#108 Diagnose Krebs: Angst lass nach!

June 09, 2024 00:46:36
#108 Diagnose Krebs: Angst lass nach!
MONTALK - Der Podcast zum Mitreden
#108 Diagnose Krebs: Angst lass nach!

Jun 09 2024 | 00:46:36

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Show Notes

Strategien zur Bewältigung von Sorgen, die Bedeutung sozialer Unterstützung und Maßnahmen zur Selbstfürsorge: Psychoonkologin Mag. Patricia Göttersdorfer weiß, wie Betroffene und Angehörige die Angst unter Kontrolle bringen.

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Episode Transcript

[00:00:01] Speaker A: Montauk, der Podcast zum Mitreden. Herzlich willkommen zur Folge 100. Achte dies ist Teil zwei unseres Krebsschwerpunkts mit dem Titel Diagnose Krebs Angst lass nach. Strategien zur Bewältigung von Sorgen und die Bedeutung sozialer Unterstützung und Maßnahmen zur Selbstfürsorge. Ganz, ganz wichtig. Und vieles mehr. Gesundheitspsychologin Magistra Patricia Göttersdorfer weiß, wie Betroffene und Angehörige die Angst unter Kontrolle bringen. So, damit wir aber wissen, wovon wir sprechen, wie immer unsere Faktenbox mit Bettina Schabschneider. Pardon, Bettina, hier ist deine Faktenbox. [00:00:56] Speaker B: Trotz verbesserter Behandlungsmethoden und Heilungserfolge wird Krebs von vielen Menschen immer noch als die gefährlichste aller Krankheiten angesehen, was oft auf mangelhaftes Wissen und negative Erfahrungen im Umfeld zurückzuführen ist. Informationen über die Krankheit, die Therapie und die Unterstützung der eigenen Gesundung können hilfreich sein und Patienten sollten ihren Arzt über den individuellen Krankheitsverlauf und das Risiko eines Wiederauftretens befragen. Gefühle wie Angst, Wut, Gereiztheit, Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit sind natürliche Reaktionen in einer Lebenskrise und dürfen zugelassen werden, ohne dass dies negative Folgen für den Krankheitsverlauf hat. Patienten haben oft Angst vor einem Rückfall und entwickeln erst nach einer längeren krankheitsfreien Zeit, meist nach fünf bis 10 Jahren, eine zunehmende Gewissheit, von Krebs geheilt zu sein, wobei ein Rest von Unsicherheit und Angst fast immer bestehen bleibt. Eine genaue Analyse der Angst, um die spezifischen Ängste zu definieren, wie die Furcht vor Schmerzen, Behandlung, Abhängigkeit, Hilflosigkeit oder dem Tod, kann langfristig dabei helfen, die Krankheit besser zu bewältigen. [00:02:03] Speaker A: Österreichische Krebshilfe, danke, Bettina scharpschneider. So, Frau Mag. Patricia Göttersdorfer, sie sind klinische Psychologin, Psychotherapeutin. Habe ich was vergessen? Guten Tag. [00:02:18] Speaker C: Erstmal vielen Dank für die Einladung. Nein, ich nehme alles, wie es ist. Ist völlig korrekt. [00:02:24] Speaker A: Oh ja, ich sehe gerade, ich habe etwas vergessen, und zwar die Psychoonkologin Mea Culpa. Ich habe davon noch nie gehört, weil ich wahrscheinlich nicht betroffen bin. Was ist deine Psychoonkologin? [00:02:38] Speaker C: Ganz kurz erklärt, Psychologie ist die Wissenschaft von Erleben und Verhalten. Das heißt, die Psychoonkologie, die Kombination aus beidem, die beschäftigt sich jetzt mit dem Erleben und Verhalten von Krebspatienten und ihren Angehörigen während und nach einer Krebserkrankung. [00:02:55] Speaker A: Ja. Würde ich zu weit gehen, wenn ich sage, zur grundsätzlichen Erklärung dieser unserer Folge über Krebs, dass die emotionale Problematik ebenso gewichtig und auch so zum Teil devastierend sein kann wie die medizinische, rein physische Art? [00:03:19] Speaker C: Genauso ist es. [00:03:20] Speaker A: Okay. Okay, gut. Sehr gut. Also wir brauchen einen Überblick. Gibt es ja. Gibt es eine Antwort darauf, wenn ich sie frage, was so am häufigsten an Reaktionen von Betroffenen zur Diagnose und so weiter anfällt, oder ist das immer ganz, ganz besonders individuell? [00:03:47] Speaker C: Nicht unbedingt. Es hat natürlich etwas zu tun mit welchen Krebs habe ich oder vermute ich zu haben. Wenn ich heute an Brustkrebs denke und ich taste z.B. einen Knoten, der mich beunruhigt, dann habe ich klarerweise ja mehr Zeit zu sagen, jetzt brauche ich Untersuchung, ich gehe zum Arzt, als wenn ich jetzt sage, ich habe z.b. sehr lange Husten und dann stellt sich raus, ich habe aber in Wirklichkeit eine bösartige Erkrankung. Das macht sicherlich einen großen Unterschied in der Krankheitsverarbeitung. Prinzipiell oder das, was für die meisten Patienten zutrifft, das ist zu Beginn dieser Sturz aus der normalen Wirklichkeit. Das ist so ein stehender Begriff, wo man sagt, es ist wirklich ein Schockzustand, ein psychischer Schockzustand. Und es ist im Moment wirklich alles anders. Also das Leben steht Kopf und man weiß möglicherweise gar nicht mehr, wo ist jetzt vorne, hinten, oben, unten und man fällt. Und das Schöne ist, irgendwann landet man. Also die Angehörigen sind oft die Menschen so, die als erstes mehr oder weniger auffangen können. Bzw. Auch die Patienten selbst sind oft zu Beginn sehr sortiert, sehr klar. Und für Außenstehende wirkt es dann so, warum ist der eigentlich so kühl oder so abgebrüht? Aber tatsächlich ist es ein reiner Schockzustand. Das macht einfach, dass der Mensch ganz, ganz klar und sortiert ist. Erst wann sich dieser Schock löst, also wenn es langsam dann wieder in normale Bahnen kommt, erst dann dürfen die Patienten sozusagen loslassen, dürfen sich auch in diese Rolle des Krankseins hineinbegeben. Und erst dann fangen dann oft die Angehörigen den Patienten klarerweise auf und dann beginnt eine normale, adäquate Krankheitsverarbeitung. [00:05:29] Speaker A: Wir kennen das ja aus der Suchttherapie etc. Der erste Schritt ist immer die Annahme dessen, nicht, ja, ich bin süchtig, ja, ich habe Krebs. Und von dort können wir uns dann quasi gehen lassen. Können wir uns eigentlich, Frau Günthersdorfer, darauf vorbereiten? Gibt es etwas, was wir lernen, was wir uns lehren können, selbst in Zeiten, in denen wir uns für gesund halten? [00:05:59] Speaker C: Ich glaube, man muss ein bisschen Geduld mit sich selbst entwickeln, weil wir Menschen einfach so gestrickt sind, wir wollen selbstständig sein. Also Hilfe anzunehmen, hilfsbedürftig zu sein, ist somit das aller, aller schwierigste, was wir Menschen eigentlich lernen müssen. Und trotzdem ist es ganz wichtig, dass man auch so eine Balance findet zwischen wo kann ich krank sein und auf der anderen Seite, wo muss ich auch für mich auch in der Erkrankung für meine Gesundheit sorgen. Also diese Balance ist oft gar nicht so leicht zu finden, so ein bisschen, gerade wenn man Krebs hat oder wenn man so dran denkt, wo muss ich mich sozusagen ausrasten, weil ich müde bin aufgrund der Therapien? Aber wo ist der Punkt, wo immer selber ein bisschen, wie soll ich sagen, den inneren Schweinehund überwinden muss und sagen muss, jetzt geh aber vor die Tür und jetzt mach ein bisschen Bewegung und jetzt geh einfach raus, damit du nicht immer drinnen bist. Es ist gar nicht so leicht, so viel. [00:06:52] Speaker A: Okay. Die Hörerinnen und Hörer der letzten Folge 107, in der wir hauptsächlich über medizinische, physikalische Aspekte der Krebsdiagnose, Behandlung und des damit Umgehens berichtet haben, kennen Silvia bereits. Und sie hat uns auch zu diesem Thema, nämlich des emotionalen Umgangs damit, Frage und Antwort gestanden. Danke nochmal an Silvia. Hier ist Teil eins mit Silvia, einem Betroffenen. [00:07:29] Speaker B: Hallo, liebe Silvia, ich darf dich wieder begrüßen. Wir haben uns heute noch einmal zusammengesetzt, um über die psychischen Folgen so einer Diagnose und all dem, was du durchmachen musstest, während und nach der Behandlung zu sprechen. Ich danke dir für deine Offenheit und dass du dich dazu bereit erklärst, heute wieder hier zu sein und uns zu schildern, wie es dir ergangen ist. Hallo. [00:07:51] Speaker D: Hallo. Danke für die Einladung. [00:07:55] Speaker B: Und für meine erste Frage möchte ich gleich noch mal zum Anfang zurückkehren, über die Diagnose sprechen, über die wir schon letztes mal gesprochen haben und dich fragen, wie es dir da ergangen ist, auch psychisch, wie du dich gefühlt hast, wie du es weiterverarbeitet hast. Könntest du uns dazu ein bisschen was erzählen? [00:08:13] Speaker D: Ja, gerne. Also ja, so eine Diagnose zieht einem natürlich schon den Boden unter den Füßen weg. Und alle Pläne, die man so für die nächsten Wochen und Monate hatte, sind natürlich zunichte gemacht. Und so der einzige Plan, der den Takt vorgibt, ist der Behandlungsplan. Also man ist dann schon in den ersten Monaten sehr durchgetaktet. Und ja, also es war definitiv sicher so das intensivste Jahr meines bisherigen Lebens. Und auch wenn ich immer versuche, die Dinge mit Humor zu nehmen, also so schön reden kann man sich natürlich die Belastungen auf so vielen Ebenen von so einer Diagnose nicht. Und gleichzeitig ist es aber so, dass man, oder mir ist es so gegangen, dass ich in der Zeit auch so eine extreme Wertschätzung und Dankbarkeit auch für die kleinen, die ganz kleinen Dinge im Leben auch entwickelt habe und das auch so intensiv wahrnehmen konnte und spüren konnte. [00:09:13] Speaker B: Und wem hast du es, wie bist du damit umgegangen, die Diagnose den anderen Menschen in deinem Umfeld in einem engsten Kreis zu erzählen? Wie war das für dich? Ich kann mir vorstellen, dass es auch sehr schwierig, mal diesen Schritt zu gehen und mit anderen darüber zu sprechen. [00:09:30] Speaker D: Ja, das ist ein wichtiger Punkt, den du ansprichst, weil mit der Diagnose natürlich trifft es einen selbst, aber natürlich ist auch das Umfeld stark, stark betroffen und auch natürlich für alle Angehörigen ist das auch ein großer Schlag, wenn man sich da eben da einfach Ängste, auch Ängste und Sorgen hat. Wie geht es weiter mit mir? Und also ich bin sehr offen damit umgegangen. Also ich habe wirklich versucht, eben persönlich so vielen Menschen, die mir nahestehen, zu sagen genau und über die Diagnose auch zu sprechen. Ja, ganz an erster Stelle, also von der ersten S an dabei. Aber meine Partnerin, die mit mir auch coronabedingt so gut es möglich war, auch zu den Ärztinnen mitgegangen ist, bei den Gesprächen dabei war, bei allen wichtigen Entscheidungen dabei war und da wirklich in dieser Zeit immer für mich da war und auch wirklich vom Freundeskreis, von der Familie, auch meine Kolleginnen. Also zum Glück ist auch, ich glaube, diese offene Art, darüber auch zu sprechen, hatte ich schon den Eindruck, dass das für alle ein guter Weg ist und ein guter Weg war. Und das hat mir sehr gut getan, auch diese Offenheit. [00:10:47] Speaker B: Also es hat dir auch geholfen? [00:10:49] Speaker D: Ja, auf jeden Fall. Ja, und was irgendwie spannend war, ist, dass also in meinem Empfinden auch sehr viele Menschen sagen und meinen sicher sehr gut so dieses positiv denken und die Krankheit als Chance sehen. Oder auch meiner Partnerin wurde oft gesagt, du musst jetzt stark sein. Und das ist aber etwas, was einem dann auch irgendwie unter Druck setzt. Also dass man jetzt in dieser schwierigen Situation jetzt auch noch irgendwie da das Beste daraus machen muss oder positiv denken soll in einer schwierigen Zeit. Und da bin ich meiner Onkologin bis heute irgendwie sehr dankbar. Die war die erste, die irgendwie gesagt hat nein, sie müssen gar nichts, sie haben jetzt eine schwere Erkrankung und es ist doch voll in Ordnung, wenn es einem nicht gut geht. Also das hat da auch irgendwie sehr viel Druck, Druck rausgenommen. [00:11:41] Speaker A: Okay, das war Teil eins. Danke an Silvia einmal mehr. Die Gespräche führte Bettina scharpschneider. Frau Göttersdorfer, wie ist das jetzt? Ich habe im Zuge der Vorbereitung auf den Podcast mit Menschen in meinem eigenen Umfeld gesprochen. Ich lebe am Land und ich musste feststellen, dass das ist meine Interpretation, vor lauter Unwissenheit, wie man als nicht Betroffener damit umgehen soll, rückt das Tabu in immer griffbereitere näher. Können sie sich das erklären? Warum tabuisieren wir so gerne? [00:12:24] Speaker C: Weil es auch mit Tod zu tun hat und das ist ein riesen Tabu natürlich in unserer Gesellschaft. Krebs könnte potenziell auch tödlich sein. Und dann bleibt natürlich die Frage, wie kann ich denn mit dem Tod umgehen? Kann man darüber überhaupt reden? Und spannenderweise, wann ich mit Patienten zu tun habe, ist immer ganz am Anfang in der Regel. Also weil wir die eigentlich kaum kennen, immer so diese Frage, muss ich jetzt sterben? Und ich lade sehr wohl dazu ein, sich einmal vorzustellen, ja, wie wäre es denn, wenn wir sterblich wären? Das weiß man natürlich, hat keiner noch 1000 Jahre alt geworden. Aber was bedeutet es denn? Und es ist in Wirklichkeit ja auch etwas, was ein Leben dann formt und wo man sagen kann, was muss denn im Leben drinnen sein, dass ich glücklich werde, dass ich mich zufrieden fühle, dass ich für mich sagen kann, das ist ein gutes Leben gewesen. Also es ist etwas sehr Existenzielles, was einem mit einer Krebsdiagnose begegnet. Und meine Erfahrung ist, wenn man mal über den Tod gesprochen hat, dann kann man wieder richtig gut leben. [00:13:27] Speaker A: Wertvoller Hinweis, vielen herzlichen Dank. So die Ängste und Sorgen, mit denen wir uns da herumärgern, ist, das ist ja natürlich, wie viel davon ist Verdrängung, wenn wir uns plötzlich, obwohl wir gerade diagnostiziert wurden, um die anderen so sehr kümmern, wie weit sublimieren wir dort? Und ist das gut, schlecht? Sollten wir da als nicht Erkrankte, aber doch Betroffene einschreiten? [00:14:04] Speaker C: Ich denke, es ist ganz normal und es ist ein sehr sinnvoller Mechanismus. Man darf nie vergessen, man kommt aus der Steinzeit und wenn es gerade ganz brenzlig wird, dann scheut das Hirn einfach auf Gefahr und dann reagiert man einfach sehr starr. Und das ist gut so, weil sonst würde man den Überblick überhaupt verlieren. Also es ist gut, am Anfang einmal das auf die Seite zu schieben und einmal zu sagen, weil nämlich gerade die Angehörigen oft völlig aufgelöst sind, weinen, unglücklich sind, nicht wissen, was sie tun sollen, dass die Patienten dann da sind und sich eigentlich um die Angehörigen kümmern. Und meine Erfahrung ist, sobald dann die Behandlung beginnt, dreht sich das Ganze um. Und weil das so ein Wechselspiel ist von auf und ab, macht es durchaus auch sinnvoll. Also wenn die Behandlung beginnt, dann können sich Patienten fallen lassen. Und das ist auch gut so, weil dann geht es darum, wie kann ich die Behandlung gut gestalten? Was ist das nächste, was man bevorsteht? Angehörige haben sich dann damit auseinandergesetzt mit dem Thema. Also auch die sind dann für die Patienten in der Regel da. [00:15:00] Speaker A: Okay, Stichwort Selbstfürsorge. Können wir uns darauf überhaupt vorbereiten, auf diese Situation der positiven Diagnose? Ja, es ist Krebs. Und ist es klug, sich auch vor der Diagnose damit zu beschäftigen? [00:15:25] Speaker C: Ich glaube, dieses Katastrophendenken ist was, was sehr schwierig ist und was uns nicht gut tut. Also manchmal ist es ja so, es gibt ja auch andere Krebsorten, wo in der Regel z.B. wenn jetzt ein Hautkrebs denke, sie hat noch was rausgeschnitten, wird eingeschickt, in 10 Tagen kriege ich dann einen Befund. Ich habe jetzt nicht unbedingt Schmerzen oder irgendetwas. Und das ist schon was, wo man ja trotzdem genau in dieser Zeit weiß, dass es Menschen sehr schlecht geht. Eben, wir sind, wir denken einfach sehr viel und es sind hunderttausend Gedanken, was wäre wenn? Und meistens galoppiert ja dann auch unsere Vorstellung mit uns durch und es wird alles Katastrophe und es wird alles ganz schrecklich. Und so soll es eigentlich nicht sein. Also gerade zu Beginn ist es besser zu sagen, ein Schritt nach dem anderen sozusagen eins nach dem anderen. Man muss nicht alles glauben, was man denkt, sondern gerade das nächste ist immer das, was am wichtigsten erscheint. [00:16:19] Speaker A: Also allein über diesen Satz, man muss nicht immer alles glauben, was man denkt, könnten wir beide jetzt drei Podcasts machen, negatives Denken und so weiter. Vielleicht kommen wir noch mal dazu. In der Zwischenzeit hören wir aber Silvia noch einmal zu, wie sie damit umgegangen ist. [00:16:38] Speaker B: Liebe Silvia, du hattest vorhin erwähnt, dass das natürlich das intensivste Jahr deines bisherigen Lebens war. Du hast die Behandlung durchgemacht, die Chemotherapie und dann war die OP letztendlich erfolgreich. Wie ist es dir danach weiter ergangen? [00:16:56] Speaker D: Ja, was ich völlig unterschätzt habe, ist, dass es eben mit Abschluss der Behandlungen und dessen Akuttherapien nicht zu Ende ist. Also natürlich kiefelt man schon länger an so einer Diagnose und es war aber, hatte so den Eindruck, dass für das Umfeld und für so mein Rundum ist natürlich die Welt weitergegangen und ich war jetzt wieder da. Und für mich selber habe ich aber einfach gemerkt, dass die Verarbeitung mit Ende dieser Akutbehandlung eigentlich erst beginnt und dass das auch in Wellen vor sich geht. Ich habe so gemerkt, es braucht eben Zeit, das alles psychisch zu verarbeiten. [00:17:37] Speaker B: Hast du dir da Hilfe geholt? [00:17:38] Speaker D: Ja, also ich habe während der Behandlung auch schon online Psychotherapie in Anspruch genommen und ich habe dann nach der Operation auch mit der Psychoonkologin vom Krankenhaus gesprochen, einige Stunden. Und auch die Nachsorge überhaupt im Krankenhaus war auch wirklich toll. Also ich habe auch Physiotherapie in Anspruch nehmen können. Es wurde dann auch gleich nach der Operation der Antrag auf eine Reha, auf eine onkologische Reha gestellt. Und das war auch extrem wichtig, weil auch der Körper natürlich, also auch physisch, von der Fitness her etc. Gibt es da viel, was eben wieder aufgebaut werden muss. Und auch so dieses Vertrauen wieder gewinnen in den einen eigenen Körper. Also das war auch etwas, was mich bis heute beschäftigt. Und was man auch nicht vergessen darf, ist, dass gerade bei meiner Tumorart wurde mir gesagt, dass auch das Risiko, dass innerhalb der ersten Jahre ein sogenanntes Rezidiv, also dass hier auch die Krebserkrankung wiederkommt, also dass da auch ein Risiko besteht. Und deswegen ist man in den ersten fünf Jahren sehr eng, auch engmaschig noch unter quasi Nachsorgekontrolle. Ich bin ja immer wieder zu Untersuchungen auch eingeteilt. Und das ist auch etwas, wenn man einmal so einen Befund bekommen hat, also ich merke schon jedes mal, wenn so eine Vorsorge Nachsorgeuntersuchung, so eine Nachsorgeuntersuchung ansteht, dass dann schon eine gewisse Unruhe wieder in mir hochkommt, also dass auch wieder diese Ängste hochkommen. Also das ist etwas, was ich völlig unterschätzt hätte, was das natürlich auch, also so eine Diagnose auch nachhaltig mit einem machte. [00:19:26] Speaker B: Vielen Dank für deine Offenheit. Könntest du uns am Schluss noch ein paar Tipps geben oder vielleicht ein paar Dinge erzählen, die du Betroffenen, aber auch Angehörigen gerne sagen würdest, wie du damit umgegangen bist und was du als Tipps weitergeben würdest? [00:19:48] Speaker D: Was mir auf jeden Fall geholfen hat, war eine gute Vorbereitung auch auf die Gespräche mit den Ärztinnen und Ärzten. Also ich hatte dann wirklich auch ein eigenes Heft und mir vorher die Fragen aufgeschrieben. Und das war dann immer mein Begleiter bei den Besuchen im Krankenhaus. [00:20:03] Speaker B: Damit du den Überblick auch behalten kannst. [00:20:06] Speaker D: Genau, sodass ich immer alles bei der Hand habe. Und ich finde, dass es extrem wichtig ist, sich da auch den Raum und die Zeit zu nehmen, hier seine Fragen zu stellen. Weil also mir haben die Antworten auf meine Fragen extrem viel Sicherheit auch vermittelt. [00:20:26] Speaker B: Die Klarheit hat die Sicherheit. [00:20:28] Speaker D: Genau. Ja, und was auch sehr wichtig ist, ist auch, dass man einfach diese Vorsorge und Früherkennungsprogramme in Anspruch nimmt. Also dass man halt wirklich die eigene Gesundheit, den eigenen Körper ernst nimmt, auch Veränderungen beobachtet und vor allem, also wenn wirklich wo eine Veränderung auffällt, dass man dann auch so rasch wie möglich das abklärt. Denn umso früher natürlich, wenn es sich wirklich um eine bösartige Veränderung handelt, umso früher man das natürlich erkennt, umso besser sind die Chancen, dass die Behandlung auch erfolgreich ist. Genau. Und was mir, das haben wir am Anfang auch schon angesprochen, eben sehr gut getan hat, war dieser offene Umgang mit der Erkrankung. Und ich habe auch gemerkt, auch wenn ich von anderen Betroffenen gehört habe, ihre Geschichten gehört habe oder mich auch auf der Reha ausgetauscht habe mit anderen Menschen, die auch eine Krebserkrankung mitgemacht haben, dass das extrem stärkend sein kann und sehr viel Mut auch macht und auch einem selber auch zeigt, okay, die eigenen Gedanken, die eigenen Gefühle, das eigene Erleben, so geht es auch anderen. Also auch so einfach dieses gemeinsame auch drüber reden, gemeinsam auch mit meiner Partnerin gemeinsam weinen und über unsere Ängste und Sorgen sprechen. Also für mich war das und ist das bis heute eine wichtige Art und Weg, mit dem allen herumzugehen. Und vielleicht, wenn ich darf, würde ich abschließend noch sehr gerne mich bedanken, auch bei allen Menschen, also die in dieser Zeit für mich da waren und auch bei allen Menschen im Gesundheitswesen. Da sind ja so viele Berufsgruppen, mit denen man da in Kontakt ist, eben von MRT Untersuchungen bis zu den Gesprächen mit den Ärztinnen, die Pflegerinnen. Also man hatte in dieser Zeit wirklich mit so vielen Berufsgruppen über alle Disziplinen hinweg auch zu tun. Und die haben wirklich ganz, ganz großartiges geleistet, waren immer sehr freundlich und sehr professionell und da wirklich für mich da und für viele andere auch da. Und da wäre auch irgendwie so mein Wunsch an die Politik, dass man da auch auf die Arbeitsbedingungen schaut, auch auf die Anerkennung für diese diese Personen, weil die Leistung wirklich, wirklich unglaublich ist. [00:22:52] Speaker B: Ja, ein großes Danke an alle Unterstützerinnen und Unterstützer, privat und beruflich. Und dir sage ich auch danke, Silvia, dass du dir heute Zeit genommen hast. [00:23:02] Speaker D: Vielen Dank. [00:23:05] Speaker A: So, das war Silvia, auch von unserer Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön. Und genau dafür ist ja das Institut, die Arbeiterkammer Niederösterreich, das Institut ihres Vertrauens darum, einerseits relevante Informationen einzuholen und andererseits sicherzustellen, dass eben jene Kräfte, die so unglaublich wichtig sind emotional in diesen Zeiten, auch entsprechend respektvoll, sowohl von empathischen als auch von rein finanziellen und Arbeitsbedingungen her behandelt werden. Und ja, dafür ist die Politik zuständig. So Frau Göttersdorfer, sie hat jetzt die Silvia gesagt, dass sie ganz offen damit umgegangen ist. Ich habe mich kurz überprüft, der ich in Klammer auf noch Klammer zu, nicht diagnostiziert bin, wie ich damit ich hätte größte Probleme, größte Probleme damit ganz offen umzugehen, weil ich mich sozusagen vorauseilend der der Häme und allem, was mir negativ einfällt, schon schämen würde. Und das macht mich zu bin ich da ein Sonderfreak oder geht es vielen so? [00:24:25] Speaker C: Es geht sehr vielen Menschen so. Und die Erfahrung sagt uns leider auch, der Freundeskreis kann sich sehr verändern. Das heißt, Menschen, die durchaus einem nahe sind, rücken weg und Menschen, von denen man nie gedacht hätte, dass einem mehr als vielleicht eine Bekanntschaft verbindet, kommen auf einmal näher. Und es ist etwas, was man wissen sollte und was viele Patienten sehr verwundert oder auch verstört, oft auch im Kollegenkreis, dass man merkt, jemand rückt weg oder jemand kommt näher. Und erst wenn man oft alles wieder überstanden hat, also oft so nach der Diagnose, nach der Behandlung, dann pendelt sich das auch wieder ein. Aber es muss auch klar sein, dass es Menschen geben wird, mit denen man nie darüber reden kann und die dieses Thema wirklich meiden und scheuen und sie wirklich nicht damit auseinandersetzen möchten. [00:25:14] Speaker A: Okay, also es ist okay, wenn man es ist wahrscheinlich sowieso alles okay, was man fühlt und wie man es fühlt in dieser Situation. Nichtsdestotrotz, wir können ja auch einiges, um nicht zu sagen, sehr vieles lenken durch die richtigen persönlichen internen Interventionen, die wir mit uns vornehmen und die externen, die man sozusagen mit ihnen dann durchgeht. Also die die psychischen Faktoren als Auslöser sind ja nicht bewiesen. Also Krebs ist ja bislang noch ein rein physisches, medizinisches Phänomen. Nichtsdestotrotz hört man immer hab nicht so viel Angst, davon kriegst du Krebs. [00:26:08] Speaker C: Also das ist genau das, was ich sage. Das trifft es nicht. Und das ist einfach was, was ich ganz, ganz stark herausstreichen möchte, dass Krebs mit der Psyche nichts stellen sie sich jetzt sechs Rufzeichen vor, zu tun hat. Und ich finde, das ist auch die absolut gute Nachricht. Das heißt einerseits, wenn sie die Erkrankung haben, egal wie sie darüber denken, es spielt zum Glück für den Krebs, für den Tumor keine Rolle, aber es hat ganz viel Einfluss auf Ihre Lebensqualität. Also diese viele Angst zu haben, nicht zu schlafen, das ist etwas, wo man sich schlecht fühlt. Und das ist etwas, wo ich sage, das kann ich gut behandeln. Und da kann ich einfach lernen, mit professioneller Unterstützung, wie ich damit umgehe. Und das andere ist das, was die Forschung sagt. Und das ist leider so ein unheiliges Erbe in Wirklichkeit aus den er Jahren, wo es einmal Untersuchung gab, in Worten eine einzige nahegelegt hat. Es könnte so sein, dass Psychotherapie, Psychologie doch das Leben mit Krebs verlängert bzw. Den sogar ein Wiederauftreten verunmöglicht. Und diese eine Studie hat jetzt 40 Jahre Forschung mit sich gebracht und es konnte nie wieder bewiesen werden. Heute weiß man, ich sage mal, es wurde getrickst, wenn man so flapsig sagen darf. Und man weiß, es ist Gott sei Dank nicht so. Es gibt riesige Untersuchungen mit vielen hunderttausend Menschen, wo man sich angeschaut hat, wie ist es, wenn Menschen Stress haben, Kummer haben, sogenannte große Live Events haben, und hat die lange verfolgt, über 1020 Jahre, und hat geschaut, wie viele Menschen bekommen wirklich Krebs. Und da hat sich herausgestellt, nicht mehr als alle anderen in der Bevölkerung auch. [00:27:49] Speaker A: Wow. [00:27:50] Speaker C: Viel wichtiger ist der Lebensstil. Die Klassiker, sie wissen, Alkohol, Rauchen, was auch immer, das ist etwas, das weiß man, da sollte man bitte vorsichtig sein, das kann einfach Krebs verursachen. Aber gerade beim Brustkrebs z.B. weiß man, da gibt es nicht diese eine Ursache. Leider nicht. Und es gibt auch andere Krebsarten, wo ich nicht sagen kann, ich sage mal, du hast dich schlecht benommen, deswegen hast du es jetzt. Sondern das sind manchmal wirklich genetische Dinge, das sind manchmal Einflussfaktoren von außen, die man leider nicht selber in der Hand hat. [00:28:24] Speaker A: Ja. Also das heißt, wenn ich ihnen jetzt richtig gefolgt bin, wir können vor der Diagnose nichts beeinflussen, aber sofort mit und nach der Diagnose sehr wohl. Nämlich vor allem unseren Heilungsverlauf und jenen Teil, den wir selbst bestimmen können, nämlich unser eigenes Immunsystem. Das reagiert sehr wohl auf unsere Befindlichkeiten. Denn im letzten Podcast mit Dr. Arik Galit, Oberarzt und Koordinator des Brustzentrums am Hanuschkrankenhaus, der hat uns erklärt, dass es, wenn ich mich recht erinnere, keine genetisch Prädispositionen gibt. Es kann passieren, wenn in Familien es bereits Krebserkrankungen gegeben hat. Aber um Gottes willen, es muss nicht. [00:29:28] Speaker C: Richtig, so ist es. Es gibt, man weiß, es gibt einen genetischen Brustkrebs, das weiß man. Es gibt auch beim Darmkrebs Formen, die einfach genetisch bedingt sind. Und dann ist es ja, da ist ja Krebs durchaus in der Familie. Also das ist ja etwas, was Betroffene auch wissen und wo speziell mit Vorsorgeprogrammen drauf geschaut wird. Also das ist sicherlich ein ganz eigenes Kapitel. Was wir in der Hand haben, ist unsere Gesundheit immer. Jetzt kann es aber trotzdem passieren, auch wenn ich sehr gesund gelebt habe, dass ich trotzdem Krebs bekomme. Und ich kenne viele, sind oft Frauen, die sagen sozusagen Sex, Drugs and rock'n'roll habe ich nicht gelebt, ich war immer anständig, ich war immer brav. Warum bekomme ich Krebs? Und ich muss sagen, die einzige Antwort ist, manchmal ist es tatsächlich Pech. Und das ist eine ungemeine Zumutung vom Schicksal. Und das ist eine riesengroße Gemeinheit, wenn man nicht wirklich diese eine Ursache finden kann. Aber unterm Strich muss man sagen, wenn jemand gesund gelebt hat, dann heißt es für die Prognose, für die Therapie selber, dass sich dieser Mensch in der Regel besser erholt, schneller erholt und auch schneller wieder zu seiner Gesundheit zurückfindet. Also es macht immer Sinn, auf seinen Körper zu hören und auf sich selbst zu schauen. [00:30:43] Speaker A: Ja, ja, das gilt für alle. Für alle, in jeder Situation. Und dem möchte ich noch hinzufügen, dass wir ja auch als Gesellschaft, als forschende Wissenschaftsgesellschaft enorm weiterkommen in all diesen Forschungen, jetzt gerade was die Genetik angeht und so weiter. Das ist die eine Geschichte, die Hoffnung macht. Die andere Geschichte ist, dass wir es historisch beweisen können, und zwar anhand dieser furchtbaren HIV Erkrankung, die dann irgendwann hoffentlich nicht, aber dann doch vielleicht in Aids ausartet. Jene Menschen können mittlerweile ein ganzes Leben damit verbringen, weil wir uns rein medizinisch und pharmazeutisch darauf eingestellt haben. Habe ich das richtig gesagt? [00:31:37] Speaker C: Richtig, genau so ist es. Für Krebs gilt was ähnliches, dass einfach auch Krebs eine chronische Erkrankung sein kann, von der man weiß, dass sie einfach immer wieder kommt, dass sie immer wieder einer Behandlung bedarf, aber dass man damit einfach sehr, sehr lange leben kann. Damit müssen sich Patientinnen und Patienten auch auseinandersetzen, wenn sie zu dieser Gruppe gehören, dass es einfach immer wieder Krankenhausaufenthalte geben wird, dass man immer wieder in der Ambulanz, in der Tagesklinik sein muss, also dass sich das Leben auch ein Stück weit nach dieser Erkrankung richten muss. Es gibt also rein von der Forschung, das, was ich so merke an meinen Patienten, es ist einfach die Datenlage weltweit schon so groß, dass man sagen kann, alle zwei Jahre ändert sich Grundlegendes. Und das ist eine Abweichung, absolut hoffnungsgebende Entwicklung, dass man wirklich sagen kann, wir wissen wieder was und wieder was und wieder was. Und irgendwann wird dieses große Problem Krebs. Und die WHO hat gesagt, es soll, oder auch die europäische Union hat gesagt, es gibt diese Mission Cancer, dass man einerseits die Erkrankung besser behandeln kann, und das andere ist auch die Folgen dieser Erkrankung versucht zu minimieren, damit umzugehen, Betreuungsangebote zu schaffen, weil einfach in der Bevölkerung, in der Gesellschaft Krebs etwas, sage ich einmal, völlig normales wird. Wir werden immer älter. Es ist also auch immer wahrscheinlicher, irgendwann an Krebs zu erkranken. [00:33:04] Speaker A: Ja, und nochmal, ich sage es ganz kurz, und auf Krebs ist a priori kein Todesurteil. So etwas, das mir sehr am Herzen liegt. Sie haben das auch schon vorher erwähnt, Dr. Galhad hat es auch immer erwähnt, es gibt sozusagen zwei Reaktionsgruppen, wenn man so will, auf die Diagnose, also Post Schock Erfahrung. Das eine ist, warum ich eine höchstwahrscheinlich nicht zu beantwortende Frage, sie haben das gerade als Schicksal auch in gewisser Weise bezeichnet, und die andere ist sofort Angst um die Seinen, um die Familie, um die Partnerin, den Partner etc. In diesem Zusammenhang, wie gehen wir denn da mit Kindern um? Ich habe mich mal schlau gemacht, es gibt im Allgemeinen, und sie korrigieren mich, wenn ich was Falsches aufgenommen habe, ungefähr sechs emotionale Zustände auf die Krebsdiagnose der Eltern. Und das sind Schuldgefühle. Kleine Kinder erinnern sich plötzlich an so Sprüche wie du machst mich krank, die gern mal so reingeworfen werden im Alltag und fühlen sich jetzt regelrecht verantwortlich, weil sie nicht brav genug waren. Und ich lese noch die anderen kurz vor, wir können ja dann drüber reden. Angst, Rückzug, körperliche Symptome. Ja, genau. Und das waren diese diese sechs. Also wie gehen wir jetzt damit um, dass Kinder sich schuldig fühlen? Und wir kennen das ja aus der Scheidungssituation. Was tun wir da? [00:35:03] Speaker C: Es ist ganz wichtig, mit Kindern zu sprechen. Das Ganze natürlich altersadäquat und einfach zu erklären und nicht so das Gefühl zu haben, die kriegen nichts mit. Kinder kriegen alles mit. Je kleiner sie sind, desto mehr über Emotion, je älter sie werden, desto mehr natürlich auch über Worte. [00:35:21] Speaker A: Ist es richtig, was ich gelesen habe, dass wir rücksichtslos Kindern immer sofort die ganze Wahrheit sagen sollen? [00:35:30] Speaker C: Das würde ich jetzt nicht so sehen. Es geht wirklich um altersadäquat und man sollte bitte das beantworten, welche Fragen Kinder stellen. Und das sind manchmal für kleinere und für einfachere Antworten, als wir vielleicht in unserer Emotion als Eltern als sehr groß und lange und breit erklärt haben möchten. Und die Kinder vielleicht aber nur wissen wollen, wie lange sozusagen gibt es die Mama noch? Kann die für mich da sein? [00:35:56] Speaker A: Werde ich jetzt auch krank? [00:35:58] Speaker C: Genau, werde ich jetzt auch krank? Habe ich Schuld? War ich wirklich so böse und habe das, ich weiß nicht, irgendwas kaputt gemacht? Und jetzt ist die Mama einfach krank oder der Papa, wie auch immer. Also deswegen ist es so wichtig und jeder kennt sein Kind, jeder weiß, wie es reagiert, wie man mit ihm spricht. Und da braucht es einfach die Zeit. Und da muss man einfach ja, ich bin krank, ich bin möglicherweise auch länger krank, ich bin in Behandlung, ich werde vielleicht die Haare verlieren, vielleicht werde ich abnehmen. Es kann sein, dass ich einfach sehr müde bin. Und Kinder schauen dann eigentlich sehr genau. Irgendwann ist das gar nicht mehr so interessant, sondern die beobachten dann und wissen dann, aha, sozusagen da ist jetzt wer müde, da bin ich halt dann ruhiger oder da bin ich vielleicht nicht so dann mehr bei der Mama, sondern da wechsle dann vielleicht eher zum Papa oder umgekehrt. Oder kann ja auch um Großeltern sein, wenn die Kinder dort groß werden. Also die merken ja sehr schnell, was ist auch den Erwachsenen zumutbar. Und das kann man durchaus erklären und das kann man durchaus auch sagen. Gut, was keinen Sinn macht, ist auch so Emotionen zu unterdrücken, also aus dem Zimmer zu gehen, um zu heulen, sag ich mal. Kinder kriegen das mit, wenn man dann verheult ist und wenn man sagt, nein, es ist eh nichts. Die machen sich dann große Vorwürfe, vielleicht haben sie ja doch was gesagt oder warum jetzt der Erwachsene dann so zu weinen z.B. beginnt. [00:37:15] Speaker A: Und die Gründe, die sich so ein Kind dann selbst zusammenzimmert, sind immer viel devastierender als die Wahrheit. [00:37:24] Speaker C: So ist es. [00:37:25] Speaker A: Ja gut, ich habe vorher vergessen, Aggression, das habe ich nicht gewusst. Also Kinder sind dann oft aggressiv gegen sich, fangen an zu ritzen etc. Das ist wahrscheinlich aus den gleichen Gründen, die sie uns gerade erklärt haben. [00:37:38] Speaker C: Genau. Viel innere Spannung, blöd plötzlich raus will und man nicht wirklich was gefunden hat, wo man sagt, da kann es jetzt gerade mal loswerden. [00:37:45] Speaker A: Rückzug, wie gehen wir damit um? [00:37:48] Speaker C: Lassen wahrscheinlich zu Beginn sich einmal lassen und dann immer wieder einladen, immer wiederholen und auch schauen, das ist auch wichtig in den Phasen, egal in welcher einer Krebserkrankung, wo gibt es Normalität? Wo kann ich sagen, wir haben immer schon Ausflüge gemacht, sind vor die Tür gegangen, haben gemeinsam gegessen, dass solche Rituale einfach aufrecht bleiben und dass man es dann auch z.B. nicht duldet, wenn die Familie, sage, jetzt einmal isst, dann gehört jeder dazu. Und dann hat der Jährige keinen Grund, sich im Zimmer einzusperren, sondern dann wird er natürlich eingeladen und sollte bitte auch erscheinen. Und da darf man sagen, egal wie krank wer ist, bitte komm. Und das ist schon was, was auch Sicherheit gibt. Also was auch Jugendlichen, was Kindern Sicherheit gibt, wenn solche Rituale bestehen, bleiben ja. [00:38:31] Speaker A: Die körperlichen Symptome, die mitunter vorkommen, wie Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit etc. Bei Kindern oder bei Angehörigen, mitunter auch bei Freunden, die werden wahrscheinlich wie im ganz normalen Leben behandelt. Man geht zur Ärztin und dann im Falle dessen vielleicht auch zur Gesprächstherapeutin. Richtig? [00:38:50] Speaker C: So ist es. Und wie gesagt, das ist einfach eine somatische Reaktion. Also jetzt als Krebspatient. Wie gesagt, das Schöne ist, ich kenne ja alle Nebenwirkungen der Therapien, die werden auch immer adäquat behandelt. Das ist auch was, was mir sehr wichtig ist, dass man auch mit seinen Ärzten reden, reden, reden sollte. Und wenn man das Gefühl hat, ich kämpfe mit Übelkeit, ich kann nicht alles essen, bitte unbedingt sagen, ich habe mit Männern zu tun gehabt, die ganz stolz die Schmerztabletten mir mitgebracht haben und gesagt haben, schauen sie, ich bin so tapfer, ich habe das nicht gebraucht. Wo ich sage, aber wie geht es ihnen, ich habe furchtbar viel Schmerzen. Wo ich gesagt hab, hallo, das macht aber keinen Sinn, reden sie mit Ihrem Arzt, sie müssen keine Schmerzen haben. Wir haben das abgeschafft, die Medizin bemüht sich, dass sie gut durch ihre Krebserkrankung durchkommen. Also es gibt sicher viele Missverständnisse und deswegen sage egal ob Angehörige, egal ob Kinder, ob der Betroffene selbst reden sie mit ihren Behandlern, Handlerinnen. [00:39:42] Speaker A: Ich gehe noch mal darauf ein, weil es so wichtig ist. Sollen wir unsere Familie, unser Umfeld schonen oder sollen wir nicht eher nahezu rücksichtslos ehrlich sein und die Menschen um uns herum mit ihren eigenen Gefühlen ja nahezu allein lassen? Weil es ist wirklich nun nicht mehr unsere Aufgabe. Ja, anders gesagt, ist Schweigen bei Krebsrücksicht oder vielleicht auch manchmal eine seltsame Art, sich selbst für die Krankheit zu bestrafen? [00:40:16] Speaker C: Naja, ich denke, es ist sicher schwierig. Also ich glaube sehr wohl, es ist so eine Verhandlungsgeschichte. Das eine ist, ich muss mir ja selber darüber klar werden, was möchte ich denn gern? Ich habe es mit einem Umfeld zu tun, die mir helfen möchten, die mich unterstützen möchten. Aber noch weiß ich ja gar nicht, was brauche ich denn? So wie wir am Anfang gesagt haben, ich bin ja möglicherweise, obwohl ich eine Krebsdiagnose habe, jetzt nicht sterbenskrank. Ich kann nur sehr vieles machen, ich kann sehr vieles tun. Und von dem her will ich ja jetzt nicht abgestempelt werden, alles bleib beim Küchentisch sitzen, bitte rühr dich nicht weg, du kriegst Hühnersuppe und darfst überhaupt nicht mehr möglicherweise aus dem Bett heraus. Das wäre ja absolut kontraproduktiv. Und ja, man soll seinen Angehörigen durchaus sagen, was man gerne hätte oder auch was man nicht möchte. Und was mir Krebspatienten immer wieder bestätigen, ist, wenn es einen Vorteil an der Erkrankung gibt, dann wirklich herauszufinden, was möchte ich in meinem Leben und was möchte ich nicht mehr. Und da geht es um Beziehungen, da geht es um Dinge innerhalb einer Partnerschaft, innerhalb der Familie, wo ich sage, das ist etwas, ich habe nicht gewusst, wie sehr mich das stört, aber lass uns gemeinsam darüber reden und schauen wir gemeinsam. Aber das möchte ich nicht mehr in meinem Leben haben. Für die Patienten gibt es immer meistens dieses vor einer Krebserkrankung, nach einer Krebserkrankung. Und das ist was, wo ich auch als Behandlerin sage, es ist so schön zu sehen, wann Menschen herausfinden, was sie wirklich wollen und was wirklich wichtig ist im Leben. Und da ist leider so ernste Erkrankungen oft etwas, woran wir lernen und woran wir wirklich herausfinden können, was uns im Leben wichtig ist. [00:41:56] Speaker A: Zum Schluss unseres Gespräches, Frau Göttersdorfer, erlauben sie mir eine persönliche wie ist es bei ihnen dazu gekommen? Ich meine, Psychoonkologin ist ja schon die Psychologin und die Psychotherapeutin und die Analytikerin, belastend und schwer genug, egal wie lange man das auch studiert haben mag, aber sich täglich mit dieser Geißel der Menschheit und ihren furchtbaren individuellen Auswirkungen auf doch wunderbare Menschen, und wir sind alle wunderbar am Ende des Tages zu beschäftigen. Was macht das mit ihnen? [00:42:39] Speaker C: Sie glauben gar nicht, was ich für einen wunderbaren Job habe. Zeuge sein zu dürfen, wie Menschen sich entwickeln können, und für mich selber zu beschließen, meine Probleme, ehrlich, ich habe keine. Es gibt wirklich existenzielle Fragen im Leben, und ich darf Menschen dabei begleiten, Antworten darauf zu finden. Und ehrlich gesagt, alles, was ich an Problemen habe, ich bin viele, viele, viele Male aus dem Spital, wo ich gearbeitet habe, heimgefahren und habe mir gedacht, eigentlich, du hast keinen in Wort, nicht 1 s irgendeinen Grund zu jammern. Eigentlich sei dankbar und sei glücklich. Und jetzt ist Leben. Das ist auch etwas, was mir meine Patienten gelehrt haben. Man soll nicht an die Pension denken, man soll nicht an später denken, sondern Leben ist jetzt. Wenn ich jetzt sage, irgendwas ist wichtig, und das sind auch die kleinen Dinge, nichts großartiges, muss gar nicht mit Geld verbunden sein, sondern einfach das Leben in seiner Fülle wertzuschätzen. Das ist wirklich etwas, was man als Psychoonkologin lernt von den Patienten. [00:43:42] Speaker A: Für eine wunderbare Antwort. Vielen herzlichen Dank. Und sie, liebe Hörerinnen und Hörer, mögen sie Bitte keine Krebsdiagnose brauchen, um Demut, Dankbarkeit und die richtige Relation zum Leben zu erfahren, das wunderbar ist und nur darauf wartet, gelebt zu werden. Ich danke ihnen. Das war unsere Gastgesundheitspsychologin, Magistra Patricia Göttersdorfer. Sie ist Psychotherapeutin und Psychotherapeutin, Onkologin und Psychologin, weiß also, worum es hier geht. Ich hänge noch an. Danke. Danke für ihre hörbare und spürbare Empathie und ihre Arbeit. Alles erdenklich Gute von uns. [00:44:28] Speaker C: Vielen, Vielen Dank. [00:44:29] Speaker A: Danke ihnen. So, für sie habe ich noch, Moment, die Redaktion hat mir das geschickt. Ganz, ganz wichtig, nämlich wir haben bei der Arbeiterkammer Niederösterreich auch Mini Podcasts zu allen möglichen Themen, immer aus der Perspektive des Arbeitsrechts z.B. und eines davon heißt, das musst du bei langer Krankheit wissen. Alles ist auf der Facebook Seite der Arbeiterkammer Niederösterreich zu finden, sowohl als auch auf der Homepage der AKNÖ. Melden sie sich in diesem Zusammenhang. Vielen herzlichen Dank an sie alle, die sich bei uns nach der letzten Folge 107 zum Thema Krebs gemeldet haben und ihre eigenen Probleme, Sorgen und auch Fortschritte bei uns eingemeldet haben, um anderen Zuversicht zu geben. Nichts ist wichtiger und wertvoller als das Urteil seinesgleichen zu hören, egal was die Expertinnen auch sagen. Wobei das natürlich nie egal ist. Also daher weiter so, melden sie sich bei uns, deswegen machen wir diesen Podcast. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Wir hören uns wieder beim nächsten Montalk und ja, bleiben sie gesund und fröhlich. Bis dann. Ciao, ciao. Die arbeiterkammer Niederösterreich hat eine neue App, die ArK Blitz App. Ab sofort zum Downloaden. Bleiben sie am Laufenden, erhalten sie alle relevanten Informationen und sie wissen ja, noch nie war es so wertvoll zu wissen, wo man seine Informationen her hat. Die AK Blitz App ab sofort zum Downloaden. Das war der Montalk. Chefredaktion Susanne Karner. Redaktion Mario Gattinger und Carina Karas Strass Christoph Baumgarten. Faktenbox Bettina Schapsch. Technische Leitung Stefan Dangl. Administration Christina Winkler. Am Mikrofon Alexander Göbel.

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