#76 Streik und Protest: So war das damals

March 06, 2023 00:55:00
#76 Streik und Protest: So war das damals
MONTALK - Der Podcast zum Mitreden
#76 Streik und Protest: So war das damals

Mar 06 2023 | 00:55:00

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Show Notes

Bahn, Brauereien, Spitäler: Die Protestlaune ist in Österreich wieder gestiegen. Doch wie ist das verfassungsrechtlich verankerte Recht auf Streik eigentlich entstanden? Darüber sprechen wir mit dem Co-Kurator Benedikt Vogl und dem wissenschaftlichen Leiter Christian Rapp, beide vom Haus der Geschichte in St. Pölten.

 

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Episode Transcript

[00:00:01] Speaker A: Montalk, der Podcast zum Mitreden. An welche Streiks können Sie sich denn erinnern? [00:00:12] Speaker B: Streiks? [00:00:12] Speaker A: Boah! Eigentlich auch nicht viel. Ich war nicht dabei. [00:00:16] Speaker B: Auch gar keine. [00:00:17] Speaker A: Ich war nie bei einem dabei. [00:00:18] Speaker B: Mir ganz schlimm nicht. [00:00:20] Speaker A: Ja, da war noch ein Krieg. 5, 6er, 40er Jahre. Sonst war nix. [00:00:24] Speaker B: Ich glaube in den 21er Jahren, wo die Ärzte und die Krankenschwestern gestreikt haben. [00:00:29] Speaker C: Ich glaube, letztes Monat war ein Streik an ÖBB, damit sie mehr Geld für ihre Arbeit bekommen. [00:00:36] Speaker B: ÖBB-Streik. [00:00:37] Speaker C: Lehrer-Streik. Ich war mal Lehrerin. ÖBB-Streik vor kurzem. [00:00:43] Speaker B: Streiks. Irgendwelche Lohnverhandlungen, glaube ich, waren es noch. [00:00:46] Speaker A: Und was halten Sie generell vom Streiken? Nicht gut. Erstens einmal bleiben da die Flughafen, der Flughafen, Entschuldigung, bleibt da stehen, die Züge, alles Stillstand. Ich meine, die Leute müssen ja in die Arbeit, die müssen da hin, die müssen da hin. [00:00:58] Speaker B: Es ist meine Meinung, es bringt nichts, ein Streik, weil es ist von der Obrigkeit her. Die machen sowieso das, was sie wollen und auch wenn jetzt alle Hackler streiken für eine Woche, bringt nichts, weil in der nächsten Woche drauf ist die Hocke ums doppelte Meer. [00:01:14] Speaker A: Ja, wenn es notwendig ist, ja. Da sollte man schon mitmachen. [00:01:18] Speaker B: Wenn es berechtigt ist, ist es okay. Wenn es unbedingt notwendig ist, bringt es schon etwas. [00:01:23] Speaker A: Wird genug gestreikt in Österreich? Es kommt drauf an, was für ein Thema das ist. Einmal ist ein Streik nicht unbedingt notwendig, auf der anderen Seite muss man halt wieder schauen, dass man Konsequenzen setzt und dass man eben seine Rechte auch durchsetzt. Wir sollten mehr streiken jetzt, weil sie. [00:01:39] Speaker C: Uns schon so viel wegnehmen von Geld her und alles. [00:01:41] Speaker A: Das bringt schon bald die Armut. [00:01:43] Speaker D: Viel mehr. [00:01:45] Speaker C: Ich glaube, es gibt genug, gegen das man streiken sollte. [00:01:49] Speaker A: Herzlich willkommen beim MON-Talk, dem Podcast der Arbeiterkammer Niederösterreich. Mein Name ist Alexander Göbel. Meine Gäste heute bei mir hier im Studio in Bischofsstetten sind Dr. Christian Rapp, Und Magister Benedikt Vogel. Sie beide sind verantwortlich, ich hoffe, dass ich das noch ganz korrekt ausspreche, für eine wirklich geile Ausstellung, die im Moment im Haus der Geschichte in Sackpölten stattfindet. Aufsässiges Land ist der Titel und es geht genau darum, nämlich um Streik, um Aufsässigsein, um Widerstand. Soweit gehen wir auch. Und den haben sie beide geschichtlich erlebbar, was ja glaube ich immer die Aufgabe ist bei so einer Ausstellung, kuratiert und ins Haus der Geschichte gestellt. Ich habe es mir angeschaut, ich war überrascht, überwältigt, beeindruckt und ein bisschen hass. Herzlich willkommen bei uns im Studio, Sie beide. Danke, dass Sie die Zeit gefunden haben. Haas, nur weil Sie jetzt bestimmt wissen wollen warum, weil ich ein wenig demütig geworden bin vor unser aller Vorfahren, die so gut waren. in der politischen Anteilnahme und zwar zum Teil unter Risiko ihres eigenen Lebens. Und ich habe manchmal den Eindruck, was muss denn noch alles passieren, bevor wir mal unsere Wohlstandsärsche hochbekommen. Sehen Sie das ähnlich? [00:03:40] Speaker B: Ja, also worauf wir in der Ausstellung Wert legen, ist ja vor allem zu schauen, was tat sich im ländlichen Raum. Denn was wir sehen heute und was wir schon seit über 100 Jahren wahrnehmen, ist, dass die Protestbewegungen vor allem im großstädtischen Raum sichtbar sind, wirksam sind, weil dort viele Menschen sind, weil dort auch die Medien sind, weil dort Informationen sich verdichten, während man meint, im Land tut sich eh nichts. Und da ging es uns darum zu schauen, woher kommt dieses Vorurteil und wie weit stimmt es. Wir haben uns Streikbewegungen und Protestbewegungen in Niederösterreich angeschaut in den letzten 150, 160 Jahren und mussten, ohne da jetzt lang zu suchen, feststellen, dass es eine enorme Vielfalt auch an solchen Widerstands- und Streikbewegungen gegeben hat im ländlichen Raum. Und wir haben geschaut, dass wir möglichst viele verschiedene Proteste zeigen können. Es ist nicht nur klassischer Streik, sondern auch, was weiß ich, Widerstand gegen die Staatsgewalt, aber auch jetzt nicht sozusagen die politisch ohnehin bekannten Jahre und Ereignisse, die ja auch in unserem Haus sehr, sehr oft zum Thema gemacht werden. 34, 38 etc. Sondern zu schauen, was tat sich da noch? Und da stellt man wirklich fest, man darf nicht unterschätzen, Österreich war schon mal als streikfreudiger, als es jetzt auch aus den Umfragen hörbar gewesen ist, da war schon mal mehr los. Und natürlich muss man sich fragen, warum ist es weniger los, aber man muss sich auch anschauen, dass das ja auch gar nicht so eine lange Erscheinung ist, sondern dass das ja auch eine Zeit gebraucht hat. Nach dieser niedergeschlagenen Revolution von 1848 war ja eine Zeit lang gar nichts möglich, weil tatsächlich Militär über Regierung den Griff auf alle Menschen hatte, den Zugriff und jede Regung eigentlich schon im Keim erstickt hat. Und dann erst langsam in den 1860er, 70er Jahren, also 20, 30 Jahre später, hat sich das ein bisschen gelockert und kaum lockerte sich, dann kommt einiges in Bewegung. Das zeichnen auch die Beispiele, die wir bringen, ein bisschen nach. [00:05:51] Speaker A: Benedikt Vogel, erklären Sie uns kurz Ihre Arbeit. Was macht ein Kurator? [00:05:58] Speaker D: Ja, das ist eine sehr gute Frage. Was macht ein Kurator? Also ich möchte ganz am Anfang sagen, es waren natürlich nicht nur wir beide, die die Ausstellung kuratiert haben, sondern wir waren insgesamt fünfeinhalb, sage ich jetzt, Kuratoren, weil eine unserer Kolleginnen, Andrea Thülle, ist zwischendurch in Karenz gegangen. Aber wir sind bei dem Projekt unterstützt worden von Jessica Richter, vom Institut der Geschichte des ländlichen Raumes, von Martin Prinz, einem Schriftsteller, einem österreichischen, und von Maren Sacherer, die auch bei uns im Museum arbeitet. Ja, was macht ein Korator? Ein Korator macht in Wahrheit von A bis Z der Ausstellung, wenn es ums Inhaltliche geht. Das heißt, es geht wirklich darum, die Themen zu finden, eine Erzählung zu finden, Und was ganz entscheidend ist, auch Objekte zu finden. Das heißt, die große Stärke des Museums gerade im 21. Jahrhundert, gerade mit der Digitalisierung, ist ja, dass wir dreidimensionale Objekte haben, die helfen, diese Geschichten zu erzählen, die wir erzählen wollen, und die Geschichten auch plastisch vielleicht nicht angreifbar, das sind die Vitrinen dagegen, aber zumindest erfahrbar zu machen. Also ganz wichtig Objekte suchen und für uns auch ganz entscheidend Texte schreiben. Also dass die Texte so sind, dass man sie versteht, dass sie konsumierbar sind, dass man sie auch gerne liest und natürlich ist es nie so, dass die Besucherinnen und Besucher alle Texte lesen, aber wichtig ist uns, dass wir quasi die Leitlinien vermitteln können. [00:07:25] Speaker A: An dieser Stelle eine Frage an Sie beide. Was soll Geschichte uns lehren? [00:07:34] Speaker B: Große Frage, da kann man wahrscheinlich den ganzen Podcast nur um diese Frage herumdrehen. Bitte nicht. Aber ich glaube, wir haben uns im Hause, ich würde da mal darauf geeinigt, dass es einfach immer wieder lohnt, in die Geschichte zu blicken, immer wieder lohnt sie auch neu zu befragen, sie sich neu anzuschauen, auch neue Aspekte zu erkunden, den Blickwinkel zu verändern und wegzukommen von dem, was jetzt sozusagen Die Schulbuchgeschichte ist spannend und wichtig zu vermitteln, aber zu schauen, gibt es da nicht auch eine andere Auffassung dazu, oder gibt es nicht Ereignisse, die übersehen werden. Also ich glaube, die meisten Beispiele in unserer Ausstellung an Streiks, bis auf Heimburg, sind praktisch nicht mehr, Dreiskirchen vielleicht noch, aber Oktoberstreik 1950, aber die meisten Beispiele sind eigentlich nicht mehr bekannt. Aber sie sind zugleich ganz wichtige Meilensteine der sozialen Bewegungen in Österreich und Niederösterreich speziell. Also dieses Erkunden alleine schon spannend. Aber dann natürlich auch Unser Haus der Geschichte blickt ja sehr, sehr weit zurück. Also wir blicken zurück bis in die Frühzeit. Und wenn man sich anschaut, was Menschen auch in den letzten 5.000 bis 10.000 Jahren auch alles zuwege gebracht hat. Also man kann schon auch sagen, ja, wir haben doch das eine oder andere schon zusammengebracht. Und bei allem Pessimismus kann man auch sehen, da gab es schon größere Verwerfungen auch in der Gesellschaft. Andererseits natürlich auch immer und gerade wenn wir uns die letzten 100 Jahre anschauen, wo ja, wie man weiß, sehr, sehr viel schiefgelaufen ist auf eine wirklich katastrophale Weise, und sich anschaut, okay, was kann passieren, wo sind die Gefahren auch in einer Demokratie, abzutriften, sozusagen die Spur zu verlieren, wo lässt sich eine Gesellschaft verführen, etc. Also Phänomene, die uns bekannt sind, aber die wir auch natürlich historisch auch immer wieder befragen können und sollen. [00:09:34] Speaker A: Es gibt ja ein Streikrecht, wie es heißt. Es gibt auch ein, wenngleich unverbrieftes Recht, auf Widerstand. Widerstand darf nicht a priori bestraft. werden, wenn er im Rahmen der Gesetzgebung bleibt. Wir haben im Moment so ein Thema mit den Klimaklebern, den sogenannten, die sich in einem vielleicht schon Graubereich, bin ich mir nicht sicher, befinden, was öffentlichen Verkehr und so weiter angeht. Auf der anderen Seite würde ich sagen, das Thema oder den Streik, den Widerstandsgrund per se haben, nämlich unseren eigenen Planeten. Also so wichtig war es offenbar noch nie. Und gleichzeitig war ich dann beeindruckt, festzustellen, dass ja Also um es mal voranzustellen und da lege ich jetzt auch meine eigene Borniertheit und Ignoranz auf den Tisch. Streik und Widerstand im ländlichen Raum hat mich zunächst einmal wirklich erwischt. Ja wieso? Also ich bin dann aufs Grundrecht zurückgegangen und habe gesagt, also auf die Grundherrschaft. Und hab gesagt, ja, die Leibeigenen mussten sich natürlich irgendwann mal befreien. Das ging gar nicht anders, um auch die Landwirtschaft, so wie sie heute betrieben wird, zu begründen zu haben, letztlich. Aber dass am Land Streiks geboren werden ideologisch und dann auch exekutiert. Das ist mir entgangen. Vielleicht habe ich es auch nie gewusst, aber es ist mir entgangen. Ich habe mir gedacht, bei einem großen Streik geht auch die Landbevölkerung in die Hauptstadt. Was habe ich da falsch gemacht? Bin ich nur ignorant? [00:11:43] Speaker D: Ja, ich glaube, dass da sehr viele romantische Vorstellungen vom Land auch noch irgendwie wirkmächtig sind, weil eigentlich seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei uns, was das Land ist, gerade Niederösterreich, ja teilweise industrialisierte Zonen waren. Also wenn ich jetzt ans Dreisental denke, wenn ich ans Schwarzatal denke, wenn ich ans gesamte Wiener Becken denke, da gab es überall Industriebetriebe. [00:12:05] Speaker A: Ja. [00:12:05] Speaker D: Das heißt auch, eine immer zunehmende Zahl an Arbeiterschaft. Und in diesen Betrieben haben natürlich die Leute teilweise schlimmstens gelitten, unter schrecklichsten Bedingungen arbeiten müssen. Und was auch logisch ist, heutzutage gehen viele Menschen mit ihren Anliegen in die Stadt. Einfach auch, weil es einfach ist. Und wenn ich jetzt, sagen wir, in Neunkirchen sitze, 1890 ist nach Wien ein ganz schön breiter Weg und man streikt dann eher dort, wo quasi die Missstände passieren. Man streikt dann eher in der Fabrik. ganze Dörfer, die sich eigentlich rund um Fabriken bilden, wo dann wirklich auch die Firmenleitung dort sitzt, wo die Arbeiterwohnungen dort sind. Natürlich streike ich dort, weil wo soll ich sonst hingehen? [00:12:50] Speaker B: Aber das war sicher eine der Herausforderungen. Einerseits natürlich, man war isoliert, also in der großen Stadt sozusagen. Andererseits der Vorteil, und das haben wir eben an diesem Beispiel des Generalstreiks von der Kirchen zu dokumentieren versucht, Viele Menschen, die in den Fabriken gearbeitet haben, und der Kirchen hat ja viele Fabriken und der Generalstreik dort war ja sozusagen der Zusammenschluss von Streikenden. hatten Rückendeckung durch ihre Familien, die in der Umgebung gelebt haben. Viele von denen, die in den Fabriken gearbeitet haben, waren aus bäuerlichen Familien. Die wurden unterstützt, die Bauern haben ihnen zum Essen gegeben, die Geschäftsleute haben sich mit ihnen solidarisiert. Das wiederum war der Arbeiterschaft in einer großen Stadt nicht möglich. Die war ja quasi entkoppelt, war dort, konnte sich vielleicht in der Stadt sozusagen mit anderen solidarisieren, aber hat nicht diese Möglichkeit gehabt. Und das ist ein Phänomen, das auch jetzt nicht nur in Österreich der Fall war, sondern in ganz Europa so, dass man sagt, dort wo es sozusagen bei der Arbeiterschaft noch eine Rückbindung gegeben hat an bäuerliche Verwandtschaft, war der Mut. [00:13:55] Speaker A: Die. [00:13:55] Speaker B: Streikbereitschaft eine höhere, weil sie gewusst haben, im Zweifelsfall bekomme ich Unterstützung direkt. [00:14:02] Speaker A: Okay, hören wir uns doch mal an, was die Faktenbox zu sagen hat zu diesem Thema Streik und ich kann Ihnen sagen, ich war auch überrascht. Ich wusste, dass es einen Generalstreik gibt, aber nicht, was die Vorstufen sind. Hören Sie mal. [00:14:23] Speaker C: In Österreich gibt es ein Recht auf Streik. Das bedeutet, die Teilnahme an einem Streik ist verfassungsrechtlich geschützt und nicht strafbar. Es wird unterschieden zwischen Abwehrstreik und Angriffsstreik. Beim Abwehrstreik wehren sich Beschäftigte gegen Verschlechterungen ihrer Arbeitsbedingungen. Beim Angriffsstreik sollen Verbesserungen erzwungen werden. Bei einem Generalstreik legen alle Beschäftigten eines Landes die Arbeit nieder. Bei einem Vollstreik die Beschäftigten einer Branche. Ein Warenstreik dient dazu, den Ernst der Situation aufzuzeigen. Die Organisation eines Streiks übernimmt in der Regel die zuständige Gewerkschaft. Sie holt auch die Streikfreigabe beim ÖGB ein. Das ist wichtig, weil der ÖGB im Ernstfall mit einer Streikunterstützung für Gewerkschaftsmitglieder einspringt und so den Verdienstausfall schmälert. Der größte Streik in der Geschichte der Zweiten Republik fand 1962 statt. Damals streikten mehr als 200.000 Beschäftigte der Metallindustrie und des Metallgewerbes. Vier Tage lang. Beziehungsweise insgesamt mehr als fünf Millionen Stunden. Die Daten stammen vom ÖGB und aus der ÖGB-Streik-Statistik. [00:15:37] Speaker A: Ich frage Sie beide, wer immer eine Antwort dazu haben mag, ist das denn noch zeitadäquat? Denn wir sind ja jetzt eine 4.0 Gesellschaft, nicht? Angetrieben durch die Pandemie hat sich jetzt auch unsere Arbeit, ich würde nicht sagen vornehmend, aber doch zu einem beträchtlichen Teil weg von der Arbeitsstelle hin nach Hause bewegt. Gegen wen will ich da streiken? Wie will ich da streiken? Gehe ich auf die Straße, um von zu Hause wieder weg zu müssen, weil mir meine Kolleginnen abgehen und und und. Also der Streik heute, wie schaut das aus? [00:16:26] Speaker B: Also als erstes würde ich sagen, man hat wirklich das Gefühl, so wie Sie es beschreiben, dass es ein bisschen an die frühe, davor industrielle Phase erinnert, wo es nämlich sehr schwer war und wo es ja auch ja auch nicht üblich war. Und man muss sich vorstellen, Streik ist eine organisierte Form des Protests. Das ist ja keine anarchische Sache, sondern es ist hoch organisiert, da muss vieles vereinbart werden. Und in der Zeit vor der Hochindustrialisierung hat sich ja das oft dadurch ausgezeichnet, durch spontane Aufstände, Aufruhr, immer gesagt, mir reicht es. In der Situation, wie Sie es beschrieben haben, wo alles so dezentralisiert ist, wird es ja noch schwieriger. Wir sitzen alle quasi in unseren Häusern, wir können über die sozialen Medien vielleicht irgendwas Bewegung setzen, aber sozusagen wirklich zu streiken tun wir nicht. Aber andererseits, ich habe den Eindruck, dass trotzdem ein Großteil unserer Welt immer noch von einem, wie soll man sagen, analog angetrieben ist. Die Klimakleber zeigen es ja. Also sie wirken nicht nur, weil sie wirklich den Verkehr zum Überlegen bringen können, sondern weil sie wissen, wenn ich mich auf die Straße setze, dann bewirke ich auf jeden Fall eine öffentliche Aufmerksamkeit. Also von daher würde ich sagen, gilt vieles noch, was für den klassischen Streik auch gegolten hat. Aufmerksamkeit durch Methoden, die einfach auffallen. Und da unterscheiden wir uns, glaube ich, gar nicht so sehr von den letzten Jahrzehnten. Ich bin überrascht sogar, dass in den letzten Jahren sich Protestformen, wie Protest allgemein, vor allem in der jüngeren Bevölkerung, wieder. [00:17:52] Speaker A: Viel, viel stärker sind. Ja, trotzdem. [00:17:53] Speaker B: Im Leben in den 2010er-Jahren. war immer schon die Diagnose, die Jugendlichen interessiert politisch gar nichts mehr. Die wollen sich für nichts mehr einsetzen. Die sind mit ihren Handys glücklich und das ist es. Und dem ist es definitiv nicht so. [00:18:06] Speaker A: Ja, aber es ist dann auch nicht richtig. Also es ist nie richtig. Früher hieß es, die sind nur am Computer, am Handy, kommen nicht an die frische Luft. Beteiligen sie nicht an der Politik. Aldras ist jetzt Check bei den Klimaklebern, aber nein, sie werden unflätig behandelt. [00:18:27] Speaker D: Ich glaube auch, dass man auch heutzutage die Körperlichkeit nicht unterschätzen darf. Also ein Like oder ein Klick ist schnell einmal gemacht, aber sich wirklich mit dem eigenen Körper für etwas einzusetzen und ich denke jetzt zum Beispiel an die Demonstrantinnen und Demonstranten in Lützerath, die versucht haben, dieses Dorf vor der Kohleindustrie zu retten, sozusagen, auch wenn es schon nicht mehr bewohnt war. Aber es ist schon was anderes, ob ich mich mit meiner eigenen Körperlichkeit einer berittenen Polizeiabteilung entgegenstelle oder nicht. Also ich glaube, dieses Diktum Sharing is Caring, das klingt so irgendwie ganz nett. Aber es ist schon nochmal eine andere Art von Commitment. [00:19:03] Speaker A: Ja, wobei also Unheil anrichten kann die Aktivität, sag ich jetzt vorsichtig, im Netz auf Social Media schon sehr. Also das ist voll mitunter devastierender als ein Faustkampf auf offener Straße, weil Menschen wirklich zerstört werden. [00:19:29] Speaker D: Ich denke, es ist wie bei allem heutzutage, die Hybridität ist das, was sich entwickelt. Genauso wie bei der Kriegsführung, genauso wie bei Protestkulturen. Es reicht nicht mehr zu sagen, wir sind nur da und halten Schilder hoch. Es reicht aber auch nicht zu sagen, wir machen nur einen Podcast. Ich glaube, aus der Vermischung der Mittel wird es effektiver. [00:19:45] Speaker B: Vielleicht wird der Podcast noch ein Streik. [00:19:48] Speaker A: Der Streik-Podcast, das könnte eine neue Serie werden. Daraus entnehme ich aber, Benedikt Vogel, dass der Widerstand, um jetzt mal so einen Meta-Begriff zu nehmen, organisiert gehört. Das haben historisch die Gewerkschaften übernommen, zu Recht, ohne die wir zumindest sehr viel länger hätten warten müssen auf Entwicklungen, als sie dann wirklich gekommen sind. Wie sieht das aus heutzutage? Also wenn Sie in, na ich sage immer, ich schaue Sie an, ich denke mir in 25 Jahren werden Sie vielleicht noch kuratieren. Kann es nicht gerade so ausgehen? [00:20:31] Speaker D: Schauen wir mal. [00:20:33] Speaker A: Und Sie würden eine Widerstand 4.0 Ausstellung kuratieren. Ist das überhaupt möglich? Wie haben wir den Widerstand heute zu begreifen im wahren Sinn des Wortes? [00:20:48] Speaker D: Ich glaube das Interessante ist das, dass es eben, wie auch schon vorher angedeutet, immer mehrere Formen gibt, wo sich Dinge äußern. Das ist ja auch bei unserem Beispiel nicht so. Wir haben jetzt viel über Streit geredet und viel über Organisationen, aber auch bei uns ist es so, wir zeigen insgesamt 15 konkrete Beispiele in der Ausstellung und ich glaube über ein Drittel davon behandelt eigentlich Widerstand, der unorganisiert ist oder der zumindest nicht eine klassische große Bewegung ist, wo tausende Menschen auf einem Ort zusammenkommen und für ihre Rechte eintreten, sondern Auch in der Vergangenheit haben Menschen das betrieben, was man heute vielleicht mit diesem so Silent Quitting nennt, also dass man quasi nur Dienst nach Vorschriften macht oder sich seine kleinen Freiräume, ich denke jetzt zum Beispiel an Dienstboten und Dienstbotinnen in den 1930ern, die unter ständiger Kontrolle der Dienstherren gelitten haben und die auch sehr wenige persönliche Freiräume hatten. Aber selbst da war es möglich, durch kleine Widerstandshandlungen, durch Fernbleiben vom Dienst, durch Kündigung, ohne dass man es ausspricht, durch kleine Diebstähle auch zum Beispiel manchmal, auch da war es möglich widerständig zu sein. Also ich denke mir, selbst in der Nestzeit natürlich war Widerstand möglich. Also der Mensch findet schon immer einen Weg. auch dagegen zu arbeiten. Es muss nicht immer nur der organisierte große Widerstand sein. Genauso ist das heute ja auch. [00:22:07] Speaker A: Aber die Hebelwirkung ist schon eine andere, wenn es organisiert ist, nicht? [00:22:11] Speaker D: Natürlich. Zur Durchsetzung von Anliegen ist meistens organisiert besser. [00:22:16] Speaker B: Das war auch die große Leistung, also dass man aus diesen einzelnen Fachvereinen, die im 19. Jahrhundert entstanden sind, und die quasi einer kleinen Gruppe oder dann vielleicht einem Beruf standen. [00:22:25] Speaker A: Waren das Gilden? Pardon, waren das Berufsgilden? [00:22:29] Speaker B: Nein, es waren eben Vereine. Vereine. Die Gilden liegen ein bisschen länger zurück, aber die Vereine, und das war ja möglich dann zu gründen, diese sogenannte Vereinsfreiheit und das wurde sofort genüßt. Da sind unzählige Vereine entstanden, die allerdings nie eine Schlagkraft entwickeln konnten in der Form, wie es dann eben diese zentralisierte Form, also man spricht davon 1893, da wurde eine sogenannte Zentralkommission gegründet und vor allem, was ja auch wichtig ist beim Streik sozusagen, ja auch ein gewisses Budget zu haben, man hat es ja auch in der Faktenbox gehört, Also eine Rückendeckung zu haben, auch eine finanzielle und das geht natürlich mit dem gegenseitigen Austausch. Gleichzeitig muss diese Kommission natürlich aber auch sagen, welchen Streik unterstützen wir, wie lange. Und wo machen wir möglicherweise dann doch Schluss oder einen Kompromiss oder wo sehen wir unsere Ziele? Das benachteiligt ein bisschen den ländlichen Raum, weil natürlich das wird in den großen Städten entschieden und die großen Kongresse sind natürlich die jeweiligen städtischen Vereine viel präsenter, es sind mehr Menschen und in einer Zeit, wo es eben keine Handys, keine Computer gegeben hat, ist die Anwesenheit von Menschen natürlich schon ein Thema. Auf der anderen Seite muss man sagen, natürlich hat es auch im ländlichen Raum geholfen zu wissen, dass ich irgendwo auch in Dreskirchen oder sonst wo streiken kann und ich weiß, ich habe die Rückendecken der Gesamtgewerkschaft und bin nicht alleine. [00:23:50] Speaker A: So gar nicht überraschend, habe ich mich auch selbst überprüft dabei und erwischt, haben wir ja bei Revolutionen immer nur den Revolutionär. Den Streikenden, die männlichen Streikführer im Sinn. Also wenn wir mal so ans Ikonenhafte gehen, nichts geht über Jay, glaube ich, immer noch. Er hängt noch an vielen Kinderzimmerwänden, wie in den Sixties. Und ein paar andere, die Frauen. sind auch in der Geschichte des Widerstands ziemlich schlecht weggekommen. Sie haben aber ein ganz prächtiges Beispiel gefunden, nämlich diese Tabakfabrik in Krems. Das waren Frauen, oder? Was war da los? [00:24:46] Speaker B: Das ist sogar der erste Streik, den wir zeigen, 1886. Und das ist einer der Streiks, wo sich die Streikenden solidarisieren mit einer, die gemaßregelt werden soll oder die sogar entlassen werden soll. Also eine Tabakarbeiterin soll rausgeschmissen werden und die anderen sagen darauf, das lassen wir uns nicht gefallen. Wir solidarisieren uns mit ihr und gehen, setzen die Arbeit aus. Das kommt immer wieder vor, aber das ist da auch in einer Form, die haben eben auch noch keine Organisation gehabt, sondern die haben einfach riskiert auch ihren Job, haben zugleich auch mobilisiert ihre Verwandtschaft, die sich dann auch entsprechend angeschlossen hat. Das heißt, wir reden hier von der Tabakfabrik Kremsstein, das Gebäude steht heute noch, das ist heute die Kunsthalle Krems. Und dort vor dem hat sich dann eine große Menge von Menschen gebildet. Und das ist ein Hinweis darauf, Frauen spielen auch in der Revolution 1848 immer eine Rolle. Immer und sogar eine sehr, sehr wichtige Rolle. Sie wird nur oft marginalisiert. Sie ist nur, man muss sozusagen viel mehr heraussuchen. Aber sie ist immer ein ganz, ganz wesentlicher Aspekt gewesen. Also zum Beispiel jener Streiks 1918, am Ende des Ersten Weltkrieges, waren es vor allem die Frauen in den Rüstungsbetrieben. Denn die Männer waren ja alle im Feld. Und die Frauen, die in diesen Betrieben, die ja Rautnerishof, Wöllersdorf etc. mit Munition zu tun hatten, immer wieder gab es da Explosionen, also wahnsinnige Arbeitsbedingungen. haben dort sehr, sehr viele Risiken. [00:26:23] Speaker A: Ich hoffe, dass ich mich jetzt nicht irre, aber war es nicht auch eine Frau, die im Grunde genommen zuständig war für die, für den Ausgang, die Geburtsstunde sozusagen der Solidarność-Bewegung? War es nicht eine Kranführerin in Danzig und eben nicht gleich Wawenz hat ja dann bis hin zum Friedensnobelpreis alles abgesehen. Ich glaube es war so. Kennen Sie sich aus? Ich habe den Namen nicht mehr. Er ist auch unaussprechbar, polnischer Name. 15 Konsonanten, kein Vokal. Aber ich glaube mal etwas gelesen zu haben. Das heißt für die Revolution sind sie einmal mehr gut genug. Aber wenn sie dann gesiegt hat und Veränderungen kommen, reden wir nicht mehr über sie, oder? Was ihr ja versucht in der Ausstellung auch gerade am Beispiel Tabakfabrik zu widerlegen. [00:27:21] Speaker B: Ja, ich auch in anderen Beispielen auch, aber wenn wir von Organisationen reden, es ist Anna Boschek, eine Frau, die ganz früh auch eine Schlüsselrolle spielte in der Gründung dieser Zentralkommissionen der Gewerkschaft. Es sind halt sehr, sehr wenige, aber die spielen eine ganz wichtige Rolle. [00:27:38] Speaker A: Also es war quasi die Rosa Luxemburg des niederösterreichischen Landes? [00:27:43] Speaker B: Nein, in dem Fall der gesamten österreichischen Gewerkschaft. [00:27:45] Speaker A: Wahrscheinlich. [00:27:46] Speaker B: Anna Boschek, ja. [00:27:47] Speaker A: Toll. Was hat das russische Zarenreich, leider Gottes ein sehr aktuelles Thema, eigentlich mit dem Streik in Treisen zu tun? Treisen war ja ein Dorf, ne? [00:28:02] Speaker D: Ja, Treisen war ein Dorf. Wir reden hier von den Jahren 1904 und 1905. 20 Jahre vorher war Dreisen noch ein kleineres Dorf, 1300 Menschen. Und diese Anzahl hat sich binnen kürzester Zeit verdoppelt. Und zwar warum? Weil sich in Dreisen Munitionsproduktion angesiedelt hat. Also ich habe es vorher schon erwähnt, das Land klingt immer so lieblich, aber Niederösterreich hat auch sehr sehr viele Produktionsstätten für diverses Kriegsmaterial immer schon gehabt. Und vor allem gerade in dieser Zeit um 1900 war das ein ganz wichtiger Wirtschaftszweig im Dreisental. Und diese Fabrik, Fabrik Chem, aber vor allem eine, hat nicht nur mit dem Zahnreich, sondern auch mit Ostasien zu tun. Da geht es um einen Konflikt, der heutzutage in Österreich eigentlich selten eine Rolle spielt, und zwar der russisch-japanische Krieg von 1945, obwohl sich hier eigentlich interessante Parallelen zur jetzigen Zeit wiederfinden lassen. Also Japan war ja seit dem 16. Jahrhundert völlig abgeschlossen. Und erst 1853 wurde die Öffnung erzwungen durch US-amerikanische Schiffe. Und seitdem hat Japan rasant aufgeholt, hat sich modernisiert, das Staatswesen, das Steuersystem, hat die Schulpflicht eingeführt und nicht zuletzt hat Japan auch das Militär massiv modernisiert. Und zwar die Marine nach dem Vorbild der Royal Navy und das Heer nach dem Vorbild der Preußen. Und dementsprechend wird Japan dann auch immer souveräner und beginnt dann auf die umliegenden Gebiete in Ostasien auszugreifen, Korea zum Beispiel, die Manchurei zum Beispiel, und kommt da in Konflikt mit Russland. Und die Russen merken das natürlich und denken sich, ja, das kann die denn gar nicht so ungelegen, weil wenn sich da nämlich jetzt ein lokaler Konflikt mit den Japanern ergibt, die notorisch unterschätzt werden von den Russen, dann können wir ganz gut von unseren internen Problemen ablenken. Und da gibt es ein schönes Quellen-Zitat, das Martin Prinz, der diesen Fall recherchiert hat, herausgefunden hat. Also die Russen schreiben dann auch in der diplomatischen Korrespondenz, sie erwarten einen schnellen und siegreichen Krieg. Wie uns das vielleicht vom letzten Jahr noch in den Ohren liegt. [00:30:13] Speaker A: Ich wollte gerade sagen, und wieder reimt sie sich die Geschichte. [00:30:17] Speaker D: Da reimt sich die Geschichte, ja. Und dem ist dann auch nicht so. Also die Japaner erweisen sich als effizienter, als man erwarten würde. Die greifen dann auch letztlich an im Port Arthur. Und dieser Krieg zahlt sich. Es wird immer länger und länger. Und die Russen brauchen Munition. Das heißt, es geht um westliche Waffenlieferungen. Und hier springt dann ein Großindustrieller auf. Alfred von Lenz. Der hat sich kurz davor in Dreisen eine Fabrik gekauft. [00:30:44] Speaker A: Österreicher. [00:30:45] Speaker D: Ein Österreicher. Und nimmt dann sozusagen Rüstungsverträge an und beliefert dann das russische Zahnreich im Munition. Und Lenz wird ziemlich reich dadurch. Wie gesagt, ein Großindustrieller, er baut sich mehrere Fabriken auf, die dann florieren, vor allem noch im ersten Weltkrieg. Im ersten 1917 würde er sie dann verkaufen. Aber während Lenz reich wird, leiden seine Arbeiterinnen und Arbeiter sehr unter den Bedingungen. Sie arbeiten zum Hungerlohn, schreckliche Arbeitsbedingungen. Und die streiken dann. Die streiken dann im Mai 1905 und Ja, leider ist das ein Fall, wo es dann dem Lenz wirklich gelingt, diese arbeitenden Menschen durch Streikbrecher zu ersetzen. Also das sind dann Menschen, die kommen aus Kroatien, die kommen aus Ungarn, die verstehen die Sprache nicht, die brauchen das Geld wahrscheinlich noch dringender. Und am Schluss ist es ja so, dass sich wirklich Lenz auch durchsetzt. Also am Schluss müssen wirklich die Personen, die gestreikt haben, die Reisen verlassen. [00:31:42] Speaker A: Das tut mir jetzt so weh, weil ich hab mich... Ihr habt es ja gehört bei der Straßenumfrage. So geärgert über diese eine Wortmeldung des einen Mannes, der da gesagt hat, am Ende, die obrigen, es nutzt nix oder kein Zweck, sie sind sowieso immer stärker. Und jetzt beweisen sie mir das auch noch historisch. In dem Fall war es zumindest so. Was hat sich denn verändert? Wir haben ganz kurz vor unserem Podcast darüber gesprochen, wer heute Widerstand leistet. Da fällt uns natürlich zu Recht die Ukraine ein, die ja sozusagen in der Stadt wie am Land solidarisch zu sein scheint. Also da gibt es diesen Unterschied nicht mehr in dieser aktuellen Bedrohung zwischen Land und Stadt. Wo ist unsere Solidarität? Also wissen Sie zufällig, ich weiß gar nicht, wie viele Österreicher in der Ukraine kämpfen und vor allem auf welcher Seite? Wisst ihr da was? Ich weiß auch nicht. [00:32:54] Speaker D: Weiß ich nicht. Wäre jetzt auch nicht das Erste, was mir einfallen würde. Was ich auf jeden Fall vor kurzem gesehen habe, ist eine Statistik, dass im Verhältnis zum BIP die Österreicher auf jeden Fall sehr weit sind, wenn es um die humanitäre Hilfe geht. Natürlich nicht um die Waffenhilfe, weil wir da selber nicht wahnsinnig gut aufgestellt sind, aber wenn es um die humanitäre Hilfe pro Kopf geht, da ist Österreich sehr weit vorn. Und ich denke, das ist schon noch etwas, auf das man durchaus stolz sein kann. [00:33:15] Speaker A: Das ehrt uns. Ich wollte es sagen. Und zwar, wir sind ja ebenso berühmt dafür, wie durch das Nichtvorhandensein von Streiks. Also das war eines der ersten Sachen, die ich 1975, als ich hierher gekommen bin, erfahren habe. Ganz stolz hat man mich. Wir streiken nicht. Was sagen Sie dazu als Geschehenswissenschaftler? [00:33:37] Speaker B: Das ist schon eine eingeführte Konstellation nach dem Zweiten Weltkrieg. Österreich war historisch schon wesentlich streikfreudiger als es nach dem Zweiten Weltkrieg war. die sogenannte Sozialpartnerschaft etabliert hat, in dem Unternehmer, Arbeitnehmer sozusagen in diesen Preiskommissionen zusammenarbeiten und man eigentlich schon bevor überhaupt ein Streik droht oder möglich werden könnte, eigentlich das versucht abzufedern und das hat über viele Jahrzehnte so gut funktioniert und das ist ja wie oft, dass man denkt, naja, wenn er sich da so bewährt hat und eigentlich den Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg auch zumindest nicht beeinträchtigt hat, dass man natürlich sowas auch sehr, sehr wenig aufs Spiel setzen möchte. Erstaunlich war ja, dass es nach den 80er, 90er Jahren, also mit der Liberalisierung, vieler Bereiche Privatisierung, vieler ehemaliger staatlicher Unternehmen, sich hier die Streikbereitschaft nicht jetzt gravierend erhöht hat, sondern immer, immer sozusagen dieses Moderieren, Ausgleichen, vorher schon Verhandeln eigentlich immer noch unser Modus bleibt. [00:34:42] Speaker A: Aber, verzeihen Sie den Unterbrech, aber das ist doch ... Gut, zunächst einmal. Wenn ich ihm zuhöre, denke ich mir, jawohl, die Menschen stehen auf, sagen Missstände. Jene, die diese Missstände eliminieren können, hören zu, setzen sich an Tische und sagen, ihr leidet jetzt noch 50 Prozent dieser Missstände, wir sorgen, dass 50 Prozent aufhören. Ganz guter Deed. Das heißt, wirft das jetzt einen Schatten auf die Idee des Widerstands? [00:35:22] Speaker B: Ja, das ist die Frage. Ich meine, es gibt Länder, wir wissen es, die wesentlich streikfreudiger sind. Man müsste sich wahrscheinlich anschauen, ob die letztlich mehr Forderungen durchsetzen können, ob die erfolgreicher sind. Aber ich glaube, es hängt bei uns halt viel auch drinnen, eine Art konfliktvermeidende Kultur, die wahrscheinlich jetzt nicht nur Arbeitskämpfe betrifft, sondern viele andere auch, auch durch die Kleine des Landes, auch durch die auch durch die große Hauptstadt, in der sozusagen alles kulminiert. Das ist glaube ich in der Schweiz schon ein bisschen anders, obwohl die glaube ich auch jetzt keine Streikweltmeister sind, aber dieses Robert Menasse hat es in den 90er Jahren einmal sehr schön und kritisch beschrieben, die sozialpaterschaftliche Ästhetik. Also wir sind schon sehr geprägt davon, das sogenannte Entweder und Oder. Also wir finden immer irgendeine Möglichkeit, dass alles irgendwie lösbar ist und im großen ganzen Sinn die allermeisten von uns eigentlich damit zufrieden. Da wünscht man sich wahrscheinlich vielleicht manchmal wirklich, dass es ein bisschen mehr Konfrontation gibt in vielen Lebensbereichen und dass man sich nicht fürchtet vor vor Debatten und nicht fürchtet vor Konflikten. [00:36:31] Speaker A: Das geht in viele Lebensbereiche. Die Zweiklassengesellschaft. Ich habe das nie kapiert, weil ich war ja mein Leben lang Künstler. Ich war ein ganz junger Mensch, habe ich mal so einen Reifenmonteurjob gehabt an der Tankstelle. Aber nicht das Arbeitsleben per se, das man kennt. Also daher war für mich das immer ein wenig exotisch, der Unterschied zwischen Arbeiter und Angestellten. Gibt es das noch? Worin bestand er? Besteht er? Wird das in der Zukunft aufgelöst, diese Demarkationslinie? [00:37:09] Speaker D: Ja, ich glaube, dass es bei vielen Berufen, die jetzt auch benachteiligt sind, sicher auch eher darum geht, dass man quasi dieses Fire-and-Hire-System, also dass man wirklich für kurze Zeiten angestellt ist oder zumindest Aufträge bekommt und sobald eine Nachfrage weg ist, auch dieser Auftrag weg ist. Also das prekäre Leben ist sicher das, was heutzutage die Leute eher verunsichert. Also ich denke, mittlerweile ist es vor allem der Unterschied zwischen, nicht vielleicht zwischen Arbeit und Angestellten, sondern vielleicht mehr zwischen Angestellten und Auftragsbasis oder so. Und auch als Auftragsarbeiter, arbeitende Person. [00:37:43] Speaker B: Hier ist ja der Unterschied weit genivelliert. Also die letzten Arbeitsrechte, soweit ich weiß, haben das ja mehr oder weniger alles ausgeglichen, weil es ja auch nicht verfassungskonform war, dass die einen mehr und die anderen weniger Urlaub bekommen haben usw. Da waren Rechtenfilter damit verbunden. Aber historisch, ich meine, Es ist ja kein Zufall, dass man die Angestellten oft lange als Beamte bezeichnet hat, also auch in den Patentunternehmen. Und wenn ich es mir anschaue, zum Beispiel in dem Fall Tabakfabrik Stein, die Arbeiterinnen waren wirklich in prekärsten Verhältnissen, mussten um Stücklohn oder wurden für Stücklohn bezahlt. [00:38:22] Speaker A: Sklavisch. [00:38:22] Speaker B: Fast sklavisch, während die Beamten, und das waren meistens wirklich männliche Beamten, sehr, sehr gut bezahlt worden sind, eine Pensionsregelung hatten, also in vielen sehr, sehr fortgeschritten war. Also hier war das extrem weit auseinander, dass die staatliche Tabakregie, das war sie ja auch im 19. Jahrhundert, sozusagen einerseits Vorbildfunktion hat, was ihre männlichen Beamten betrifft und zugleich aber als Unternehmen ihre Arbeiterinnen ziemlich ausgebeutet hat. Also da war es besonders extrem und da war natürlich Das Ethos des Beamten, er ist eben loyal gegenüber dem Unternehmer, der wird auch nicht in den Streik gehen, sondern er ist ein quasi fast weisungsgebundener, wie der Beamte am Hof, der in einem völlig anderen Verhältnis zu denen steht, während diejenigen, und diszipliniert sind, das sind eben die Arbeiterräne. Dafür haben sie sich auch einsetzen lassen. [00:39:15] Speaker A: Glauben Sie beide, dass es heute noch möglich wäre, wie 1933, dass ein Streik oder auch vielleicht sogar nur die Androhung oder die Androhung der Vergrößerung eines Streiks, wie damals zur Selbstauflösung des Parlaments geführt hat? Ich habe das nicht gewusst. Hat mich total beeindruckt. Hab gesagt, yeah, power to the people. Also, so weit kann es gehen. Heute auch noch? [00:39:41] Speaker B: Also ich glaube nicht. Dazu ist das System, Gott sei Dank das politische System, wesentlich stabiler als in der ersten Republik. Von daher nein. Und die Selbstauflösung war ja leider ein Schritt, die sogenannte Selbstauflösung, in die Diktatur. Also insofern war das ja kein Erfolg. Das ist ja das Gegenteil. Das war leider ein Kollateralschaden mit ganz, ganz schwerwiegenden politischen Folgen. [00:40:07] Speaker A: Lässt den Schluss zu, dass es dort auch schon längst geprodelt hat in Richtung Antisemitismus, Nationalsozialismus etc.? [00:40:17] Speaker B: Ja, geprodelt hat es in alle möglichen Richtungen. Stimmung ja enorm aufgeladen, vor allem zwischen den beiden großen politischen Lagern. Und dann noch dazu der Druck auch in Deutschland mit Jänner 1933, Hitler ist an der Macht. Also das hat hier wirklich einiges zum explodieren gebracht und leider muss ich sagen, die Regierenden haben damals geglaubt, sie müssen sozusagen auf dem Weg zur Diktatur, die glauben dort die Lösung zu finden. [00:40:50] Speaker A: Die österreichische Freiheitsfront, Moosbierbaum. Ich habe nichts gewusst, ich gebe es offen und ehrlich zu. Und das mache ich ihretwegen, dass sie sich nicht schämen. Deswegen sollten wir dort alle hingehen in diese Ausstellung Haus der Geschichte St. Pölten. Das war ein Widerstandsnetzwerk am Land in Österreich? Also weil 05 war das eine städtische Vereinigung? [00:41:21] Speaker D: Genau, also O5, man kennt ja die berühmte Inschrift am Stephansdom. Das Interessante An Moosbierbaum ist ja, dass es an sich schon ein ländlicher Bereich ist, das ist nördlich von Atzenbruck. Und dort ist im ersten Weltkrieg wieder, wir sind wieder bei der Munitionsproduktion, ist im ersten Weltkrieg eine Munitionsfirma entstanden, ein großes Werk. Warum genau dort? Dort war es flach, man konnte gut was hinbauen, die Donau war nahe, das heißt da hat es Transportträger gegeben und es war rundherum wenig los. Das heißt bei Explosionskatastrophen, bei Feuern kamen weniger, war die Idee, dass weniger Siedlungen zu Schaden kommen. Und dieses Werk wurde dann durch die Nationalsozialisten umgerüstet zur Flugzeugproduktion. Und dort entsteht dann ein Widerstandsnetzwerk, das nennt sich ab 1944 Österreichische Freiheitsfront. Aber das Interessante ist das, weil Widerstandsnetzwerke gab es ja mehrere, das Interessante an diesem Speziellen ist, dass es eigentlich als Arbeitskampf gestartet hat. Also in den 40er Jahren war es wirklich so, dass die Angestellten und Arbeiter einfach unzufrieden waren. Größere Belastung, längere Arbeitszeiten, mehr Stress, miese Bezahlung, reichsdeutsche Angestellte, die einem sagen, wie man arbeiten soll und was man arbeiten soll. Und erst dann Ungefähr 43 wird die Sache politisch und das spannende ist auch, dass dieser Twist zum politischen eigentlich durch Häftlinge mit kommunistischem Hintergrund aus Stein eingeleitet und die waren aber dann so klug zu sagen, gut wir versuchen möglichst viele Gruppen einzubinden. Das heißt, diese Häftlinge haben ein Netzwerk organisiert, aber haben auch Kriegsgefangene eingebunden, haben Menschen aus der Bevölkerung eingebunden und zu ihrem Glück, muss man sagen, auch teilweise Wachmannschaften. Das heißt, sie hatten ein Netzwerk in der Bewachungsmannschaft des Lagers, der Fabrik. [00:43:14] Speaker A: Klug. Erinnert mich ein wenig an Klimabündnis heute. Viele unterschiedliche Beteiligungen für ein Ist jetzt kein großer Widerstand, aber wenigstens eine Art von Bewusstseinsarbeit. [00:43:30] Speaker D: Ja, ich denke mir, dass immer dann, wenn mehrere Gesellschaftsschichten und mehrere Milieus beteiligt sind, ist die Chance auf einen guten Ausgang groß. Ich meine, ich denke jetzt an Heimburg zum Beispiel. Da gibt es sicher auch eine Parallele, 1984. Ja. [00:43:42] Speaker A: Wobei, retrospektiv, und ich habe Weihnachten 84, Heiligabend, in der AU verbracht. Es war furchtbar. Es war kalt und feucht und so, aber wir waren glücklich. Das heißt, Frage an Sie, und da sind Sie Historiker oder nicht, auch entweder kompetent oder nicht, ich stelle Sie trotzdem. Das Gefühlwiderstand ist ein gutes. Richtig. [00:44:12] Speaker B: Ja, ich war damals auch im Burg. Und das darf man ja auch nicht unterschätzen. [00:44:17] Speaker A: Ich glaube, Sie haben so eine rote Mütze immer aufgehabt, oder? Man kennt sich doch wie der Städtler untereinander. [00:44:27] Speaker B: Nein, aber es ist natürlich, und das stellen wir auch fest, auch bei den älteren Beispielen, es gibt auch einen, wie soll man sagen, gewicklichen Aspekt, ein Wohlgefühl, das Gefühl einer Gemeinschaft, Sinnhaftigkeit, aber auch das Gefühl, gemeinsam etwas zu unternehmen, sich einander kennenzulernen. Und das war in diesem Generalstreik in Neukirchen 1896, das sieht man auf dem Peterwald hinaus, eine Wiese dort in der Nähe, und hat dort auch ein Fest gefeiert. Und interessanterweise ist ja das Streiken in Zeitungen der 1850er, 60er Jahre oft auch mit Feiern bezeichnet worden. Also da gibt es schon auch etwas, was ein Wohlgefühl erzeugt und das Gefühl dieser Gemeinsamkeit, das auch stärkt. Auch genau natürlich auch gegenüber. Repressalien androht, kann das auch steigen. Natürlich in einer Gewalteskalation kann sich das dann wiederum verändern und was sich auch verändert ist dann, und Herr Burg zeigt das ja auch in seiner Nachgeschichte, viele von denen, die damals sich so einig waren, haben sich dann später völlig zerstritten. Ich denke an Bernd Lötzsch, der dann gegen das Museumsquartier polemisiert hat und dort saßen andere ehemalige Au-Besetzer. Also da haben sich dann die Videos aufgelesen, das kennen wir ja auch aus vielen Bewegungen, dass natürlich die Solidarität auch nicht immer durchhält. [00:45:56] Speaker A: Nein, weil sie immer eine pluralistische ist und hoffentlich bleibt. [00:46:00] Speaker B: Und sie kann sich vereinigen, sie kann sich sozusagen bündeln, sie kann diese wärmende Gefühl der Solidarität erzeugen und das kann dann auch wieder zerfallen. [00:46:11] Speaker A: Benedikt Vogel, gehen wir jetzt so weit, wenn wir sagen, lasst uns doch in guten Zeiten, in Zeiten, in denen jetzt nichts so eklatant schief läuft, dass wir auf die Straße müssen, wo immer da die verschwimmenden Grenzen zu liegen scheinen, ist es da nicht auch wichtig und richtig und gut, sich trotzdem zu diesem Gemeinschaftsgefühl zusammenzutun? Am Arbeitsplatz zum Beispiel. Oder ist das Bubble Gefahr? [00:46:42] Speaker D: Ich glaube es ist ganz wichtig, dass man, und das kommen wir wieder zum Anfang zurück, gerade auch als Museum, dass man auf Mechanismen aufmerksam macht. Also wichtig ist es quasi den Absprung nicht zu verpassen, wann man sich auflehnen sollte. Ich glaube das ist ganz entscheidend. sicher auch diese Fragmentierung des Arbeitsmarktes ist sicher auch die Gefahr, dass dieses Zusammenschließen schwieriger wird, dass jeder in seiner spezifischen Situation vielleicht dann auch wieder das Gefühl hat, einsam oder für sich zu sein. Also ich denke mir, es ist natürlich nicht gut, wenn man jetzt versucht sozusagen, das Anschluss wegen sich Gemeinsamkeiten zu suchen, aber dass man nicht übersieht, wann der Punkt da wäre, dass man wirklich aufstehen. [00:47:28] Speaker A: Muss, das denke ich schon. Zum Schluss, wir haben angefangen mit der Straßenbefragung, Sie können sich erinnern. Die war ziemlich bunt, nicht? Also manche haben gesagt, wie er, es hat ja keinen Zweck, die Oberigen gewinnen immer. Eine Dame hat gesagt, das ist gar nicht genug, wir müssten noch viel mehr auf die Straße. Dann gab es welche, die haben eine Art Verhältnismäßigkeit vorgeschützt. Ja, wenn es sich lohnt, dann sollte man schon. Ansonsten, ja, also die Vorsichtigen. Ist das ein Spiegelbild unserer jetzigen Gesellschaft, glauben Sie? Ich glaube schon. Ich glaube auch. Das heißt wir sind abrufbar, wenn der Hut wirklich brennt und eine Dame hat gesagt, wir sind doch sowieso schon so geschröpft und so arm, dass wir nichts mehr haben. Nichtsdestotrotz, sehr reiches Land, nicht? Strotzt vor Wohlstand. Kommen Sie sich da manchmal als Nostalgieverkünder vor, wenn ich das mal so ganz provokant sagen soll mit dieser Ausstellung? Ist das etwas Nostalgisches? [00:48:50] Speaker B: Eigentlich nicht. Also, wie wir die Ausstellung geplant haben, gab es noch keine letzte Generation, keine Klima-Glieder. Und wir hatten verschiedene Anlässe, diese Ausstellung vorher zu zeigen. Und ich finde es aber immer spannend, wenn man dann auf einmal in eine Debatte auch hineinkommt und man sieht, da tut sich etwas, was es vorher noch nicht gegeben hat. Und wie wir es ja auch mehrmals, glaube ich, schon gesagt haben, Protest braucht auch Kreativität, braucht auch neue Formen, um auf mich sich aufmerksam zu machen, wie du mal so schön gesagt hast, und der Klimageber in einer Sackgasse wird halt nichts nützen, deswegen klebt er sich halt auf der Ringstraße fest. Also das ist die Frage der Verhältnismäßigkeit und wenn das sozusagen alles vorher schon dosiert sein muss, dann ist wahrscheinlich der Protest auch kein Protest, sondern einfach, ich weiß nicht was, nur ein Symbol. Also von daher, ja, Ich glaube, die Ausstellung ist keine nostalgische Ausstellung, sondern ich glaube, dass man eher sieht, erstaunlich, was es eigentlich auch schon in Zeiten gegeben hat, wo es wirklich tatsächlich viel risikoreicher war zu streiken. Aber eben auch Leute, die sich was getraut haben, die wie Dienstbotinnen oder ausländische Saisonarbeiterinnen überhaupt nicht organisiert waren. Und der Zeichner Lenz Mosbacher, der ja für uns viele der Themen illustriert hat, weil wir ja nicht so allen Bilder haben, hat zwischendurch mal eine Zeichnung von einem Jammfahrer gemacht. Und es hätte wirklich auch gut zu diesen Dienstbotinnen gepasst. Wir haben das aus verschiedenen Gründen dann sozusagen das Thema umgelagert, aber Da merkt man schon, dass es gibt in diesen historischen Arbeitsverhältnissen, in diesen prekären Arbeitsverhältnissen immer wieder auch Parallelen, wo man sieht, hoppla, da ist vieles auch sehr zeitgenössisch. [00:50:37] Speaker A: Also ich werde Sie auf jeden Fall nochmal anschauen, die Ausstellung. Vielen herzlichen Dank für Ihre Arbeit, jahrelange Arbeit, wie ich jetzt gerade gehört habe. Und Ihnen kann ich auch wirklich nur raten, gehen Sie vor allem mit Ihren Kindern. Und schauen Sie, dass Sie möglichst rasch, vielleicht sogar bevor Sie in die Ausstellung gehen, in die Diskussion mit ihnen geraten. Die Klimakleberinnen sind ein wunderbares Beispiel, um einzusteigen heute. Und die Ausstellung lohnt sich, mich hat, und da haben wir leider nicht drüber sprechen können, das machen wir das nächste Mal, diese abgeschnittene Flinte hat mich so beeindruckt, eines Wilderes, die ja bei euch auch unter Widerstand fallen. Es durfte damals nur jemand wild jagen, der es auch besitzt, weil er den Grund besitzt. Während die Leute haben gehungert. Also die Wilderer waren dann, wenn ich eure Ausstellung richtig verstanden habe, eigentlich nicht nur... unbehelligt von der Bevölkerung, sondern unterstützt, weil sie Fressen gebracht haben. So einfach ist das, ja. Ich stelle fest, aus Widerständler kann was werden, wissenschaftliche Leiter, die solche tollen, oder auch, ich bin ja ganz, aus mir ist ja auch was geworden. Wann waren Sie auf, im Widerstand, im Streik, waren Sie jemals, Benedikt? [00:52:17] Speaker D: Nun, das Interessante ist ja, dass man schon öfter beobachtet hat, dass quasi die Post-68er tun sich sehr schwer. Meine Cousine hat mir das vor kurzem erzählt. Sie hat einen Sohn, der Monarchist ist und sonst eher rückwärtsgewandt ist. [00:52:35] Speaker A: Auch eine Art von Widerstand. [00:52:38] Speaker D: Weil sie sagt, gegen was soll man denn sie noch auflehnen. Also es ist natürlich eine Frage, wie man Widerstand auch definiert. Also Widerstand heißt ja nicht nur, ich kette mich irgendwo fest, sondern ich glaube, Widerstand kann schon auch sein, dass ich zum Beispiel kulturelle Projekte mache, zum Beispiel Leute zum Nachdenken anrege. Und ich denke mal, wenn ich das jetzt so über den Kamm scheren darf, dass unsere Arbeit hier auch in dem Museum widerständig ist insofern, als wir ja Zivilcourage auch thematisieren und auch den Einzelnen dazu bewegen wollen, dass er sich Gedanken macht. [00:53:10] Speaker A: Und in diesem Falle sei auch gesagt, danke an jene, die das bezahlen, danke an jene, die den Pluralismus, die Meinung an sich hochhalten und sagen, wir könnten uns zwar Ausstellungsthemen vorstellen, die nicht so wie das hier sind, aber trotzdem. Also die Vielfalt in der Kultur, muss man ja mal sagen, ist in Niederösterreich großartig. Und also alle, die dafür gestimmt haben, danke. Danke Ihnen, dass Sie da waren und weil Sie das Nachdenken gerade besprochen haben. Für Sie, liebe Leute da draußen, habe ich auch etwas zum Nachdenken. Etwas, an dem ich schon seit Jahrzehnten kiefel. Und das ist folgende Aussage. Eine Revolution rechtfertigt sich dadurch, dass sie gelingt. Viel Spaß beim Umkehrschluss. Danke, das war der MON-Talk. Wir sehen und hören uns wieder in 14 Tagen. Bleiben Sie aufrecht, denken Sie ein wenig darüber nach und vor allen Dingen kommunizieren Sie. Manchmal auch außerhalb der Bubble. Ciao, ciao. Die Arbeiterkammer NÖ hat eine neue App, die AK-Blitz-App, ab sofort zum Downloaden. Bleiben Sie am Laufenden, erhalten Sie alle relevanten Informationen und Sie wissen ja, noch nie war es so wertvoll zu wissen, wo man seine Informationen her hat. Die AK-Blitz-App, ab sofort zum Downloaden. Das war der MONTALK, Chefredaktion Susanne Karner, Redaktion Mario Gattinger und Carina Carras, Straßenumfragen Christoph Baumgarten, Faktenbox Bettina Schapsschneider, Technische Leitung Stefan Dangl, Administration Christina Winkler, am Mikrofon Alexander Göbel.

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