Episode Transcript
[00:00:01] Speaker A: Montalk, der Podcast zum Mitreden.
Herzlich willkommen zum 74. Montalk, dem Podcast der Arbeiterkammer Niederösterreich. Und es wäre nicht wir, würden wir uns nicht für dieses fast historische, das ist natürlich erst das nächste Datum, ein Thema auszusuchen, das wirklich wichtig ist. Es geht um Mobbing.
Liebe Leute, die uns jetzt zuhört. Das ist, ich weiß, ein Begriff, der schon fast Haushaltswaren sein kann. Es wurde so oft darüber gesprochen. Nichtsdestotrotz, es gibt dieses Phänomen immer noch.
Und wir haben uns jemanden eingeladen, die mit Sicherheit etwas dazu sagen kann, was uns vielleicht weiterbringt. Es ist Dr. Eva Zetlacher. Sie ist, wenn ich richtig bin, guten Tag Frau Zetlacher, Sozialwissenschaftlerin, richtig?
[00:01:05] Speaker B: Ja, ganz genau.
[00:01:07] Speaker A: Gut, also Sie werden uns einerseits von wissenschaftlicher Seite, andererseits natürlich auch, was Sie im Zuge Ihrer Arbeit so miterlebt haben und Sie sind ja mit diesem Thema mittlerweile schon Filmerin geworden. Das ist ja unglaublich interessant und ich glaube, ein Buch könnte auch irgendwann mal heranwachsen, aber da warten wir noch geduldig drauf, oder?
[00:01:32] Speaker B: Ja, genau.
Danke für die Idee. Es ist schon lange im Hinterkopf, aber die Zeit, ein Buch zu schreiben, muss man haben. Wem sagen Sie das?
[00:01:44] Speaker A: Aber das Bedürfnis ist so stark. Es wäre so wichtig, gerade als ich mich jetzt ein wenig mit Ihrer Arbeit beschäftigt habe, gerade von Ihnen, wäre es wichtig, bevor wir einsteigen, Frau Dr. Zedlacher, Für Sie, liebe Leute da draußen, hier wie immer unsere Straßenumfrage auf den Straßen Niederösterreichs zum Thema Mobbing. Wir haben die Menschen gefragt, was haben sie zum Thema Mobbing zu sagen. Hier ist unsere Straßenumfrage.
Genau. Nichts. Kein Fehler. Ihre Kopfhörer sind in Ordnung. Auch das Autoradio funktioniert. Nichts. Ich wiederhole. Nichts. Wir haben keine Antworten bekommen von niemandem, den wir befragt haben. Die Menschen haben sich umgedreht und sind gegangen.
Obwohl keine Kameras da waren, obwohl sie komplett anonym sind jedes Mal, wenn sie uns Antworten geben, waren sie dazu nicht bereit. Die Angst scheint so groß zu sein vor diesem Thema. Warum, Dr. Eva Zedlacher?
[00:03:03] Speaker B: Um die Frage zu beantworten, muss ich vielleicht ein bisschen ausholen.
Ich mache vor allem Forschung über Mobbing am Arbeitsplatz. Und da ist ein Teil davon, dass wir sehr oft Unternehmen suchen, Teilnehmer, Teilnehmerinnen an Studien. Und da passiert mir das Ähnliche wie Ihnen in den Straßenumfragen. Meistens nein. Entweder, weil man zwar vielleicht ahnt oder weiß, dass es Mobbing oder zumindest Mobbingvorwürfe in Unternehmen gibt, Aber das Thema keinesfalls hochkochen möchte mit einer Umfrage, auch wenn sie anonym ist. Andererseits, wenn man das negiert, wenn man sagt, gehört es auch mit dem Begriff Mobbing. Das hat es ja immer schon gegeben. Das ist einfach, wenn sich Leute erwatschen holen wollen, zum Beispiel. Also es ist ein Thema, das auch schwierig zu untersuchen ist, weil eben sehr oft gezögerlich reagiert wird.
drauf und es tabuisiert wird. Tatsächlich. Umso wichtiger wäre es natürlich, das Thema an der Wurzel zu bekämpfen und sich damit auseinanderzusetzen, auch als Organisation und natürlich als Person, weil nicht nur Betroffene, also direkt betroffene Mobbingopfer scheuen das Thema oft, weil es vielleicht auch unangenehme Erinnerungen hochbringen kann. Also das sind teilweise Traumata.
die da Jahre Therapie benötigen. Aber eben auch, wie Sie sagen oder wie wir gesagt haben, die oder was auch mein Forschungszugang ist, die sogenannten Bystander, also Zuschauer, Zuschauerinnen, Personen, die da schon mitbekommen, dass es einer Person vielleicht schlecht geht im Unternehmen oder dass zwei Menschen, zwei Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen in einem Konflikt sind, der vielleicht was anderes ist als ein normaler Konflikt, wo man schon tatsächlich merken könnte, da gibt es eine Dynamik die nicht ganz sauber ist, wo ich mich aber trotzdem lieber raushalte, weil ich ja tatsächlich dann entweder vielleicht der Meinung bin, da gehören immer zwei dazu, da werde ich mich nicht einmischen, weil da werden schon beide ihre Schuld tragen.
Oder ich tatsächlich Angst habe, da auch unter die Räder zu bekommen und was sozusagen zu verlieren.
[00:05:14] Speaker A: Das wäre nämlich jetzt meine Frage gewesen, Frau Dr. Zedlacher. Haben diese Menschen recht mit dieser Befürchtung aus ihrer Erfahrung?
[00:05:24] Speaker B: Ja, also wir haben sehr viele Interviews zum Thema gemacht. Es ist mein Forschungsfokus sozusagen, die Beiständer oder Drittparteien Perspektive hier zu untersuchen. Und ja, es gibt mehrere Gründe, wieso Leute nicht eingreifen. Und einer wichtiger ist die Angst vor Repercussions, also vor Repressalien, dass man dann zum Beispiel auch Zielscheibe wird des Mobbings, der Führungskraft, die sehr autoritär agiert oder eines Kollegen, wo man dann auch Witze befürchtet, zum Beispiel, dass man dann selbst das Ziel der Streiche der täglichen ist.
Ja, und ein großer, ein großes Problem ist das sogenannte Victim-Blaming, also weil es ja selten wahrscheinlich ein, und ich sage jetzt einmal unter Anfangzeichen, Mobbing-Opfer gibt, das nicht auch Ich möchte nicht das Wort Schuld benutzen, aber das nicht auch mit eskaliert. Sonst wird es wahrscheinlich nicht zu einem eskalierten Konflikt geben. Das ist auch schwierig, sozusagen richtig zu reagieren, wenn man in einer Mobbing-Situation ist. Aber tatsächlich wiegelt sich das dann oft immer mehr auf. Und das ist aus einer beiständer Perspektive dann oft auch schwierig zu erkennen. Wer ist jetzt sozusagen unter Anführungszeichen das Opfer und wer ist der Täter? Diese Rollen sind ja auch sehr rigide. Und oft ist es tatsächlich schwierig zu sagen, vor allem am Anfang, Wer ist Opfer und Täter? Also ich möchte mit diesen Begriffen auch ein bisschen vorsichtig umgehen. Vielleicht sind wir Betroffener.
Und wer sind da die direkten Konfliktparteien sozusagen?
[00:06:52] Speaker A: Ja, aber wir kennen ja dieses Victim Blame, also diese Teilschuld, sage ich mal, die dem Opfer da übertragen wird ja schon seit, ich würde fast sagen, hunderten Jahren, wenn wir zum Beispiel an Vergewaltigung denken.
Also, müssen sie denn mit so einem kurzen Rock in der Nacht auf der Straße gehen? Diese Geschichten, ja? Und daraus sehen wir natürlich auch, dass erst wenn es in diesen Stand des Juristischen, des Faktums eines, ja, möglicherweise, Straf-… fälligen Gerät fangen wir an, anders darüber zu denken und sagen, das ist nicht cool. Warum schaffen wir das beim Mobbing nicht? Allein jetzt aus diesen paar Takten, die wir miteinander geredet haben, wo sie schon einiges wieder relativiert haben, scheint ja doch der Knackpunkt wirklich jener zu sein, dass wenn Wenn es ein Streit, so wie es in jeder Gemeinschaft, auch in der Arbeitsgemeinschaft, Auseinandersetzungen gibt, passiert, dass normale, vielleicht nicht besonders gut, aber normale Unternehmenskultur ist. Ab wann wird es Mobbing?
[00:08:20] Speaker B: Da gibt es ein, also ganz prinzipiell, ganz kurz noch zu dem Thema Straftatbestand, Mobbing. Wer sie ist, kein, ist noch nicht im Gesetzbuch als Straftatbestand niedergeschrieben.
Im Vergleich zum Beispiel zu sexueller Belästigung, das ist ja seit einigen Jahren tatsächlich in unserem Strafgesetzbuch.
[00:08:37] Speaker A: Hat auch lang genug gedauert.
[00:08:38] Speaker B: Hat lang genug gedauert und genau dasselbe ist passiert in den 70er Jahren. Da hat man auch diskutiert drüber, sexuelle Belästigung, das muss man doch nicht so kriminalisieren, das machen wir uns schon aus. Ähnlich jetzt diese Diskussion bei Mobbing.
Allerdings kann man über die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Mobbing schon einklagen. Also man kann den Arbeitgeber haftbar machen. Aber das ist jetzt ein anderes Thema.
[00:09:00] Speaker A: Aber ein interessantes.
[00:09:01] Speaker B: Ein interessantes, da können wir gerne noch drüber sprechen.
[00:09:03] Speaker A: Ja, ja, bitte unbedingt.
[00:09:05] Speaker B: Vielleicht sprechen wir kurz über die Eskalation. Also Mobbing ist tatsächlich nicht ein normaler Konflikt, wird aber von außen oft so gesehen oder trivialisiert. Und das ist für Betroffene umso schlimmer, wenn das Umfeld dann auch noch sagt, ich nehme es nicht so schlimm, darf nicht alles so persönlich nehmen.
Der hat es ja nicht so gemeint, dass du überinterpretierst etwas. Und das ist natürlich für den oder die Betroffene schwierig, weil vor allem am Arbeitsplatz diese Handlungen ja sehr oft nicht direkt sind, nicht offen, sehr oft heimlich gemacht werden. Zum Beispiel, wenn ich jemanden anderen wichtige Informationen vorenthalte, die ich bräuchte für ein Meeting, für eine Besprechung. Das kann ich gut machen, dass ich die Person auflaufen lasse, anrennen lasse, ohne da irgendwie absichtsvolles Verhalten da mir unterstellen zu lassen.
Da gibt es schon gute, also ich mache da Interviews teilweise und bin mit Betroffenen, die mir Sachen erzählen, wo man denkt, wow, das ist sehr kreativ, muss ich sagen.
[00:10:00] Speaker A: Ja, man wünschte sich, dass eigentlich in der Wirtschaft mehr genutzt, diese Kreativität statt im Privatkrieg.
[00:10:08] Speaker B: Genau, genau. Und es ist tatsächlich so, dass das eine Eskalationsspirale hat. Also es fängt oft, nicht immer, aber oft mit einem, was wir sagen, normalen Konflikt an, der ungelöst bleibt.
Da kann es natürlich auch Persönlichkeitseigenschaften der Akteure und ein tatsächliches Umfeld geben, das das bedingt und dann noch befördert. Aber oft ist es so, dass sich aufgrund eines unter Anführungszeichen normalen Arbeitskonfliktes die Fronten erhärten und Leute beginnen, nicht mehr miteinander zu sprechen.
[00:10:40] Speaker A: Darf ich mal eine Zwischenfrage stellen? Wenn zwei Menschen, sagen wir mal in einem ganz kleinen KMU, oder auch EPU mit einer Angestellten miteinander arbeiten. Ist da Mobbing denkbar? Hat das überhaupt einen Humus oder fängt das bei Dreien an?
[00:11:06] Speaker B: Das ist eine interessante Frage. Da würde ich sagen, das fängt.
Ich meine, Jetzt kommen wir wieder zu einem anderen Thema, da würde ich sagen Mobbing als Begriff im deutschen Sprachraum ist sehr geprägt als Gruppenbegriff, wo man sagt, die Gruppe gegen einen, also wo das Phänomen an sich ist, ich fühle mich von dem gesamten, von der sozialen Arena sozusagen ausgeschlossen.
Im Englischen würde man vielleicht sagen, bei dem Wort Bullying, also Mobbing wird im Englischen, zumindest im wissenschaftlichen Diskurs mit Workplace Bullying übersetzt. Hier ist sehr oft der Bully, das ist dieser, der Tyrann, der böse Arbeitgeber, der bullied mich.
Nicht unbedingt dieses Gruppenphänomen, das kann auch dyadisch sein.
[00:11:45] Speaker A: Dann ist es Bossing, ne?
[00:11:50] Speaker B: Bossing würde implizieren, dass es die Führungskraft ist, ja. Aber es könnten ja auch zwei gleichgestellte Personen sein.
Also im deutschen Sprachraum ist das Wort Mobbing eben etwas mehr auf dieses Gruppenphänomen belegt, also konnotiert, während es im Englischen eben schon sein kann, dass eben zwischen zwei Personen Bullying stattfindet.
[00:12:07] Speaker A: Okay, ich erlaube uns jetzt trotzdem etwas noch bei diesem Thema zu bleiben, weil ich es für signifikant halte. Ist es nicht so, von den zugegebenermaßen wenigen Berührungspunkten, die ich mit gemobbten Menschen hatte, habe, ist es mir so vorgekommen, als wäre ein One-on-One, also ein Konflikt zwischen zwei Menschen direkt noch handelbar. Aber wenn sich daraus eine Fraktion bildet, dann wird es zu einem Sport. Ja, sehe ich das richtig?
[00:12:53] Speaker B: Ja, das sehen Sie ganz richtig. Und da komme ich jetzt wieder zu diesem Eskalationsmodell zurück. Das Schlimme für Personen, schlimm ist es natürlich auch, kann ein theorischer Konflikt tatsächlich als sehr schlimm empfunden werden. Also zwischen, wenn nur zwei jetzt einmal davon betroffen sind, sagen wir es geht um Person A und B.
Schlimm wird es, und da geht es jetzt um das gefühlte Machtungleichgewicht, das dann eintritt, also wenn es nicht mehr ein normales Kräfteverhältnis zwischen zwei Personen ist, wenn dann sozusagen eine Person beginnt, Koalitionen zu formen mit anderen, indem man, das ist ganz typisch, wenn man so sagt, fallt dir das auch auf, dass die Person B, dass die im Meeting ständig so schleimt beim Chef. Also man beginnt die Integrität.
der anderen Person dann auch in der sozialen Arena zu unterminieren versuchen.
Im englischen, in den politischen Wahlkämpfen wird das immer Character Assassination genannt. Also man versucht tatsächlich die Integrität der Person zu bezweifeln. Man kann auch Gerüchte über das Privatleben anfangen, dass die Person spielsüchtig wäre oder was auch immer. Also da gibt es die wildesten Geschichten, wie man Gerüchte streuen kann. Sie haben es ganz richtig gesagt, sobald es sozusagen in die soziale Arena, Friedrich Glaser hat das so genannt, in sein Konflikteskalationsmodell, sobald es andere Personen, die Bystander betrifft oder zumindest wenn die irgendwie involviert werden, dann sagt man, kommt das Wort Mobbing ins Spiel. Also oft so dieses Gefühl, wow, das kriegt jetzt eine Dynamik, die Leute glauben das.
Da kann ich nichts mehr tun, da fühle ich mich machtlos, mich dagegen zu werden. Alle glauben dem.
[00:14:28] Speaker A: Ja, jetzt ist das doch ein Zeichen für schlechte oder gar keine Unternehmenskultur, nicht wahr? Also das heißt, wenn Mobbing in einem Unternehmen vorkommt, können wir davon ausgehen, dass das Unternehmen kulturelle Probleme hat. Und wir wissen mittlerweile aus vielen, vielen klugen Büchern, Von klugen Autorinnen, zu denen Sie ja auch demnächst gehören werden. Dass Unternehmen, die eine schlechte Kultur haben, leiden werden. Das heißt, da werden die Erträge runtergehen, somit auch die Gewinne. Es wird Köpfe kosten, ganz oben. Ich sage das auch mit Grußbotschaften an allen Führungspersönlichkeiten, die uns jetzt zuhören. Schlechte Kultur bedroht ihre ganz persönliche Karriere. Was ist zu tun als Führungspersönlichkeit?
[00:15:25] Speaker B: Sie sprechen schon genau die richtigen Personen an, die Führungskräfte. Da nenne ich jetzt aber ganz stark die direkte Führungskraft, die mit den Leuten zusammenarbeitet. Sich zu sensibilisieren auf Konflikte im Team und genau hinzuhören, Er spart mir danach sehr viel Interventionsarbeit. Also frühzeitiges Eingreifen, so ganz grundsätzlich, ist wichtig, weil Konflikte können auftreten. Keine Organisation ist davor gefeit, auch nicht vor einem stärkeren Konflikt. Aber Sie sagen es ganz richtig, die Führungskraft wäre die erste Anlaufstelle. Prinzipiell, man sagt immer, auch wenn Personen untereinander streiten, ist das meistens eine schwache Führungskraft, die zumindest das Mobbing fördert. Also ich gebe Ihnen ein Beispiel, wenn ich jetzt eine Person habe, die tatsächlich das Team teilweise, wie soll ich sagen, im Stich lässt, weil es zu spät liefert, Deadlines nicht einhält und so weiter.
Die Führungskraft macht nichts. Wir nennen das auch Laissez-faire-Leadership. Also gar nichts machen. Das ist gleich schlimm wie schlau zu sein. Genau. Und dann beginnen natürlich die Kollegen untereinander, sich gegenseitig zu sanktionieren. Den mögen wir dann nicht. Oder die mögen wir dann nicht.
Und dann passiert dieses Rudelverhalten, was tatsächlich war die Führungskraft nicht direkt beteiligt ist am Mobbing, aber natürlich das fördert durch das Nicht-Eingreifen. Also das ist extrem wichtig.
Die direkte Führungskraft spielt in jedem Fall eine zentrale Rolle bei der Also Verhinderung von Mobbing. Und da habe ich mit einigen Führungskräften geredet, die haben gesagt, man spürt es doch. Man spürt es, wenn im Team, wenn du auf einem Tisch sitzt, wenn was nicht passt. Und die meisten machen halt, kehren es unter den Teppich, machen es zu, die werden sich schon wieder verstehen. Wichtig ist da dann reinzuhören.
[00:17:14] Speaker A: Aber ist es nicht so, von dem wenigen, was ich aus der nicht-künstlerischen Welt weiß, dass ja diese Konflikte dann gern angesichts des Chefs, der Führungspersönlichkeiten, selbst runtergespielt werden. Das heißt, den Führungspersönlichkeiten wird der Eindruck vermittelt, na na, es ist schon alles in Ordnung, das können wir uns schon selber.
Woran soll er sich denn da halten?
[00:17:48] Speaker B: Also das stimmt, das ist leider ein Problem. In der Organisationstheorie nennen wir das rationalisieren. Und auch dieses Unterdrücken von negativen Emotionen, weil das könnte sozusagen unseren Mythen, wie wir glauben, das ist zur Effizienz quasi störend, dass wir da jetzt einen Konflikt haben, das könnte unsere Effizienz stören, unsere Unternehmensziele. Deswegen unterdrücken wir es. Also wichtig wäre hier, auch einen unter Anführungszeichen normalen Zugang zu Emotionen zu haben. Zum Beispiel es darf gestritten werden, es sollte Konflikte geben. Und generell sind Konflikte, also Konflikte per se, da geht es immer darum, da muss ich genau hinhören, in welchen Konflikt geht es. Geht es um einen Arbeitskonflikt, das ist sogar was Positives, streiten wir ein bisschen. Im Sinne von nicht immer ist es gut, die schnelle Lösung zu finden, sondern oft ist es tatsächlich wichtig, dass man ein Thema durchdiskutiert.
[00:18:36] Speaker A: Auch das Konsensuale kann ein Feind sein.
[00:18:40] Speaker B: Das Problem natürlich, wenn ich lang, also für dieses, da gibt es so, das heißt auch so, dass man versucht, Leute tatsächlich nicht immer zu schnell zur Konsensfindung zu bekommen, weil das teilweise die Entscheidungsqualität auch senkt. Das Problem ist natürlich nur, wenn ich tatsächlich sozusagen den Run, das Race, das Rennen der besten Ideen mache oder so, dann gibt es vielleicht trotzdem Verlierer im Sinne von, ich wurde nicht gewählt.
[00:19:09] Speaker A: Jetzt geht die Spirale sehr ins Emotionale, was mir sehr entgegenkommt. Aber bevor wir das machen, gehen wir doch noch mal ein paar Schritte zurück und hören wir uns die berühmt-berüchtigte Montagsche Faktenbox der Bettina Scharbschneider an, damit wir mal wissen, wovon wir hier reden. Bitte die Faktenbox.
[00:19:31] Speaker C: Obwohl es Mobbing wahrscheinlich schon immer gegeben hat, wurde es erstmals in den 1980er Jahren systematisch erforscht und theoretisch aufgearbeitet. Mobbing als Belastung am Arbeitsplatz überschattet das Privatleben Betroffener und hat auch Folgen für Organisationen wie zum Beispiel verringerte Arbeitsleistung oder Verschlechterung des Arbeitsklimas.
Repräsentative Studien ergeben, dass ca. 5,5% der Beschäftigten im Laufe eines Jahres von Mobbing betroffen sind. In einem Betrieb mit 500 Mitarbeitenden ist mit 27 Mobbingfällen pro Jahr zu rechnen. Jeder neunte Mitarbeitende wird einmal in seinem Berufsleben Ziel von Mobbinghandlungen.
Bei mehr als 98% der Betroffenen ist das Arbeits- und Leistungsvermögen beeinträchtigt. Verbunden mit Motivationsverlust, Misstrauen, Nervosität, Verunsicherung und sozialem Rückzug. Ein erhöhtes Mobbingrisiko besteht unter anderem für Frauen. Laut einer Studie sogar um ein 75% erhöhtes Mobbingrisiko gegenüber Männern. Auch wenn insgesamt Frauen nach Studienergebnissen öfter Opfer von schwerem Mobbing sind, sind auch Männer stark gefährdet.
Erhöhtes Mobbingrisiko besteht weiters für Frauen in traditionellen Männerpositionen oder Berufen, für Männer über 50 Jahre, PraktikantInnen, BerufsanfängerInnen und neu ins Team bekommene Kolleginnen oder Kollegen, sowie Menschen mit auffälligen Behinderungen, zum Beispiel eine starke Brille, ein Hörgerät oder Gehbehelf.
Die Fakten finden Sie im Leitfaden zur Prävention und Intervention von Mobbing des Fonds Gesundes Österreich aus dem Jahr 2012 und der Publikation Mobbing am Arbeitsplatz der Arbeiterkammer, Stand 2020.
[00:21:08] Speaker A: So, was sagen Sie zu dem, was wir soeben gehört haben?
[00:21:18] Speaker B: Ja, das kann ich nur bestätigen. Internationsstudien bestätigen das. Wir haben ungefähr eben so drei bis fünf Prozent an Personen, die wirklich Mobbingopfer sind. Und wir haben aber auch noch einen großen Teil in Europa, da gibt es so Meta-Analysen, an 15 Prozent aller Arbeitnehmer und Nehmerinnen, die sowas sind wie mobbinggefährdet. Also wo es häufig Konflikte gibt, die vielleicht nicht in die klassische Definition von Mobbingopfer fallen.
wo man auch Präventionsarbeit oder Interventionsarbeit leisten sollte.
[00:21:54] Speaker A: Im Schnitt, hieß es glaube ich 500 Mitarbeiter, sind 27 Mobbingfälle pro Jahr zu rechnen. Ich weiß, dass es von Konflikten am Arbeitsplatz dazu gehört, das hier auch, ob offen oder nicht. Da wurden schon Zahlen erhoben, die zum Teil erschreckend waren.
Nämlich was so ein Fall allein ein Unternehmen kostet. Wissen wir da mehr im Moment?
[00:22:26] Speaker B: Also da gibt es unterschiedliche Studien, aber ich würde mal jetzt, das ist ganz grob geschätzt 60.000 Euro, ein schwerer Mobbingfall, da müssen sie ja einrechnen.
die Produktivitätsverluste für nicht nur die direkt Betroffenen, sondern auch für die Leute, die zuschauen. Das ist ja auch für die sogenannten Bystander eben nicht lustig und kostet Zeit und Kraft und Jobzufriedenheit, da zuzuschauen. Dann müssen Sie natürlich mit rechtlichen Verfahrenskosten rechnen.
Schadenszahlungen, wenn es jetzt tatsächlich sozusagen den Mobbiefall dann rechtlich durchgeht.
[00:23:05] Speaker A: Moment, Zwischenfrage. Das heißt, das Unternehmen kann verurteilt werden, dem Mobbingopfer eine Schadenszahlung? Ja.
[00:23:16] Speaker B: Also das ist, habe ich mit vielen Rechtsexperten geredet, die auch Unternehmen oder Betroffene vertreten.
Da ist es häufig so, dass man Schaden, also man muss als Unternehmen nachweisen, sobald man Kenntnis bekommen hat vom Fall oder dass es jemandem nicht gut geht, dass man versucht zumindest effektive Maßnahmen zur Abstellung des Mobbings zu treffen.
Wenn man das nicht nachweisen kann, hat man erstens ein Problem. Und dann ist es auch noch so, dass es für die Betroffenen da jetzt sehr sinnvoll ist, auch wenn sie, das ist sehr bekannt, dieses Mobbing-Tagebuch mitführen. Das kann ein Beweismittel sein vor Gericht. Ich glaube, das kennen die meisten Personen. Da gibt es auch übrigens auf der Arbeiterkammer-Website Vorlagen für so ein Mobbing-Tagebuch.
Und was auch empfohlen wird, ist, weil Mobbing immer berufliche und gesundheitliche Auswirkungen hat, die niederzuschreiben und wenn da ärztliche Gutachten und so weiter auch gemacht werden, dann gibt es für Unternehmen oft sehr, sehr viele Schadensansprüche zu zahlen.
[00:24:22] Speaker A: In einem Vortrag, den ich mir angehört habe von Ihnen online, haben Sie etwas Erstaunliches gesagt, an das ich noch nie gedacht habe. Das nämlich Mobbing unter Frauen und jetzt geht es in die Gender-Richtung.
oftmals nicht als mobbingwürdig bezeichnet wird. Da fielen dann so Begriffe wie Zickenkrieg und so weiter. Ich war geschockt, weil es offenbar darum ging, dass auch Frauen untereinander, die ja doch, wie Sie ja auch, und wir haben es ja auch jetzt in der Faktenbox gehört, ein 75-prozentig erhöhtes Mobbing-Risiko gegenüber Männern haben. Wohlweislich sind das die Fälle, die wir kennen. Das heißt, wenn Menschen sich wehren. Männer tun das nicht immer, da werden wir gleich nochmal drauf kommen. Warum?
Haben wir so viel Angst davor, streitende Frauen in irgendeiner Weise wahrzunehmen, anzuerkennen als das, was es ist? Was ist da?
[00:25:42] Speaker B: Ich habe dazu auch eine Studie gemacht. Wir haben Videoexperimente gemacht, wo wir weibliche Schauspieler und Schauspielerinnen, vier weibliche und vier männliche Schauspieler zusammengeschnitten haben. Also immer komplett dieselben Situationen.
Das war nicht Mobbing, das war einfach Situationen zu Mistreatment, also Anschreien oder soziale Exklusion. Und das Wichtige dabei zu betonen ist, das waren immer dieselben Situationen. Wir haben sie nur unterschiedlich mit den Personen zusammengeschnitten. Wir hatten 32 unterschiedliche Genderkombinationen an sogenannten Tätern, also den Ausführenden und den Opfern, Receiver of the Aggression.
[00:26:24] Speaker A: Die Betroffenen.
[00:26:26] Speaker B: Genau, Betroffenen. Und hier zeigt sich das, was Sie gesagt haben. Wenn Frauen andere Frauen ausschließen, dann wird das einerseits als viel schlimmer wahrgenommen, wenn Frauen das machen als Männer.
[00:26:38] Speaker A: Weil man ihnen unterstellt, dass sie doch eigentlich Frauen sind, die müssten doch viel besser im Streit miteinander umgehen. So haben Sie das zumindest im Vortrag erklärt.
[00:26:49] Speaker B: Ganz genau. Also einerseits unterstellt man Frauen vielleicht, dass sie mehr soziale Kompetenz haben oder haben sollten als Männer. Das heißt, wenn sie es dann nicht zeigen, wenn sie jemanden anschreien, dann glaubt man, der müsste besser wissen, die macht das absichtlich. Während wenn Männer das machen, ist es oft so, dass man sich denkt, ja, der kann nicht anders, der ist cholerisch.
Der ist halt ein Egoist, aber er meint es nicht so. Er wollte die andere Person nicht verletzen. Sehr oft sind die Situationen, wo wir haben auch festgestellt, wenn der Mann der Täter, also der Aggressor ist und die Frau die Betroffene, dass das am wenigsten als Mobbing gesehen wird. Da kommen wir wieder zu diesem Victim Blaming. Das ist ähnlich wie bei sehr vielen Studien zu Experimenten bei Vergewaltigungsbeschreibungen. Das weibliche Opfer wird als weniger glaubwürdig gesehen.
Und das ist das Problem. Eines der großen Probleme. Und natürlich auch der Diskurs der Öffentlichen über Zickenkriege.
Es ist, wenn ich über die Ergebnisse den Leuten erzähle, sagen die, naja, das ist ja wirklich so. Die Frauen verstehen sich einfach nicht mit den Frauen.
Also das hält sich ganz stark, das Stereotyp, dass Frauen mit anderen Frauen nicht zusammenarbeiten können. Da muss man auch dran arbeiten.
[00:28:06] Speaker A: Schmerzvoll, sowas zu hören von einer Frau, aber es scheint wirklich dazu. Ist es denn besser geworden, seit wir immer mehr Frauen in Führungspersönlichkeiten haben? Also in Führungspositionen, pardon.
[00:28:24] Speaker B: Das glaube ich schon, weil es gibt ja auch erhöhte Raten, dass Frauen angeblich mehr Frauen mobben als Männer. Also dass Frauen hauptsächlich von Frauen gemobbt werden.
Das hat sich aber sehr leicht erklären können, auch durch die Art und Weise, wie wir in Organisationen arbeiten. Frauen arbeiten oft in frauendominierten Abteilungen und sind weniger oft Führungskräfte. Also das heißt, das ist ja ganz klar, dass diese Rate auch zustammenkommt. Also diese angeblichen Zickenkriege sind oft einfach durch die Jobsegregation erklärbar. Und ja, ich glaube, tatsächlich tut sich etwas, wenn Frauen in Führungspositionen sind.
Eine Führungsposition eröffnet natürlich auch ein Repertoire an neuen Mobbing-Handlungen.
Also man sagt ja auch z.B. immer Frauen, die tun gerne einfach so andere Frauen ausschließen, sozial manipulieren, also alles was so, während Männer lieber sozusagen über die Leistung mobben und Männer sich auch mehr gemobbt fühlen, wenn du sozusagen z.B. ihre Leistung anzweifelst, ihre Arbeitsleistung.
Das ist trotzdem auch, kannst es wieder so erklären, das hat sich zum Teil empirisch bestätigt, aber natürlich auch Männern in Führungspositionen ergibt sich ein größeres Repertoire an kritisieren, Leistung kritisieren zum Beispiel und vorenthalten, als wenn du in einer Führungsposition bist.
[00:29:45] Speaker A: Wird das gelehrt, Frau Doktor? Wird das an der WU zum Beispiel gelehrt? Gibt es da Lehrgänge über emotionales Führen etc.?
[00:29:53] Speaker B: ? Es gibt immer mehr Subbereiche beim Thema Führungsverhalten. Auch Spiritualität zum Beispiel ist ein eigener Stream bei vielen Konferenzen schon, also findet immer mehr Eingang in die Mainstream-Führungsforschung.
Und auch Lehre, ja. Und das wird tatsächlich auch Arbeitspsychologie ist in vielen Studiengängen. Und Wirtschaftsethik wird immer mehr integraler Bestandteil eines Wirtschaftsstudiums. Das war zum Beispiel vor 20 Jahren.
[00:30:23] Speaker A: Noch nicht der Fall. Noch nicht so, ja. Einmal mehr danke euch in der Wissenschaft. Das zeigt doch, dass eure Arbeit, wenngleich sie nicht das Ausmaß der Veröffentlichung noch genießt, das sie haben sollte und sich verdient hätte, doch wirksam ist. Wir kommen weiter. Langsam, aber doch. Was ist mit den Männern? Ich entnehme Ihren Aussagen und auch Ihrem Vortrag, den ich da gelauscht habe. Die Tatsache offenbar belegt, dass Männer sich weitaus weniger melden, wenn sie das Gefühl haben, gemobbt zu werden. Was ist da los? Sind wir zu feige oder sind wir zu Uga-Uga?
[00:31:09] Speaker B: Das ist tatsächlich festgestellt worden von einer Kollegin in einer Studie. Die hat gefragt, Männer und Frauen in ihrer Studie, sind sie ein Mobbing-Opfer? Sie hat zuerst eine Definition des Begriffs Mobbing vorgelegt und dann trifft das bei ihnen zu.
Sehr viele Frauen haben sich gemeldet, sehr wenig Männer. Und bevor sie das gefragt hat, hat sie objektiv erhoben, ob diese Person gemobbt wird, ohne den Begriff Opfer zu verwenden. Also objektiv meine ich, objektiv sagen wir dazu, das nennt man mit so einer Verhaltenscheckliste, wo man sagt, ist dir das passiert in den letzten Monaten? Wie oft ist dir das passiert? Wenn man sagt, wenn dir unterschiedliche Verhaltensweisen wie immer kritisiert werden, Gerüchte und so weiter, wöchentlich oder täglich über einen langen Zeitraum passieren und du das empfindest als Machtungleichgewicht, dann zählst du als Mobbingopfer.
Und da haben wir festgestellt, dass dieselben Männer, die sich nicht als Opfer bezeichnen wollen, aber tatsächlich objektiv Mobbingopfer werden und bei Frauen verhält es sich umgekehrt. Damit will ich aber nicht sagen, Frauen sind wehleidig, Männer sind quasi, wollen nicht Opfer genannt werden.
Also Männer wollen tatsächlich oft nicht Opfer genannt werden und hier ist es das Problem, dass sie sich sehr oft, auch Frauen, aber vor allem auch Männer, sehr spät melden.
Also wenn es dann wirklich der Leidensdruck extrem hoch ist.
[00:32:29] Speaker A: Aber ist das geschuldet dieser Macho-Diskrepanz zwischen dem, was tatsächlich stattfindet und das, was Männer von sich keinesfalls als Bild sehen wollen? Ein Mobbing-Opfer kann kein richtiger Mann mehr sein? Also Uga Uga?
[00:32:48] Speaker B: Ja. Und deswegen, einerseits ja und andererseits glaube ich, dass das Wort Opfer auch so stark belegt ist, dass sich auch sagen muss, also diese Hilflosigkeit, die dem Begriff Opfer inne wohnt, viele Leute, also auch Frauen, zu verleiten könnte, sich nicht zu melden oder sich nicht selbst deklarieren zu wollen als Opfer. Also hier müsste man vielleicht wirklich aufpassen, welchen Begriff verwenden, wie auch in Studien. Oder eben Betroffene, glaube ich, wird es da besser, wird vielleicht auch Männer und viele Frauen animieren, schneller Hilfe zu holen.
[00:33:19] Speaker A: Was ist mit Modernisieren? Also ich habe mir gerade überlegt, können wir diese Betroffenen, Opfer, wie auch immer, nicht insofern zu Helden machen, Sie spüren, ich habe es mit dem Heldischen, dass wir sagen, das sind die, die uns weiterbringen.
Das sind Leute, die sagen, ja, mir geht es jetzt schlecht, aber ich komme raus damit und weiß, dass ich wieder einen Baustein dazu gelegt habe, dass sich etwas verändern wird. Wie kommt das bei Ihnen an?
[00:33:56] Speaker B: Ja, das würde ich etwas schwierig sehen für eine Person, die tatsächlich Mobbing-Opfer sind, meistens über Jahre hinweg diesen Schikanen ausgesetzt. Die sind so, denen geht es, also die haben teilweise ja, also das geht über Herz-Kreislauf-Störungen, aber zu Suizid, also da gibt es wirklich ganz, ganz schlimme Fälle. Und wir setzen eigentlich eher an, die Helden, die Bystander hier in ihre Pflicht zu nehmen. Also das ist die neueste oder nicht neueste, aber es ist ein relativ neuer Ansatz, dass man sagt, besser als ständig dem Opfer, natürlich brauchen die Opfer Support, aber da irgendwie, wenn du schon in so einem schweren Konflikt drinnen bist, ist es schwierig, die richtigen Umgangsstrategien aufzufinden. Also das ist kein Wunder, dass man dann noch stärker mit eskaliert und die Situation komplett zerrüttet wird. Und den Täter, die Täterin, Natürlich brauchen die auch Unterstützung im Sinne von Coaching. Die wissen leider oft nicht oder zumindest geben sie es vor, zu wissen, was sie da getan haben. Das ist ja auch eine sehr schwierige Frage. Vielleicht können wir über die Täter und Täterinnen auch noch reden. Aber eigentlich könnte man die Personen, die eben nicht direkt beteiligt sind, aber die großen Einflüsse, also die es zum Guten als auch zum Schlechten wenden könnten, durch ihr eingreifen. Also einerseits könnten sie das befördern, noch das Mobbing, indem sie mitlachen.
[00:35:13] Speaker A: Aber jetzt habe ich natürlich einen riesen Konflikt, Frau Doktor, weil auf der einen Seite reden wir von Empathie, ganz klar, nicht? Die weinende Frau, Klischee, ich weiß, aber ich benutze es jetzt, am Damenklo und die Kollegin kommt dazu und sagt, er mahnt ja nicht so, dieser furchtbarste aller Sätze, ja, und er isst so und das ist ja vorbei bald und macht die Ohren zu oder was da alles an Schwachsinn kommt.
Tun sie das nicht? Ist das ein richtiger Aufruf? Weil was dann, wenn uns jemand leid tut und wir das nicht sagen dürfen?
[00:35:54] Speaker B: Wie reagieren wir?
[00:35:56] Speaker A: Dass wir nicht sagen dürfen, er meint es nicht so. Also dass wir die Tat, um in dieser Diktion zu bleiben, herunterspielen, minimieren, wiewohl sie emotional riesiges Unheil anrichtet, nur um vielleicht nicht mehr Zeuge des Elends sein zu müssen. Ja, auch ein egoistischer Ansatz.
[00:36:19] Speaker B: Ich glaube, das ist sehr vielen Leuten gar nicht bewusst, dass diese Worte, der meint es nicht so oder du nimmst das zu persönlich oder morgen schaut die Welt wieder besser aus, also diese Aussagen, dass die bei einer Person, die sich wirklich gemobbt fühlt oder belästigt, dass die ganz was Schlimmes auslösen kann, nämlich das Gefühl, du verstehst mich nicht, du gibst mir eigentlich subtil eher die Schuld daran sozusagen, du nimmst es zu persönlich und die Person zieht sich dann immer weiter zurück. Also ich glaube da kann man eben, wir haben da auch einen Trainingsfilm dazu gemacht mit solchen Optionen, da kann man sehr viel Bewusstsein schaffen, was diese kleinen Worte auslösen können und was zum Beispiel so etwas wie ich sehe, dass es dir nicht gut geht, also kleine oder aufmunderte Kommentare im Gegenzug auch Gutes bewirken kann. Also es muss nicht die große Heldendat sein, oft als Beiständer. Es ist oft auch getan damit, dass man, wenn man die Person am Klo weinen zieht, eben nicht nur auf die Schulter klopft und wieder rausgeht, sondern sich das tatsächlich anhört, die Geschichte. Ohne sofort zu werben.
[00:37:22] Speaker A: Gilt das auch für Betriebsrätinnen?
[00:37:25] Speaker B: Das gilt ganz stark für Betriebsrätinnen. Also da gibt es auch von der Arbeiterkammer den Leitfaden auch mit Gesprächsführungstipps. Zum Beispiel, ganz wichtig, das kommt ja alles in dieselbe Ebene, den Leuten ihre Geschichte erzählen lassen, auch wenn sie mir einseitig erscheint. Jede Geschichte ist einseitig. Also da werden Sie keine Geschichte hören von niemandem, die nicht aus der Perspektive der Person erzählt wird.
ausreden lassen, erzählen lassen und dann vorsichtig nachfragen, als viel zu schnell in dieses Relativieren, in dieses Bewerten gehen. Ist nicht so schlimm, wird schon wieder. Damit einfach aufpassen.
Und vor allem, wenn du eine Person die Geschichte erzählen lässt, erfährst du ja viel. Also vielleicht Informationen, die wirklich wichtig sind und mir zeigen, okay, das sind Indizien, die darauf hindeuten, dass die Person das schon länger hat und dass das da wirklich ein Machtungleichgewicht gibt.
[00:38:16] Speaker A: Frau Dr. Tädlerer, was wissen wir über die Täter, außer dass sie in den allermeisten Fällen Männer sind, habe ich gelesen. Ja, so weiß ich nicht, ob das so stimmt. Aber what's wrong with them, würde man fragen, nicht?
Spüren die sich noch? Haben die das Falsche auf der WU gelernt? Oder sind das alles vorgestrige Auslaufmodelle von Führen mit Macht und Angst und Strafe? Die gibt's ja. Man möchte es nicht glauben. Es gibt sie noch.
[00:38:51] Speaker B: Ja, das stimmt. Es sind Männer, es sind vorzügsweise Männer. Also doch. Schon, ja. Aber es gibt natürlich auch Frauen. Ich will das nur...
Bei Frauen ist es so, wenn es dann eine Frau...
Die Frage ist, wird eine Frau, kommt sie schneller unter Mobbingverdacht als ein Mann? Also wird dasselbe Verhalten, das ist eben auch Ziel unserer Studie immer, wird dasselbe Verhalten unterschiedlich bewertet, je nachdem, wer es ausführt? Und da gibt es eben große Unterschiede. Zu dem Punkt, warum oder was macht jemand zu einem Täter? Sehr oft sind es empfundene Ungerechtigkeitssituationen aus der Organisation heraus. Also ich bin ja viel besser als der andere.
bekommen, aber die Beförderung nicht, bekommen die Stelle nicht.
Es könnte auch generell, wenn das in einem Klima ist, wo Jobs rar sind oder wo ein großer Wettbewerb herrscht, kann das sehr, sehr schnell eben dadurch durch organisationale Faktoren dann sozusagen bewirkt werden, dass ich mich, also das ist sehr oft so dieses Sündenbock-Phänomen, ich lasse es dann an der anderen Person aus und tatsächlich sowas wie Mikropolitik, Also gegen dich werde ich jetzt kämpfen. Kann natürlich trotzdem sein, dass es einfach so ist, ich mag die Person einfach nicht. Ich brauche die gar nicht, ich will die gar nicht loswerden, aber es gibt mir Freude, dass ich das sozusagen an ihr was auslasse. Und prinzipiell ist es schon so, dass sowohl bei den unter Anfängst Täter und Täterinnen als auch bei den Betroffenen sowas wie negative Affektivität, das ist eine Persönlichkeitseigenschaft, vorherrscht. Also dass man tendenziell mehr oft neurotischer ist.
Angstzustände hat, sich bedroht fühlt und einfach sehr viel Negatives auch rein interpretiert in andere Personen. Also das zeigt sich schon bei Tätern. Aber wie gesagt, nicht zu unterschätzen ist dieses Gefühl der Ungerechtigkeit. Das kommt sehr oft. Und auch dann die Vorwürfe, was ich mobbe, überhaupt nicht. Ich fühle mich selbst als Mobbing-Opfer. Wir hören das sehr oft. Das Gefühl, eigentlich bin ja ich der Gemobbte.
Also das ist das typische Täter-Opfer-Umkehr dann, die sehr oft stattfindet.
sehr stark fehlendes Bewusstsein für die Auswirkungen der Daten auf das Opfer. Man weiß schon, man will dem schon wehtun, aber dass das tatsächlich ganz ganz schwerwiegende Auswirkungen auf die Person hat. Da braucht es glaube ich auch sehr viel Bewusstseinsarbeit.
[00:41:04] Speaker A: Damit wir auch mal über etwas Positives sprechen, also dass es Entwicklung gibt, dass es Erfolge gibt. Haben Sie in Ihrem Vortrag damals darüber gesprochen, dass Sie ja wohl mal mit dem Bundesheer zusammen gearbeitet haben. Erzählen Sie uns da was.
[00:41:25] Speaker B: Ja, ich bin da eigentlich dazugekommen zu der Studie. Das war in der Zeit meiner Dissertation an der TU Wien. Und da hat meine Professorin schon mit einem Offizier des Bundesheeres an dieser Studie gearbeitet.
Er hatte sehr das Bedürfnis, eigene Situationen auch aufzuarbeiten. Und da haben wir zum Beispiel in dieser Studie auch festgestellt, dass es tatsächlich sehr oft zu dem Sündenbock-Phänomen kommt.
sehr viele Personen, die angeben, gemobbt worden zu sein, auch selbst zugeben, gemobbt zu haben. Also wir haben das nachgefragt. Und das war ganz speziell auch in diesen Elite-Einheiten des Bundesheeres, in den Ausbildungszentren der Fall. Also da ist ja diese Kultur, diese traditionelle Kultur des Bundesheeres noch ganz, ganz stark verankert. Man muss zum Beispiel physisch stark sein. Sie kennen ja vielleicht die die Aufnahmekriterien im Bundesheer schnell laufen können, mit dem Rucksack weit gehen. Und das war dann speziell für Frauen auch schwierig. Also das sind so diese organisationalen Ursachen, wenn man hat, als man 1998 das Bundesheer auch für Frauen geöffnet hat, diese Aufnahmekriterien für Frauen niedriger gemacht. Also das war eine lange Diskussion, aber man hat sich entschieden, die laufen ein bisschen weniger, tragen weniger Gewicht. Das ist ja ganz schwierig, wenn eines der, auch wenn es überholt ist in einem modernen Heer, aber wenn Eines der Werthaltungen der Wichtigsten ist, dass man physisch stark sein muss, als guter Soldat und dann ein Teil der Soldatinnen niedrigere Kriterien haben, dann kommen die schon per se in eine gefährdete Situation. Und somit wird die Leistung geschmälert, nicht?
[00:43:10] Speaker A: In Relation.
[00:43:10] Speaker B: Zumindest scheinbar. Man kann sich natürlich fragen, ob ein modernes Heer, vor allem ein neutrales Heer, wie Österreich es ist, tatsächlich so wichtige Kriterien bei der Eignung heranziehen sollte wie physische Stärke, ob es nicht wichtiger wäre, dass man, also das haben wir auch diskutiert, ob es nicht Sprachkenntnisse zum Beispiel oder Brückenbaukenntnisse, strategische Kenntnisse und so weiter bei unseren Kosovo-Einsätzen, bei Lawinenabgängen und so weiter sind ja auch andere und auf Anführungszeichen Stereotyp weibliche Eigenschaften wie Empathiefähigkeit auch wichtig.
[00:43:41] Speaker A: Und Entscheidungskraft.
[00:43:44] Speaker B: Und Entscheidungskraft zum Beispiel. Wobei das wieder ein sehr männlich konnotierter Begriff ist. Ja, aber das ist auch vorbei. Aber es ist wichtig, genau. Und das ist halt die Frage. Und da sieht man wieder, wie wichtig diese organisationskulturellen Faktoren sind für Mobbing. Weil dadurch, dass man so Glaubenssätze hat in einem Heer, stark musst du sein im Nahkampf. Niemand von uns wird je im Österreich einen Nahkampf haben mehr.
Wenn das so tief drinnen ist, dann ist es natürlich, wenn ich dann die Aufnahmekriterien geschlechtsspezifisch unterschiedlich mache, dann hast du für Frauen ein schwieriges Feld bereitet.
Also daran muss man arbeiten, was sind tatsächlich, was ist für Herr heutzutage wichtig? Die Anforderungsprofile breiter machen und dadurch kannst du auch eine breitere Zielgruppe ansprechen.
[00:44:34] Speaker A: Ja, also dazu nur sei Folgendes gesagt, die israelischen Soldatinnen zählen zu den besten Soldaten.
Und wer in Amerika wirklich viel Kohle hat und es sich leisten kann, nimmt natürlich Ex-Mossad-Agentinnen als Bodyguards, weil sie einfach die Besten sind. Daher dieses ganze alte Denken weg. Wir kommen langsam zum Schluss, relativ rasch. Was ist zu tun?
Dr. Eva Zedlacher, um das Mobbing-Phänomen-Problem in den Griff zu bekommen, wie lange geben Sie uns? Weil es brennt der Hut.
[00:45:23] Speaker B: Ich rede stark auf den Arbeitsplatz bezogen. Die meisten Organisationen, was sie tun gegen Mobbing, ist, dass sie Verhaltensrichtlinien auf Papier bringen. Dass sie sagen, wir wollen die Werte der Zusammenarbeit hochheben, des Vertrauens und so weiter.
Und da definieren sie dann oft Spielregeln, die werden oft auch in einem Workshop erarbeitet. Die Frage ist, löst das das Problem? Papier ist geduldig und es geht von einer Compliance-Ausrichtung aus. Also sozusagen wir versuchen durch diese Code of Conduct und wie die heißen, die Leute versuchen, das Verhalten zu ändern und zu Complian mit unseren Werten.
Das zeigt sich vor allem im Erwachsenenbereich als eher unzulänglich, das Problem zu bekämpfen und eine tatsächliche Bewusstseinsänderung herbeizuführen.
[00:46:08] Speaker A: Vielleicht weil es dann auch missbraucht wird als Alibi, nicht? Wir haben es doch eh gemacht. Die waren auf 40 Workshops. Wir sind schuldlos.
[00:46:17] Speaker B: Genau. Also das Whitewashing. Wir schreiben es eh hin. Wir machen diese Gleichstellungspläne und so weiter. Aber was wird dann tatsächlich getan? Und deshalb geht man jetzt in der zumindest in der Erwachsenen-Ethik-Forschung stärker darin, über Personen in diese Dilemmata-Situationen zu verwickeln, weil meistens, und jetzt reden wir von nicht ganz, ganz stark eskalierten Situationen. Ich glaube, bei einer Vergewaltigung oder wenn eine Situation ist, die ganz stark nicht grau, sondern ganz stark schwarz ist, also zwischen weiß und schwarz, da greift normalerweise jeder ein. Oder gut, muss auch nicht sein, aber Sie wissen, was ich meine. Also der moralische Aufruhr ist groß.
Das Problem ist ja eher diese moderaten Situationen, wo wir sagen, ja, darf man nicht so empfindlich sein. Aber das ist ja, wenn ich mich da nicht empöre, sozusagen, dann geht es immer weiter.
Und deshalb ist es wichtig, oder deswegen haben wir eben auch diesen interaktiven Film gemacht, wo man Personen in Dilemmata-Situationen bringt. Also, weil sehr oft ist es ja so, ich entscheide mich nicht gegen schwarz und weiß, sondern zwischen grau und grau.
weil auch der Täter oder die Täterin zum Beispiel hat einen Grund, warum sie böse ist oder warum sie vielleicht unzufrieden ist.
[00:47:30] Speaker A: Frau Doktor, wir haben noch eine Minute, um zu sagen, was wir den Bystandern mitgeben. Also jene, die das Unrecht erkennen, sich bisher aber nicht gerührt haben. Können wir sie belohnen, beruhigen, dass ihnen nichts passiert?
[00:47:46] Speaker B: Sie können helfen. Sie können heldenhaft sein durch schon kleine Schritte, indem sie den Betroffenen durch Worte durch Zuhören Mut machen. Und sie können auch den Tätern und Täterinnen zeigen, dass sie nicht bei jedem Witz einfach mitlachen oder die Person, die betroffene Person auch direkt mit einbeziehen in Gespräche und so weiter. Das heißt, ohne dass sie den großen, hellenhaften, riskanten Sprung wagen müssen, können sie trotzdem in ihrem Mikroumfeld etwas verändern. Sie sind als Beiständer hier in der Lage und auch zu einem gewissen Teil verpflichtet. Und die Führungskraft. Das Wichtigste ist natürlich die Führungskraft und die sollten Sie als Beiständer schon auch an ihre Verantwortung erinnern.
Sie müssen nicht direkt betroffen sein. Sie können auch, wenn Sie was beobachten, die Führungskraft dann darauf aufmerksam machen, weil das wollte ich noch sagen. Rechtlich ist es extrem wichtig, dass der Führungskraft auch schriftlich gezeigt wird. Bitte, du musst Abhilfe schaffen. Okay, also das ist Abhilfe einfordern. Rechtlich ist wichtig, damit man sich nicht rausregen kann. Ich habe nichts Gutes.
[00:48:50] Speaker A: Falls es später zu einer juristischen Auseinandersetzung kommt und bei alledem helfen Ihnen selbstverständlich die BetriebsrätInnen in ihren Betrieben. Und natürlich auch die AK Niederösterreich steht Ihnen jederzeit zur Verfügung, wenn es um diese, wie wir jetzt festgestellt haben in der vergangenen Dreiviertelstunde, emotional vor allem sehr heiklen Situation immer wieder.
Danke Ihnen.
dass sie sich so intensiv und spürbar leidenschaftlich mit diesem hässlichen Phänomen unseres Alltags beschäftigen. Wir hoffen, beten, fordern das Buch.
von Ihnen. Und wenn es soweit ist, werden wir mithelfen, das zu promoten. Halten Sie uns am Laufenden bitte. Ganz, ganz wichtig. Über Ihre Untersuchungen drehen Sie weiter. Filme. Übrigens der Film, von dem wir gesprochen haben, der Link dazu ist dann selbstverständlich in unseren Shownotes. Alles Gute für Ihre Arbeit.
[00:49:57] Speaker B: Danke für die Einladung.
[00:49:58] Speaker A: Und danke für Ihre Zeit. Super.
[00:50:00] Speaker B: Danke.
[00:50:01] Speaker A: Das war Dr. Evert Zetlacher im MON-Talk über Mobbing. Wenn Sie selbst Erfahrungen haben, Geschichten, die Sie loswerden wollen oder einfach nur vielleicht einen Hilferuf, dann melden Sie sich am besten über die Facebook-Seite der Arbeiterkammer NÖ oder direkt bei der AK.
Dankeschön für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch diese Woche und seien Sie niemand, der zuschaut. Seien Sie ein Teil der Lösung und nicht ein Teil des Problems.
Bis dann. Ciao, ciao.
Das war der MONTALK, Chefredaktion Susanne Karner, Redaktion Mario Gattinger und Carina Karras, Straßenumfragen Christoph Baumgarten, Faktenbox Bettina Schapsschneider, Technische Leitung Stefan Dangl, Administration Christina Winkler, am Mikrofon Alexander Göbel.
Montalk, der Podcast der Arbeiterkammer Niederösterreich. Einfach mehr Wissen zu Themen, die das Land bewegen. Alle zwei Wochen neu und jederzeit abrufbar. Finanziert aus den Mitteln des Zukunftsprogramms der Arbeiterkammern.