißt, das, was wir ausgeben, kommt indirekt irgendwie wieder zu uns zurück. Das kommt irgendwie indirekt wieder zurück. Manchmal direkt und manchmal sehr indirekt. Also das sind dann natürlich die individuellen Unterschiede. Man darf das nicht verteufeln und verdammen. Wir leben einfach miteinander und wir leben, um uns auch Freude zu machen, einander Freude zu machen und zu konsumieren. Und die Vorweihnachtszeit hat eine ganz besondere Bedeutung für den Konsum insofern, als dass das einfach institutionalisiert ist, ein Namen der Freude zu schenken. Und das ist eben in unserer materialistisch eingestellten Welt auch damit verbunden, dass ich jemandem etwas Materielles überreiche. Und das kostet leider Geld. Und das ist aber auch dann ein symbolisches Zeichen der Wertschätzung. Wie viel bist du mir wert? Wie wertvoll ist das Geschenk, das ich dir überreiche? Es gibt Länder, wie zum Beispiel im asiatischen Raum in Japan, da muss man sehr aufpassen, wenn man zu einer Familie zu Besuch kommt, ihnen nicht zu wertvolle Geschenke mitzubringen, weil die haben eben in ihrer Kultur die innere Verpflichtung, ein noch wertvolleres Geschenk zurückzuschenken. Und das könnte dann passieren, dass sie sich das gar nicht leisten können. Dass sie aber diesen Zwang, diesen gesellschaftlichen, kulturellen Zwang unterworfen sind. Das ist natürlich eine Dynamik, die wir auch ein bisschen zu Weihnachten haben und die da nicht so positiv ist. Das ist diese Gegenseitigkeit oder Reziprozität, die in uns Menschen eingebaut ist. Aber insgesamt bringt eben Weihnachten, die Vorweihnachtszeit, einen allgemeinen Kaufrausch, einen Beschenkungsrausch und auch natürlich eine Stimmung, die mich in Kauflaune bringt. Das ist schon eine gute Basis, um den Konsum anzukurbeln. [00:27:10] Speaker B: Absolut, jaja. Was mich ein wenig stört, ich sage es offen und ehrlich, sind natürlich diese prognostizierten, was hat sie jetzt gesagt, Frau Schapsschneider, im Onlinehandel 600 Millionen und so weiter Weihnachtsumsatz. Finde ich ein bisschen schade, dass das nicht im Land bleibt, also rein fiskal. Weil sie nach wie vor ihre Schlupflöcher suchen und finden, keine Steuern zu zahlen. Während ja doch auch andere Online-Adressen, zumindest in Europa, nicht so geheimisch Steuern zahlen. Ich möchte mich jetzt an Richard Thaler. Ein Wissenschaftler, ein Mann, der die Verhaltensökonomie erfunden hat. Mitgeprägt hat. Er erklärt uns eigentlich, wie wir funktionieren, wenn wir konsumieren. Ist das zu grob? [00:28:25] Speaker A: Ja, zu einem Teil, zu einem Teil. [00:28:28] Speaker B: Ich kann keine Punkte machen bei Ihnen heute. [00:28:30] Speaker A: Nein, nein, nein. Das stimmt natürlich. Im Großen und Ganzen ist das natürlich vollkommen richtig. Aber man muss es vielleicht ein bisschen fokussieren. einschränken. Es geht vor allem darum, wie unsere Urteilsvermögen und die darauf folgenden Entscheidungen getroffen werden. Das untersucht eben Behavioral Economics, Judgment and Decision Making, Decision Neuroscience und die Verhaltensökonomie. Diese Felder untersuchen diese Prozesse, wie beurteilen wir vor einer Entscheidung die jeweiligen Optionen und wie entscheiden wir uns dann. Und Richard Taylor hat hier sehr schön zeigen können, und dafür hat er auch einen Nobelpreis bekommen, dass also viele unserer Beurteilungen und Entscheidungsfindungen nicht sehr rational sind und nicht auf sehr sachlicher Basis beruhen, dass wir also sehr stark von Intuitionen, von inneren Verzerrungen unserer Wahrnehmung gelenkt werden und von Emotionen, dass wir also sehr viel aus dem Bauch heraus entscheiden und dass das ein wichtiges Entscheidungsinstrument in uns ist. Wir haben also praktisch zwei Entscheidungsinstrumente. Wir haben unseren Verstand, Und wir haben unser Bauchgefühl. Und die in Kombination treffen die Gesamtentscheidung. Und der Anteil des Bauchgefühls, unserer Emotionen, ist größer, als man davor angenommen hat. [00:30:13] Speaker B: Hilft es uns, wenn wir das Wissen und vor dem Regal stehen? [00:30:19] Speaker A: Das hilft uns. Das hilft uns. Je mehr Sie darüber wissen, wie teilweise unbewusst und emotional gesteuert wir sind und auch, das wird ja dann auch von der Industrie und vom Handel ausgenutzt, genau dort an diesen Hebeln zu drehen, um uns zu steuern, um uns in einer gewissen Weise zu beeinflussen, wenn wir uns dessen bewusst sind, Dann ist der erste Schritt getan, dann haben wir nämlich eine Distanz zu unserem eigenen Beurteilungs- und Entscheidungsvermögen und können es kritisch betrachten und sagen, will ich das jetzt oder will ich das jetzt nicht. Wenn es mir nicht bewusst ist, dann arbeite ich eigentlich in der Hinsicht wie ein Roboter. [00:31:08] Speaker B: Aber wenn ich mich doch schon in der Situation befinde, um mir diese Fragestellung anzutun, dann will ich doch schon mal grundsätzlich. Sonst würde ich gar nicht fragen. Das heißt, wenn ich dann draufkomme, ich will eigentlich nicht bzw. ich sollte jetzt nicht wollen, weil ich soll hier gerade mächtig manipuliert werden, kommt doch eigentlich ein Frustergebnis raus, weil ich kaufe dann nicht. Ich gehe weiter. [00:31:40] Speaker A: Das muss nicht unbedingt sein. Es kann natürlich sein, dass durch diese Selbstreflexion oder Selbsterkenntnis, also besteht jetzt die Gefahr, dass meine evolutionären alten Gehirnteile, die da automatisch auf irgendetwas reagieren, genutzt werden, um mich zu manipulieren. Wenn ich dann zum Beispiel online kurz einmal innehalte, kurz einmal geistig innehalte und mir gegenwärtig wird, dass da eventuell gerade etwas mit mir passiert, was ich vielleicht gar nicht will, dann bin ich in dieser Willensfreiheit, und wie gesagt, das ist ja ein ganz großer Privileg, dass wir das haben, in dieser Willensfreiheit, setzt aber voraus, dass sie mir das vorher bewusst ist, diese Situation. Dann bin ich in der Willensfreude zu entscheiden und das Entscheidungsinstrument Verstand heranzuziehen stärker und hier zum Beispiel einen genauen Preisvergleich zu machen, mir genau zu überlegen, brauche ich das wirklich, brauche ich das jetzt? Und dann damit ein sehr sachliches, rationales Kalkül zu ziehen und damit eine fundiertere Entscheidung, die weniger von Impulsen, von Emotionen und von manipulativen Kräften, die in mir wirken, geprägt ist. [00:33:07] Speaker B: Also ist doch, wenn ich Ihnen jetzt richtig folge, Herr Sawitz, unsere Kaufentscheidung eine bipolare? Das heißt, eine Mischung aus emotionalem Wollen, Attraktivität, mehr Interesse? stehenbleiben mit dem Wager, um dann zu einer kognitiven zu werden, mit der Frage, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, ja, das will ich, aber brauche ich es auch unbedingt? [00:33:43] Speaker A: Ja, Herr Göbel, das haben Sie jetzt wunderbar formuliert. Das ist mein Punkt. Das ist gleich ein ganzes Set an Punkten. Danke schön, Herr Professor. Das haben Sie jetzt ganz wunderbar zusammengefasst. Ja, genau so ist es. Und wir müssen natürlich auch eines berücksichtigen. Wir haben hierfür die Emotionen und für den Verstand unterschiedliche Geschwindigkeiten, damit eine Chronologie. Was kommt zuerst? Zuerst einmal kommt das Bauchgefühl. Zuerst einmal kommt diese Lust, das Bauchgefühl und diese unbewusste Herangehensweise, ah, das gefällt mir, das spricht mich an, ich will das. Das kommt einem sofort, das ist sehr spontan, das kommt praktisch aus den evolutionarischen, unbewussten Gehirnbereichen und dann erst später Ja, bei manchen Leuten gar nicht, aber dann erst später schaltet sich der Verstand ein und der Verstand klärt dann einfach ab. Kann ich mir das leisten? Brauche ich das wirklich? Brauche ich das jetzt? Ist das im Vergleich zu anderen Angeboten wirklich das beste Angebot? Und hier wird praktisch dann kalkuliert, Und hier ist praktisch der Dompteur des wilden Tieres in uns, der dann diesen Tiger, der da gleich rausspringt und etwas fressen möchte, in die richtige Richtung dirigiert. Und wenn diese zwei Entscheidungssysteme, das Bauchgefühl und unser Verstand, gut zusammenspielen, dann können wir sehr gute Entscheidungen treffen und ein sehr glückliches Leben führen. [00:35:22] Speaker B: Mir fehlt was. Mir fehlt eine Entwicklungsstufe, nämlich jene – und da zitiere ich mich selbst emotional – ich widerstehe, weil ich zu dem Ergebnis gekommen bin, ich will es zwar, aber ich brauche es nicht, Außer, fällt mir gerade ein, in Baumärkten. Baumärkte sind ja Konjunktivmärkte eigentlich, ist mir aufgefallen. Weil dort kauft man ja nur Sachen, von denen man überzeugt ist, dass man sie mal brauchen könnte. Irgendwann. Weil diese eine Maschine genau das kann, was ich jetzt gerade nicht brauche, aber irgendwann könnte. So, dann gehe ich weiter, habe Widerstand. ist aus. Ich werde nicht wirklich belohnt dafür. Ich falle um, um dieses Zuhause-Auspacken-Ding, was ja mittlerweile medial auch schon zelebriert wird. Es gibt ja, wie Sie wissen, YouTube-Videos, wo man beim Auspacken dabei ist und sehr geschickt. Falle ich um, spielt es bei mir nicht, sondern ich komme wieder in meine Behausung, die ich nicht weiter verschönern kann, weder meine innere noch die äußere, weil ich nicht zugeschlagen habe. Gäbe es nicht einen, ja, ich würde fast sagen, einen Mantra, dass wir uns sagen können, ich habe wieder widerstanden, ich war gut, ich habe nicht gekauft? [00:36:53] Speaker A: Ich würde das jetzt nicht so schwarz-weiß betrachten. Kaufen und nicht kaufen. Das ist ein Kontinuum, auf dem sich das bewegt. Nehmen wir jetzt die Baumärkte her. Das war ein sehr schönes und konkretes Beispiel. Natürlich will ich mir, wenn ich Interesse am Heimwerken und am Selbstmachen usw. habe, natürlich will ich mir durch ein tolles Werkzeug auch eine Freude machen. Diese Freude ist aber nur dann eine wirklich nachhaltige Freude, wenn ich es nicht nur auf Vorrat kaufe und dann nur einmal auspacke und niemals verwende. Dann war es rausgeschmissenes Geld. Und dann werde ich das auch irgendwann mal bereuen. Das heißt, da tue ich mir langfristig eigentlich nichts Gutes, sondern da baue ich mir zwar unmittelbar eine Freude, aber ich programmiere mir den Fuß für die Zukunft. Ja, und den Ärger über sich selbst, dass ich hier diese Impulskontrolle nicht wirklich im Griff hatte und diesem Impuls gefolgt bin und das einfach gekauft habe. Wenn es aber ein Gerät ist, ein Werkzeug ist, das ich in zeitnah doch einsetze und mit dem ich produktiv und konstruktiv arbeiten kann, dann ist es eine Doppelfreude. Dann ist es eine Doppelfreude. Dann habe ich in dem Moment des Kaufes mich beschenkt und dann habe ich im Moment des Gebrauches mich beschenkt und dann kann ich mit großem Stolz, Werkstolz, auf das blicken, das ich mit diesem tollen Werkzeug auch hergestellt habe. Dann habe ich praktisch eine dreifache Freude. Das heißt, hier plädiere ich für eine differenzierte Sicht. Eine differenzierte Sicht in der Hinsicht, sich ganz genau zu überlegen, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass ich das zeitnah konstruktiv verwenden werde. Und in diesem Fall rate ich dazu, kaufen Sie. [00:39:09] Speaker B: Wunderbar, sagt der Marketing-Psychologe. Dr. Josef Saaved übrigens. Richard Taylor, kommen wir zu ihm zurück. Nudging, ein Welterfolg? [00:39:21] Speaker A: Ja, kann man sagen. Ein Welterfolg und nicht nur als Buch, sondern als System. Und als System, das sehr viele Administrationen und Regierungen übernommen haben. Richard Taylor hat die Obama-Administration, Merkel und so weiter beraten und seine Leute. [00:39:40] Speaker B: Was er macht, wollen wir es kurz erklären. Er benutzt ganz Kleine, aber wesentliche Maßnahmen, um unser aller Verhalten, nicht nur mittlerweile das Kaufverhalten, sondern das generelle Lebensverhalten, zum Besseren zu beeinflussen. Savage übernehmen Sie. [00:40:04] Speaker A: Ja, also ursprüngliche Idee zum Besseren zu beeinflussen. Leider Gottes kann man das jetzt so nicht mehr vollkommen halten, diese Aussage. Denn Nudging wird mittlerweile nicht nur von Regierungen, von Non-Profit-Organisationen, sondern natürlich auch von Unternehmern im Marketingbereich, im Werbebereich etc. eingesetzt, um eben Profit zu erhöhen und uns auch in einer gewissen Weise zu beeinflussen und zu manipulieren. Der große Unterschied zwischen zwei Arten Menschen zu beeinflussen, möchte ich ganz kurz voneinander eben hier unterscheiden. Der eine Art ist über Kommunikation, persuasive Kommunikation, jemanden überzeugen. Ja, jemanden überzeugen. Da habe ich ja noch die Möglichkeit, wenn jemand sich mit einem Argument an mich wendet und mir etwas anbietet und sagt, wie toll das ist und wie preisgünstig das ist, dass ich darüber nachdenken kann, ob ich das auch so sehe oder nicht, ob ich dieser Argumentation folge oder nicht. Das ist persuasive Kommunikation, die versucht, Menschen zu überzeugen. Und Nudging ist stupsen. Jemanden in eine bestimmte Richtung manövrieren und stupsen. Das versucht gar nicht zu argumentieren. Das geht gar nicht den Weg über Kommunikation, sondern stellt mich vor eine Situation, in eine Situation, in eine Wahlsituation hinein und geht davon aus, dass wenn ich verschiedene Möglichkeiten habe, Über die kollektiv evolutionär alten Gehirnteile habe ich eine bestimmte Präferenz, eher Variante A zu nehmen als Variante B. Ich möchte das an einem Beispiel festmachen. Nehmen wir die Organspende in Österreich und in Deutschland. Das ist ein Nudging-Prinzip, das nennt sich Default Principle, das Prinzip der Voreinstellung. Und diese zwei Herangehensweisen an Organspende ist konträr in den beiden Ländern. Wir werden als Organspender geboren. In Deutschland muss man sich zum Organspender erklären, also ein Opt-in-System. Wer hat mehr Organe zur Verfügung im Verhältnis zur Bevölkerung? Wir Österreicher. Wir Österreicher haben durch dieses System, dass man praktisch geborener Organspender ist, mehr Organe zur Verfügung. Wir hätten hier in Österreich und haben natürlich die Möglichkeit, jederzeit raus zu optieren, zu sagen, ich will das nicht. Das ist aber mit Aufwand verbunden und vielleicht mit irgendwie unkalkulierbarem Risiko. Ich weiß nicht, was ist dann, wenn ich selber vielleicht mal ein Hologramm brauche? Rutsche ich dann in der Liste weiter runter? Das könnte vielleicht eine irrationale Angst sein. Und der Mensch will zwei Dinge verhindern. Aufwand und Risiko. Und weil man das weiß, bleiben die meisten Menschen dabei. So ähnlich ist es bei Energielieferanten oder bei Mobilfunktarifen. Wenn der Leidensdruck nicht zu groß ist, tue ich mir den Wechsel nicht an. [00:43:29] Speaker B: Aber jetzt interessiert mich etwas. Die Deutschen müssen etwas unterschreiben, einen Antrag stellen, damit sie ihre Organe ... zur Verfügung stellen. In Österreich müssen wir einen Antrag stellen, wenn wir das nicht wollen. Ansonsten, wenn wir sterben, werden unsere Organe automatisch infrage kommen für Patienten. Was passiert mit der Frau in Deutschland, die mitbekommt, dass es ... einen Aufwand bedeutet? Warum ist das schlechter? Warum haben die wenige Organe? Was geht da in uns vor? Geistig, dass wir sagen, nee, lass mal, ich will das nicht. Im Gegensatz zu den Österreichern? [00:44:27] Speaker A: Also der ganz große Unterschied ist, uns Österreichern ist das gar nicht bewusst. Und wenn ich wechseln möchte, ist das natürlich dann eine bewusste Entscheidung. Eine bewusste Entscheidung hat dann natürlich sofort die innere Kalkulation, was ist für ein Aufwand damit verbunden, Was ist für ein mögliches Risiko damit verbunden? Dann wird das abgewogen. Und da wir riskoavers sind, also Risiko vermeiden wollen, und dadurch, dass wir Aufwärmen vermeiden wollen, geht dann die Gesamtbilanz und die Entscheidung so aus, nein, mache ich doch nicht. Und die Deutschen können ja das nicht so leicht ändern. Die versuchen, über persuasive Kommunikation die Leute zu überzeugen. Das hat aber enden wollenden Erfolg. [00:45:11] Speaker B: Und ist manchmal kontraproduktiv, oder? [00:45:13] Speaker A: Und ist kontraproduktiv, weil man die Leute erst auf das Problem aufmerksam macht und dann sagt, nein, das ist eh gut so und das lassen wir so. Und bei uns wäre es kontraproduktiv, wenn ich das zum Thema machen würde. Das heißt, solange es nicht bewusst ist, Nehmen wir ein anderes Beispiel, ELGA, die elektronische Gesundheitsakte. Was war die Voreinstellung? Die Voreinstellung, sie sind automatisch dabei. Sie haben aber, und das ist das Charmante an dieser Nudging-Technik, man nimmt den Menschen nicht die Wahlfreiheit. Sie können jederzeit raus aus ELGA. Aber da ist ein bisschen ein Aufwand und dann besteht vielleicht da oder dort ein gewisses Risiko, dass wenn Ihnen irgendetwas passiert, dass man nicht so schnell auf Ihre ganzen Gesundheitsdaten und Behandlungen und so weiter und so fort zugreifen kann. Und dadurch, dass wir, und hier sind wir sehr klug, wir Österreicher, wir brauchten Richard Taylor gar nicht. Wir haben von vornherein, haben wir instinktiv, insofern bin ich sehr stolz Österreicher zu sein, instinktiv die richtige Entscheidung getroffen. [00:46:25] Speaker B: Ja, was natürlich auch mit der, wenn wir schon von Hirntätigkeiten und Kultur sprechen, natürlich mit den restimperialistischen Spurenelementen in Ihnen, möchte ich fast sagen, zusammen. Man folgt und erst dann denkt man lang drüber nach, ob man nicht folgen sollte. [00:46:45] Speaker A: Ja, ja, also vielen Dank. Das haben Sie aus der Außensicht sehr schön reflektiert. [00:46:51] Speaker B: Ich schaffe drei Punkte, ich schwöre es euch, Leute. Jetzt habe ich natürlich ein Riesenthema. Nämlich unsere gesellschaftliche Veränderung. Wir befinden uns, so sagen manche auch ihrer Kolleginnen, in dem größten Change-Prozess der Menschheit ever. Allen voran also durch die künstliche Intelligenz und die Verschiebung aller Systeme, ob das wirtschaftlich, psychologisch, wissenschaftlich auch etc. so. Wir wollen, gerade was das Klima angeht, in eine ganz bestimmte Richtung. Wir haben auch ganz klare Ziele. Stichwort 1,5 Grad und so weiter. Wie kann uns Richard Taylor denn dabei helfen? Können wir zur Klimarevolution oder zumindest zur Klimaevolution, wenn es überhaupt noch gehen sollte, genutscht werden? [00:47:51] Speaker A: Ja, natürlich. Es gibt ganz viele Möglichkeiten. Und ich nenne jetzt ein paar, die praktisch den Weg, den wir gehen, mitbestimmen. Hohe Benzinpreise. lauter Staus in der Stadt. Ich komme schlecht voran. Ich finde keinen Parkplatz. [00:48:16] Speaker D: Das bringt. [00:48:22] Speaker A: Mit sich, dass das Autofahren immer unattraktiver wird. Ich selbst habe mein Auto hier in Wien praktisch kaum mehr in Verwendung, weil ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr viel leichter und sehr viel schneller, sehr viel nervenschonender unterwegs bin und auch sehr viel günstiger. Und jetzt kommt der nächste Punkt. Also auf der einen Seite erzeugt man ein Leidens, Ja, es wird immer, ich kann mich erinnern, ich habe vor Jahrzehnten begonnen zum Autofahren, da war das Autofahren eine große Freude. Das ist es leider Gottes nicht mehr. Das ist es nicht mehr. Das heißt, man macht es beschwerlicher. Da stupst man jetzt praktisch schon einmal an. Und dann nimmt man aber auf der anderen Seite jetzt eine Erleichterung. Und die Erleichterung ist, und da können wir auch sehr stolz sein hier in unserem Land, ich kann in ganz Wien für einen Euro pro Tag überall hinfahren mit diesem Jahresticket, das ich auch nutze, mit 365 Euro. Das ist eine ganz, ganz tolle Sache. Und auch das Klimaticket in Österreich, das, wenn man viel unterwegs ist, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und mit der Bahn sehr, sehr attraktiv ist, macht es auch leichter für viele Personen, auf das Auto zu verzichten. Und es gibt auch ganz, ganz tolle Aktionen von Unternehmen, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Klimaticket schenken. [00:49:58] Speaker B: Ja, klug. [00:49:59] Speaker A: Ja, und das ist eine ganz, ganz wunderbare Sache. Da hat die Mitarbeiterin den Mitarbeiter etwas davon. Das Unternehmen hat hier auch die Möglichkeit, jemandem eine Freude zu machen. Und insgesamt für unser Klima ist das natürlich auch eine sehr, sehr gute Idee. Das heißt, auf der einen Seite Schmerz erzeugen, auf der anderen Seite etwas erleichtern. Und damit habe ich auf jeden Fall eine schiefe Ebene. Und auf dieser schiefen Ebene werden wir genutscht und rutschen dann immer mehr eben in diese alternativen Mobilitätsformen. [00:50:35] Speaker B: So eine Art Psycho-Machiavellische Psycho-Geschichte. Also teile und regiere. Also erst wird Schmerz erzeugt und dann wird gelindert. [00:50:53] Speaker D: So ist es. [00:50:53] Speaker A: Und dadurch wird praktisch der Weg, den wir gehen, sehr stark mitbestimmt. [00:51:00] Speaker B: Ja, ja. Wir sind durch. Leider, das ging viel zu schnell. Wir müssen nochmal zusammenkommen. Das würde mich sehr freuen. [00:51:10] Speaker A: Das war sehr, sehr interessant, sehr, sehr nett, sehr telepathisch mit Ihnen. Sie sind ein ganz toller Gesprächspartner. [00:51:17] Speaker B: Vielen Dank. [00:51:18] Speaker A: Es hat unheimlich viel Spaß gemacht. [00:51:20] Speaker B: Danke, danke. Ich werde das schamlos ausnutzen und Sie daran erinnern. Sie förmlich natschen dann, wenn es wieder so weit ist und wir ein Thema haben, wo wir Sie dringend brauchen. Danke für Ihre Arbeit. Danke auch vor allem für Ihre Übersetzungsarbeit. Jetzt muss ich das Kompliment gleich zurückgeben, weil es ist mitunterschwer, wissenschaftliche Ergebnisse so ad personam zu übersetzen, dass sie draußen verstanden werden. Sie sind da sehr, sehr gut. werden wir Sie nochmal einladen müssen. Herrlich. Erlauben Sie mir, dass ich zum Schluss noch auch für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer eine Geschichte erzähle vom Najing, die mich so fasziniert hat, weil sie so nah ist. vielleicht nur an einer Hälfte der Menschheit nah, aber so sei es. Er hat nämlich in einem Podcast erzählt, wie er überhaupt auf diese Idee gekommen ist. Ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern können. Es war in Schiphol am Flughafen Amsterdam und er war am Herrenklo und er hat mitbekommen, dass dort alle paar Minuten mit großem Aufwand gereinigt wurde, weil wir Männer Beim Urinieren natürlich gerne daneben die Gischt platzieren. Ich suche nach Worten von etwas, was eigentlich ganz einfach zu erklären ist. Hat er die Idee gehabt oder war die Idee schon dort? [00:52:52] Speaker A: Die Idee war schon vor Ort. [00:52:53] Speaker B: Die war schon dort, dass ein kleines Ziel in diesem Urinal installiert wurde. [00:53:02] Speaker A: Eine Fliege, eine aufgemalte Fliege. [00:53:05] Speaker B: Eine aufgemalte Fliege, die uns dazu genatscht hat, dass wir dort… Die zu jagen. Genau. Und davor bewahrt hat, dieses spritzige Unheil anzurichten drumherum. Und da ist er draufgekommen, wie relativ einfach es doch ist, uns Menschen zum Guten zu natschen. Mein Fazit? Lassen wir uns zum Guten natschen, bleiben wir, nutzen wir unsere bewussten Instrumente, wie es uns Dr. Josef Sarwets von der Universität Wien erklärt hat, um uns auch zu schützen vor Entscheidungen, die wir möglicherweise bereuen könnten irgendwann im Januar. Ansonsten folge ich Ihnen auch, Herr Dr. Savic und sage ja, wir kaufen und wir sind froh und wir packen aus und wir bereuen nicht. Und wenn wir bereuen, bereuen wir es aber konsequent und geben es zurück. Einverstanden? [00:54:01] Speaker A: So ist es. [00:54:02] Speaker B: Ja, super. Ich danke Ihnen. Schöne Woche wünsche ich Ihnen noch. [00:54:06] Speaker A: Ja, ich Ihnen auch. [00:54:07] Speaker B: Danke schön. [00:54:08] Speaker A: Alles Gute. [00:54:08] Speaker B: Wiederhören. [00:54:09] Speaker D: Wiederhören. [00:54:11] Speaker B: Die Arbeiterkammer NÖ hat eine neue App, die AK-Blitz-App. Ab sofort zum Downloaden. Bleiben Sie am Laufenden, erhalten Sie alle relevanten Informationen. Und Sie wissen ja, noch nie war es so wertvoll zu wissen, wo man seine Informationen her hat. Die AK-Blitz-App. Ab sofort zum Downloaden. Das war der MONTALK, Chefredaktion Susanne Karner, Redaktion Mario Gattinger und Carina Carras, Straßenumfragen Christoph Baumgarten, Faktenbox Bettina Schapsschneider, Technische Leitung Stefan Dangl, Administration Christina Winkler, am Mikrofon Alexander Göbel.

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